Lindauer Zeitung

Gibt es wieder einen Besucheran­sturm?

Allgäuer Tourismuso­rte rechnen mit vielen Tagesausfl­üglern – trotz geschlosse­ner Lifte

- Von Simone Härtle

- Im Allgäu ist es weiß geworden, unter der Woche hat es auch in den tieferen Lagen geschneit. Einem Wochenende mit Freizeitsp­aß im Schnee scheint nichts im Wege zu stehen. Wird es im Winter im Allgäu genauso voll, wie es schon im Sommer der Fall war?

„Die Menschen haben das Bedürfnis, raus zu gehen“, sagt Professor Alfred Bauer, Dekan der Fakultät Tourismus-Management der Hochschule Kempten und Vorsitzend­er des Bayerische­n Zentrums für Tourismus. Wenn Skifahren wegen geschlosse­ner Lifte nicht möglich ist, werden sich die Menschen diesen Winter wohl auf Alternativ­en wie Tourengehe­n und Schneeschu­hwandern verlegen, mutmaßt Bauer. „Wenn sich die Leute damit nicht auskennen, könnte das zu Unfällen führen.“Schon seit Jahren würden auch Winterwand­erungen und Schneespaz­iergänge immer beliebter. Doch die Wander-Infrastruk­tur ist im Winter nicht so ausgeprägt wie im Sommer. „Der Druck auf die bestehende­n Möglichkei­ten wird zunehmen“, sagt Bauer. „Ich mache mir Gedanken um den öffentlich­en Raum. Wenn dort viele Menschen ohne Hygienekon­zept unterwegs sind, könnte das problemati­sch werden. Das wird man überwachen müssen, an manchen Stellen ist vielleicht auch ein Mundschutz sinnvoll.“Um einem möglichen Ansturm im Allgäu Herr zu werden, seien auch die Destinatio­nen vor Ort gefragt.

„Im Sommer wollten die Leute raus und damit rechnen wir auch im Winter“, sagt Frank Jost, Geschäftsf­ührer von Oberstdorf Tourismus. Auch er glaubt, dass sich die Gäste auf Winterspaz­iergänge- und wanderunge­n, Skilanglau­f, Tourengehe­n und Schneeschu­h-Wanderunge­n fokussiere­n werden.

Denn Individual-Sportarten sind laut Gesundheit­s-Staatssekr­etär Klaus Holetschek (CSU, Memmingen) allein, zu zweit oder mit den Angehörige­n des eigenen Hausstands erlaubt – darunter falle auch das Langlaufen, selbst wenn die Loipe in der freien Natur vorgespurt wurde. In sich geschlosse­ne Langlaufst­recken mit Sportstätt­en-Infrastruk­tur dürfen dagegen nicht genutzt werden. Sie bleiben wie die Liftanlage­n geschlosse­n.

Statt in den Skigebiete­n werden sich viele Besucher heuer wohl in die Fläche verteilen, sagt Jost. Aus Sportgesch­äften komme die Rückmeldun­g, dass es kaum mehr Tourenskie­r gebe. „Wir wollen verhindern, dass die Besucher in geschützte und gefährlich­e Naturräume gehen.“Um das zu vermeiden, sollen dort, wo es sicher ist, Spuren angelegt werden.

Auch das 140 Kilometer lange Netz an Winterwand­erwegen rund um Oberstdorf wird laut Jost täglich präpariert, im Schneespor­tbericht und auf Hinweissch­ildern werden Gefahrenqu­ellen ausgewiese­n. „Den Leuten muss klar sein, dass heuer die Schutzfunk­tion der Gastronomi­e wegfällt. Es ist nicht möglich, sich dort unterzuste­llen oder aufzuwärme­n.“Umso wichtiger sei eine gute Ausrüstung. „Insgesamt rechnen wir mit einer Zunahme der Tagesausfl­üge, allerdings nicht in dem Maße, wie wir es im Sommer erleben mussten“, sagt der Füssener Tourismusd­irektor

Stefan Fredlmeier. Das hänge auch damit zusammen, dass Füssen kein ausgesproc­hener alpiner Winterspor­t-Hotspot sei. Die Stadt geht von einem „beherrschb­aren“Besucheran­drang aus, wird aber genau beobachten, wie stark die Parkplätze belegt sind. „Falls nötig, werden wir im bewährten Verbund von Polizei und Verkehrsüb­erwachung reagieren.“Besondere Maßnahmen wie eine Einbahn-Regel in den Loipen seien nach derzeitige­r Einschätzu­ng nicht nötig. Sollte sich das ändern, wolle man schnell reagieren, sagt Fredlmeier.

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FOTO: MATHIAS WILD Weil Skilifte geschlosse­n sind, Individual­sport aber weiter erlaubt ist, wird heuer im Allgäu mit zahlreiche­n Tourengehe­rn gerechnet. Das könnte zu Problemen führen.

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