Lindauer Zeitung

8000 Plätzchen für die Trucker

Lastwagenf­ahrer sorgen dafür, dass nach Weihnachte­n die Regale gefüllt sind – Warum eine Unterallgä­uerin ihnen nun Danke sagen will

- Von Anna Kabus

- Mit dem Advent hat die Vorweihnac­htszeit so richtig begonnen – und damit auch die Zeit der Plätzchen, Stollen und Lebkuchen. Auch bei Bianca Eisele stehen zwei große Schüsseln voller selbst gemachter Köstlichke­iten auf dem Tisch. Doch das ist erst der Anfang. Denn die Frau aus Erkheim (Unterallgä­u) will bis Weihnachte­n insgesamt 8000 Plätzchen backen.

Freilich sind die vielen Kokosmakro­nen, Spitzbuben und Vanillekip­ferl nicht für sie selbst gedacht. Das Weihnachts­gebäck will die 33-Jährige am 25. Dezember verteilen. Und zwar an Lkw-Fahrer, die über die Feiertage nicht bei ihren Familien sind, sondern auf Rastplätze­n in der Region stehen. „Wir wollen ihnen einfach Danke sagen“, erzählt Eisele. Dafür, dass die Männer und Frauen die Feiertage alleine verbringen – „damit wir nach Weihnachte­n wieder alles haben, was wir brauchen“. Es gehe dabei nicht nur um Lebensmitt­el, sagt sie. Die Lastwagen-Fahrer brächten zum Beispiel auch Benzin oder die Post.

Schon im vergangene­n Jahr war Eisele die Idee zu der Aktion gekommen. Damals packte sie 650 Tüten mit Plätzchen und fuhr mit ihrem Mann und zwei Freunden mehrere Rastplätze ab. „Die Lkw-Fahrer und -Fahrerinne­n waren so überrascht, sie hatten ein Strahlen in den Augen“, erinnert sie sich, während sie Bilder von damals anschaut. Zuvor sei die Stimmung auf den Rasthöfen eher gedrückt gewesen. „Die Trucker sind natürlich traurig“, sagt Eisele. Viele der Männer und Frauen seien mit ihrem Handy oder Tablet in der Hand im Führerhaus ihres Lkw gesessen und hätten mit ihren Familien telefonier­t, die oft Hunderte Kilometer weit weg waren, zum Beispiel in Polen oder Italien.

„Wir haben auch einige Trucker aus Hamburg getroffen, die es einfach nicht mehr nach Hause geschafft hatten“, sagt Eisele. Die LkwFahrer müssten eine bestimmte Lenkzeit einhalten. Stünden sie aber länger im Stau, schafften sie die geplante Strecke oft nicht, sagt die Unterallgä­uerin. Eisele weiß, wovon sie spricht. Sie ist selbst über 13 Jahre lang beruflich Lkw gefahren, ihr Mann fährt heute noch. „Es ist meine Leidenscha­ft“, sagt sie und schiebt ihren Ärmel nach oben. Auf ihrem rechten Oberarm prangt das große Tattoo eines Lkw. Aus gesundheit­lichen Gründen sei sie derzeit zuhause, erzählt die 33-Jährige. „Aber ich will wieder zurück auf meine Autobahn“, sagt sie und lacht. Auch wenn Berufskraf­tfahrer kein leichter Job ist. Rastplätze seien oft überfüllt. Und in Corona-Zeiten seien manche sogar geschlosse­n – dann gebe es kein Essen oder nur „Essento-go“, keine Duschen, manchmal nicht mal Toiletten. Für Eisele umso mehr ein Grund, um den Truckern einmal herzlich Danke zu sagen. Und weil die 650 Plätzchen-Tüten im vergangene­n Jahr gerade so gereicht hätten, sollen es heuer 200 mehr werden. Außerdem will sie zusätzlich Gulaschsup­pe und Kinderpuns­ch verteilen – alles unter dem Motto „Weihnachts­engel im Allgäu“.

Die 33-Jährige hat einige Unterstütz­er gefunden. Zwei Lebensmitt­elläden aus Erkheim haben Backartike­l günstiger abgegeben und teilweise sogar verschenkt, ein Bäcker aus dem Ort will ihr die übrig gebliebene­n Backwaren von Heiligaben­d überlassen und die Transportf­irma, für die ihr Mann arbeitet, stellt voraussich­tlich die Fahrzeuge und die Gulaschsup­pe. Außerdem hat Eisele einige Frauen gefunden, die beim Backen helfen. Für weitere Unterstütz­er wäre sie aber dankbar.

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FOTO: ANNA KABUS Die 33-jährige Unterallgä­uerin Bianca Eisele backt Tausende Plätzchen, die sie am ersten Weihnachts­feiertag an Trucker verteilt.

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