Lindauer Zeitung

Letztes Formel-1-Rennen bei RTL

Kai Ebel, Moderator in schrillen Outfits, könnte sich einen Wechsel zu Sky vorstellen

- Von Michael Rossmann

(dpa) - Scheiden tut weh. Nach drei Jahrzehnte­n steigt RTL aus Kostengrün­den aus der Formel 1 aus. Eine Fernsehepo­che endet an diesem Sonntag.

Kai Ebel wird den Fahrern am Sonntag nicht mit bunten Klamotten und Mikrofon in der Boxengasse auflauern. Der für seinen extravagan­ten Mode-Geschmack bekannte TVJournali­st wird stattdesse­n wegen der Corona-Pandemie im RTL-Studio in Köln sitzen. So schmerzt der erzwungene Abschied, das Ende einer ganz besonderen TV-Ära, doppelt. „Ich fahre ins Studio, schaue das Rennen zusammen mit den Kollegen und hoffe auf eine schöne Abschlussq­uote“, sagt Ebel.

Nach 30 Jahren ist Schluss, die Übertragun­g des Rennens in Abu Dhabi ist die letzte für den Privatsend­er. Das ist bitter für RTL und seine Motorsport-Mitarbeite­r. Und das ist bitter für die meisten Formel-1-Fans, die künftig zahlen müssen.

Das Markenzeic­hen für die RTLÜbertra­gungen war Kai Ebel, der nur zu Beginn seiner Karriere einen dunklen Anzug trug. „Eine bis dahin bei Sportübert­ragungen unbekannte Emotionali­sierung und Eventisier­ung“nennt der Sender selbst sein Konzept. Für das stand der rasende Reporter, seit 1993 im Boxengasse­nEinsatz, mit seinem oft schrillen Outfit wie kein Zweiter. Deutlich zurückhalt­ender agierten Moderator Florian König oder die Kommentato­ren Heiko Waßer und Christian Danner.

Die Anfänge der damaligen „Randsporta­rt“, wie RTL es ausdrückt, waren bescheiden. Im ersten Jahr der verlässlic­hen Quotenmess­ung brachten es die 16 Renn-Übertragun­gen 1992 auf durchschni­ttlich 1,76 Millionen Zuschauer und einen Marktantei­l von 20,6. Doch dann kam Michael Schumacher, der Held, ohne den kein erfolgreic­hes TV-Format auskommt.

Mit „Schumi“und seinen sieben WM-Titeln kam auch RTL bei den Quoten immer häufiger auf Platz eins. Den heute unglaublic­hen Höchstwert gab es 2001. Bei jedem der 17 Rennen schauten im Schnitt 10,44 Millionen Menschen zu und sorgten für einen Marktantei­l von 55,4 Prozent. Auf einen Durchschni­tt von ungefähr 4 Millionen Zuschauern wird sich der Durchschni­ttswert 2020 nach dem letzten RTL-Rennen am Sonntag einpendeln.

Dennoch darf RTL mit Recht für sich „eine einzigarti­ge Erfolgsges­chichte“reklamiere­n. 533 RennÜbertr­agungen haben die Statistike­r des Hauses gezählt und 3,14 Milliarden Zuschauer in 30 Jahren addiert.

Die Werbeunter­brechungen und der bunte Boxengasse­n-Reporter mögen nicht jedem Motorsport­Liebhaber uneingesch­ränkt gefallen haben, doch die Zuschauer waren insofern verwöhnt, als dass sie die Trainingse­inheiten und Rennen drei Jahrzehnte ohne zusätzlich­e Kosten verfolgen durften. Das ist ab dem kommenden Jahr vorbei. Fast alle Formel-1-Rennen werden ab der kommenden Saison nur gegen zusätzlich­e Bezahlung zu sehen sein. Der Pay-TV-Sender Sky muss nur vier Rennen frei zugänglich machen.

Sky hatte RTL nach einigen vergeblich­en Anläufen beim Rechtepoke­r im Frühjahr überboten. „Wenn Konkurrent­en im Spiel sind, die bereit sind, das Doppelte zu bieten, muss man sich mit einem Ausstiegss­zenario zwangsläuf­ig auseinande­rsetzen“, sagte – ohne Zahlen zu nennen – der zum Jahresende bei RTL ausscheide­nde Sportchef Manfred Loppe.

Kai Ebel könnte sich eventuell einen Wechsel zu Sky vorstellen. „Man sollte nie alles ausschließ­en“, betont er. Denn obwohl für RTL eine Ära endet, gilt für den 56-Jährigen: „Ich gehe ja nicht in Rente.“

 ?? FOTO: JENS BÜTTNER/DPA ?? Kai Ebel (rechts), hier mit dem Formel-1-Pilot Sebastian Vettel in Melbourne, war seit 1992 das Aushängesc­hild der Übertragun­gen bei RTL.
FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Kai Ebel (rechts), hier mit dem Formel-1-Pilot Sebastian Vettel in Melbourne, war seit 1992 das Aushängesc­hild der Übertragun­gen bei RTL.

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