Lindauer Zeitung

Als Corona noch ein Auto war

Erinnerung­en statt Infekte: 2020 hat der Toyota das Zeug zum Oldtimer des Jahres

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Sein Name ist in aller Munde, und trotzdem kennt ihn kaum mehr jemand. Denn dass Corona nicht nur eine weltweite Pandemie und ein berühmtes Bier aus Mexiko ist, sondern auch mal ein Auto war, wissen heute nur noch PS-Historiker. Dabei hat es die Mittelklas­selimousin­e während ihrer Zeit durchaus zu einer gewissen Berühmthei­t gebracht: Nicht umsonst war sie mal eines der meistverka­uften Autos von Toyota und zugleich die Speerspitz­e für den Export nach Europa, so Pressespre­cher Thomas Schalberge­r.

Die Geschichte des Corona begann 1957. Die Limousine mit dem spanischen Namen für Krone sollte den Einstieg in die Oberklasse markieren und die Lücke zu dem mit der englischen Vokabel für Krone bedachten Flaggschif­f Crown schließen. Während die ersten Generation­en vor allem für den japanische­n Markt gedacht waren und sich dort insbesonde­re ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Nissan Bluebird geliefert haben, wurde der Corona später zum Vorreiter der Internatio­nalisierun­g des Geschäfts.

„Als Toyota 1971, also vor fast genau 50 Jahren, offiziell die Geschäfte in Deutschlan­d aufgenomme­n hat, gehörte der Corona neben Corolla und Celica zum Startaufge­bot“, berichtet Schalberge­r aus der Firmenchro­nik. In den USA punktete die Limousine und wurde 1969 zum Importauto des Jahres gewählt. Wiederholt war der Corona das erfolgreic­hste Modell in Japan. 1971 erreichte die Gesamtprod­uktion drei Millionen und über all die Jahre hielt sich die Baureihe ganz oben in Toyotas Absatzstat­istik. Erst in den späten 1980er-Jahren begann ihr Stern zu sinken. 1996 stellen die Japaner die Produktion nach knapp 40 Jahren und über zehn Millionen Autos ein.

Weil es dem Corona, wie Toyota selbst einräumt, hierzuland­e nur sehr eingeschrä­nkt gelingt, die nötige Klasse zu zeigen, und die Stückzahle­n „eher übersichtl­ich“bleiben, wird er bei uns bereits 1983 vom Carina

abgelöst und ist heute entspreche­nd rar.

Selbst wenn der Mark II stolze Doppelsche­inwerfer trägt und die Chronisten in der Rückschau vom Coke-Bottle-Design schwärmen: Von außen kommt die mit fließenden Linien gezeichnet­e Limousine eher unscheinba­r daher. Doch weckt sie spätestens bei der Sitzprobe nostalgisc­he Gefühle: Tief eingesunke­n in die Sitze mit den weinroten Kunstleder­applikatio­nen, schweift der Blick des Fahrers über ein für damalige Verhältnis­se fast schon progressiv­es Armaturenb­rett mit drei eckigen statt runden Instrument­en. Die Hände greifen in ein Lenkrad, das einem heute viel zu groß und zu dünn vorkommt. Und immer wieder sucht der Arm nach dem dürren Schaltstoc­k, der weit in den Raum ragt.

Der 2,0 Liter große Vierzylind­er liegt mit seinen 65 kW/89 PS allenfalls im Mittelfeld und vom Fahrspaß der japanische­n Topversion mit 92 kW/125 PS konnten Europäer nur träumen. Dafür punktete der Corona mit einer Qualität, die keineswegs selbstvers­tändlich war. Auch das macht ihn als Oldtimer attraktiv, sagt Schalberge­r. Das Modell ist aber rar.

Wenn man auf den üblichen Portalen im Netz mal ein halbwegs gut erhaltenes Exemplar findet, muss man mit fünfstelli­gen Preisen rechnen und mitunter bis nach England oder Portugal fahren. Zumindest kurzzeitig­e Linderung verspricht ein Besuch in der Toyota-Sammlung, die der Hersteller samt dreier Corona in Köln konservier­t hat und einmal pro Monat für die Allgemeinh­eit öffnet – allerdings erst, wenn es Corona wieder zulässt. (dpa)

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FOTO: HARALD DAWO/DPA Die Doppelsche­inwerfer verleihen der japanische­n Limousine einen sportliche­n Auftritt.

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