Ausgangssperre gilt auch an Weihnachten
Bayern setzt Lockdown-Beschlüsse um – Es soll keine nächtlichen Christmetten geben
- Heiligabend und die Weihnachtsfeiertage werden in diesem Jahr in Bayern wirklich still. Nach den Beschlüssen des bayerischen Ministerrats wird auch für die Feiertage, Silvester und Neujahr im ganzen Freistaat eine Ausgangssperre zwischen 21 und fünf Uhr gelten. Auch an diesen Tagen darf sich nur dann jemand auf den Straßen aufhalten, wenn er dafür „gewichtige und nicht abweisbare Gründe“hat, sagte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) nach einer Sondersitzung des Kabinetts am Montag in München. In diesem Jahr sollte man „das stille Fest als das sehen, was es ist“, riet Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der verschärfte Lockdown gilt zunächst bis einschließlich 10. Januar 2021.
Die Ausgangssperre tritt am Mittwoch auch für jene Landkreise und kreisfreien Städte in Kraft, die bisher die Schwelle von 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche noch nicht erreicht haben, und gilt auch für Weihnachten und den Jahreswechsel. Dazu passend wird der Verkauf von Silvesterfeuerwerk untersagt. Die schon stark belasteten Krankenhäuser sollten nicht noch durch die an diesem Tag anfallenden Verletzungen durch Feuerwerk beansprucht werden, erklärte Söder. Wer sich auf irgendeinem Wege doch Böller beschaffen kann, wird daran keinen wirklichen Spaß haben. Auf von den Kommunen festzulegenden publikumsträchtigen Plätzen wird das Abbrennen von Raketen und Böllern verboten. Auch kleinste Versammlungen sind nicht erlaubt.
Grundsätzlich gilt weiterhin, dass sich nur höchstens zwei Hausstände mit bis zu fünf Personen treffen oder besuchen dürfen, wobei Kinder unter 14 Jahren nicht mitgerechnet werden. Lockerungen gibt es nur für die Weihnachtsfeiertage. Vom 24. bis 26. Dezember 2020 können sich Personen aus dem engsten Familienkreis noch mit höchstens vier über den eigenen Hausstand hinausgehenden Personen (Kinder im Alter bis 14 Jahren werden auch hier nicht mitgerechnet) treffen, und zwar gleichgültig aus wie vielen Hausständen diese vier Personen kommen. Zum engsten Familienkreis gehören außer den Angehörigen des eigenen Hausstands auch Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder
und deren jeweilige Haushaltsangehörige.
Für die Zeit vor dem Fest wird eine Schutzwoche empfohlen: Kontakte in den fünf bis sieben Tagen vor Familientreffen sollten auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Gottesdienste sind an Weihnachten zwar möglich, aber auch nur in sehr stiller Form, nämlich ohne Gesang. Wenn Besucherzahlen erwartet werden, die zu einer Auslastung der Kapazitäten führen können, besteht eine Anmeldungspflicht.
Gegenseitige Besuche müssen stets rechtzeitig beendet werden, denn um neun Uhr müssen alle weg von der Straße sein. Übernachtungen bei Verwandten und Freunden sind jedoch ausdrücklich gestattet, sagte Staatskanzleichef Herrmann. Ausnahmen soll es auch nicht für Gottesdienstbesuche geben. Diese sollen so gelegt werden, dass alle bis 21 Uhr zu Hause sein können, rechtfertigte Herrmann die strikte Geltung der Sperrstunde: „Wenn es für alle gilt, ist es gerecht.“Die Debatten um Ausnahmen und Schlupflöcher müssten beendet werden, sagte Söder. Das Virus sei „außer Kontrolle“, die Entwicklung „exponentiell“. In Deutschland sterbe alle drei Minuten ein Mensch an der Pandemie, in Bayern alle 18 Minuten. Die Lage sei „viel dramatischer als im Frühjahr“.
Geöffnet bleibt der Lebensmittelhandel einschließlich Direktvermarktung sowie Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen, Filialen des Brief- und Versandhandels, Reinigungen und Waschsalons. Auch der Verkauf von Presseartikeln, Tierbedarf und Futtermitteln und der Verkauf von Weihnachtsbäumen sind weiterhin möglich. Wochenmärkte sind nur zum Verkauf von Lebensmitteln zulässig. Schließen müssen Friseure, Kosmetik- und Massagestudios.
Anders als im Lockdown im Frühjahr werden in den Supermärkten die Non-Food-Bereiche nicht abgesperrt, kündigte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) an. Allerdings dürften diese Sortimente nicht erweitert werden. Der Wirtschaftsminister hatte bis zuletzt dafür gekämpft, den Einzelhandel in dem wichtigen Weihnachtsgeschäft länger geöffnet zu lassen, musste dann aber vor den steigenden Infektionszahlen kapitulieren: „Der Druck ist größer geworden.“Erneut versprach Aiwanger für die Zwangsschließungen eine „Überbrückungshilfe 3“mit Abschlagszahlungen bis zu 5000 Euro für Soloselbstständige und bis zu 50 000 Euro für die größeren Betriebe.
Schulen und Kindertagesstätten sind ebenfalls ab Mittwoch dicht. Anders als im Frühjahr wird es aber eine Notbetreuung nicht nur für bestimmte Berufsgruppen und Alleinerziehende geben, sondern für alle, die unbedingt eine Betreuung für ihr Kind benötigen, sagte Sozialministerin Carolina Trautner (CSU). „Wenn es irgendwie möglich ist, lassen Sie Ihr Kind zu Hause“, appellierte sie an die Eltern.
Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sieht sich erneut vor die Notwendigkeit gestellt, den Schulbetrieb ab Mittwoch rasch auf kompletten Distanzunterricht umzustellen. Für Schüler der Klassen 1 bis 6 werde es eine Notbetreuung bis zum 22. Dezember, dem regulären Ferienbeginn, geben. Auch davon können nicht nur Eltern Gebrauch machen, die systemrelevante Tätigkeiten ausüben. Piazolo versprach „hohe Flexibilität, Fairness bei den Prüfungen und gegenseitige Rücksichtnahme“.
„Beim Ausblick gab es in der Sondersitzung die schon bekannte Aufgabenteilung zwischen dem skeptischen Ministerpräsidenten und seinem optimistischen Wirtschaftsminister. „Wir streben an, die Betriebe im Januar wieder in die Normalität zu überführen“, sagte Aiwanger. Ob der 10. Januar das Enddatum sei, könne keiner versprechen, sagte Söder. Mehr noch: „Ich glaube nicht, dass am 10. Januar alles vorbei ist.“Die nächste Konferenz der Ministerpräsidenten ist für den 5. Januar angesetzt.