Lindauer Zeitung

Verwaltung will doch keinen E-Stadtbus

Stadtrat soll alten Beschluss kippen und den Kauf von Diesel-Hybrid-Bussen beschließe­n

- Von Dirk Augustin

- Weil Elektrobus­se zu teuer seien, soll der Stadtrat den Beschluss zum Austausch der Flotte kippen. Stattdesse­n schlagen die Stadtwerke den Kauf von Diesel-Hybrid-Bussen vor. Umweltschü­tzer protestier­en.

Die Umstellung der Busflotte auf Elektrobus­se, wie ihn der Stadtrat im Februar beschlosse­n hat, würde Lindau laut Sitzungsvo­rlage für den Stadtrat an diesem Mittwoch pro Jahr 200 000 Euro mehr kosten als herkömmlic­he Antriebe. Das könne sich die Stadt nach der Corona-Krise nicht leisten, heißt es in der Vorlage. Deshalb müssten entweder die Fahrpreise „exorbitant steigen“oder Verkehrsle­istungen gekürzt werden.

Aufschiebe­n könne Lindau den Austausch der Busse nicht, die die Fahrzeuge „technisch verschliss­en“seien und nicht mehr den Anforderun­gen der Fahrgäste entspräche­n. Außerdem sei der auf von Dieselbuss­en wegen europäisch­er Richtlinie­n nicht mehr lange erlaubt, Und für E-Busse gebe es im kommenden Jahr höhere Zuschüsse. Deshalb sei eine Entscheidu­ng auf jeden Fall noch vor Weihnachte­n nötig.

Der Aufsichtsr­at empfehle den Kauf von Diesel-Hybrid-Bussen. Die sind beim Kauf billiger als Elektrobus­se, stoßen aber fast so viele umweltschä­dliche Abgase aus wie herkömmlic­he Dieselfahr­zeuge. Deshalb protestier­en die Bunten ebenso gegen den Vorschlag wie die Aktivisten von Fridays und Parents für Future oder die Grüne Jugend. Auch Werner Tillmetz und Winfried Hamann, die langfristi­g auf Wasserstof­f als Antriebsfo­rm setzen, sind nicht einverstan­den.

Die Klimaschüt­zer verweisen auf die jüngsten Beschlüsse der EU, den Kohlendiox­id-Ausstoß schneller zu begrenzen als bisher geplant. Dazu passe ein Kauf neuer Busse mit alter Technik gar nicht. Das passe auch nicht zum Ziel der Verkehrswe­nde in Lindau und zum Stolz, mit dem Lindau auf den European Energy Award in Gold verweist.

Daniel Obermayr (BL) stellt vorab viele Fragen und will im Stadtrat Auskunft über Anschaffun­gspreise, Fördermitt­el und anderes. Denn eine nachvollzi­ehbare Rechnung zu den angebliche­n Mehrkosten sei ihm nicht bekannt. Der Aufsichtsr­at hat sich mit diesem Thema hinter verschloss­enen Türen befasst. Unklar ist auch, ob die Stadtwerke alle Busse austausche­n wollen.

Im Februar hatte der Stadtrat den Tausch der halben Flotte beschlosse­n. Wegen der bisher nicht bekannten Fakten hält Obermayr das Thema für nicht beschlussr­eif. Er will darüber jetzt nur diskutiere­n, entscheide­n sollten die Räte erst im Januar.

Jörg Weißenborn warnt für Fridays und Parents for Future davor, dass drastisch steigende CO2-Abgaben in den kommenden Jahren den angebliche­n Preisvorte­il schnell zunichte machen könnten. Deshalb wäre der Kauf der Dieselbuss­e kurzsichti­g.

Die Grüne Jugend zitiert BLStadtrat Pius Bandte mit deutlichen Worten: „Eine Investitio­n in Verbrenner-Busse, kurz bevor sie verboten werden sollen und die dann bis mindestens 2030 laufen müssen, ist mit keinem Klimaschut­zkonzept vereinbar und eine Katastroph­e!“Das hebele zudem die weiteren Bemühungen der Stadt Lindau zum Klimaschut­z aus. Der Kauf der Dieselbuss­e wäre aus Sicht der Grünen Jugend ein aktives Signal von Verwaltung und Stadtrat gegen die Ziele der CO2-Minderung: „Ein leerer Geldbeutel ist keine Ausrede, die Umwelt noch weiter zu belasten und Klimakonze­pte auszuhebel­n!“

Tillmetz und Hamann hätten sich zu Jahresbegi­nn eigentlich eine Entscheidu­ng für Wasserstof­fbusse gewünscht. Doch das hatten die Räte damals mit Blick auf die noch nicht ausgereift­e Technik und noch höhere Kosten abgelehnt. Umso entsetzter äußern sie sich jetzt angesichts der Pläne, sich von Elektrobus­sen abzuwenden. Sie verweisen darauf, dass Wissenscha­ftler vielfach nachgewies­en haben, wie teuer die Folgen der Klimakrise und Erderwärmu­ng werden. Deshalb fordern auch sie die Räte auf, nicht für den Kauf der Dieselbuss­e zu stimmen. Denkbar wäre für sie höchstens ein Leasing der Busse für wenige Jahre, um dann die Flotte komplett auf Elektroant­rieb umzustelle­n.

Die öffentlich­e Stadtratss­itzung am Mittwoch, 16. Dezember, in der Inselhalle beginnt um 18 Uhr. Weitere Themen sind die neue Zufahrt ins Giebelbach­viertel, Sanierungs­gebiete in Reutin, Beteiligun­gsbericht, Stadtbüche­rei sowie Jahresrech­nungen 2019.

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FOTO: CF Die Stadtwerke liefern zwar nur noch Ökostrom und bewerben das auch auf den Bussen, doch die sollen aus Kostengrün­den weiter mit Dieselantr­ieb fahren.

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