Führungschaos bei der Bodenseebank
Aufsichtsrat tritt fast komplett zurück – Neuwahlen finden nicht als geheime Wahl statt
- Ein Machtkampf in der Führung der Bayerische Bodenseebank endet im Führungschaos. Ein Vorstand verlässt die Bank, vier von fünf Aufsichtsräten treten zurück. Und die Neuwahl findet nicht geheim statt.
Gut ein halbes Jahr nach der gescheiterten Fusion mit der Volksbank Lindenberg steht die Bayerische Bodenseebank vor einem Scherbenhaufen. Vier von fünf Aufsichtsräten haben sich mit Vorstand Joachim Hettler derart zerstritten, dass sie hinwerfen. Auch Vorstand Werner Seissler, der erst im Oktober sein Amt in Lindau angetreten ist, gibt zum Jahresende schon wieder auf. Hinter den Kulissen war es offenbar zum Machtkampf gekommen, den Hettler und Aufsichtsrat Jörg Bauer gewonnen haben.
Die Mitglieder der Genossenschaftsbank haben ein auf 9. Dezember datiertes Schreiben erhalten, in dem Hettler und Seissler darüber informieren, dass Aufsichtsratsvorsitzender Michael Neuser am 25. November mit sofortiger Wirkung zurückgetreten ist. Die Aufsichtsräte Stefan Hanser, Rainer Krauß und Christian Ergenschäfter haben ihren Rücktritt angekündigt. Sie bleiben nur im Amt, bis eine schnellstmöglich einzuberufene Generalversammlung Nachfolger gewählt hat. Hanser hat für die Zeit interimsmäßig den Vorsitz übernommen.
Auf Anfrage der LZ macht Neuser kein Hehl daraus, dass er das Amt aus Ärger über den Vorstand niedergelegt hat. Weiter äußert er sich dazu nicht: „Ich darf und möchte dazu nichts sagen.“Ebenso verhalten sich die anderen Aufsichtsräte. Deutlich wird in den kurzen Gesprächen lediglich, dass es offenbar kein Vertrauen mehr gibt zwischen Aufsichtsräten und Bankvorstand Joachim Hettler.
Hettler selbst will mit der LZ nicht über das Thema sprechen, lässt er über Pressesprecher Dieter Schacherer mitteilen. In einer kurzen schriftlichen Mitteilung dankt er dem Aufsichtsrat für seine Arbeit. „Nach dem Scheitern des Fusionsprojekte gab es unterschiedliche Meinungen zu Inhalt und Geschwindigkeit, wie das Projekt fortgesetzt werden sollte. Die Gründe für den Rücktritt haben die Beteiligten ausführlich diskutiert. Diese haben besprochen, dass dies in diesem Kreis bleiben soll; es wurde auch vereinbart dies nicht öffentlich zu kommentieren.“
Hintergrund ist die gescheiterte Fusion der 5000 Mitglieder starken Bayerischen Bodenseebank mit der
Volksbank Lindenberg. Während die Lindenberger einstimmig für den Zusammenschluss gestimmt hatten, sprachen sich in Lindau 192 dagegen und nur 174 dafür aus. Zuvor hatten die Mitglieder bereits überraschend den Wangener Unternehmer Jörg Bauer zum Aufsichtsrat gewählt, der sich ausdrücklich gegen die Fusion wandte. Bauer behält jetzt seinen Sitz im Aufsichtsrat und wird damit zum starken Mann der Bank.
Klar ist, dass die Bodenseebank einen Aufsichtsrat braucht, der laut Satzung aus mindestens drei Mitgliedern bestehen und von der Generalversammlung gewählt werden muss. Eine Versammlung in der Inselhalle wie im Mai ist wegen der Corona-Bestimmungen derzeit aber ausgeschlossen. „Eine virtuelle Generalversammlung lässt sich in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht darstellen und wäre zudem mit erheblichen Mehrkosten verbunden“, heißt es in dem Schreiben an die Mitglieder.
Deshalb nutzt die Bodenseebank das Corona-Gesetz des Bundes, der wegen der Pandemie ausdrücklich solche Wahlen in schriftlicher Form erlaubt. Damit entgeht der Vorstand zudem der Pflicht, sich bei einer Veranstaltung den Mitgliedern gegenüber rechtfertigen zu müssen.
Hettler und Seissler schlagen zudem
ANZEIGEN vor, die Zahl der Aufsichtsräte auf sechs zu erhöhen. Für die freien Plätze stellen sich Mathias Sinz, Karsten Krannich, Florian Schäfer, Steffen Smuda und Martin Zentgraf vor. Alle Mitglieder haben Wahlzettel erhalten sowie Kurzvorstellungen der Kandidaten.
Gewertet werden alle Wahlzettel, die bis zum kommenden Montag, 21. Dezember, 12 Uhr schriftlich bei der Bodenseebank eingehen. Wahl per EMail oder per Fax ist rechtlich nicht zulässig. Für Verunsicherung und Unmut unter Bankmitgliedern sorgt der Hinweis, dass es sich nicht um eine geheime Wahl handelt. Denn gültig seien Stimmen nur, wenn jeder auf dem Wahlzettel unterschreibt. Hettler und Seissler begründen das damit, dass nur so sichergestellt sei, dass die Mitglieder auch tatsächlich selbst abstimmen.
Dass die Wahlbriefe unter Aufsicht des umstrittenen Aufsichtsratsmitglied Jörg Bauer geöffnet werden, der damit genau registrieren könne, welches Mitglied wie abstimmt, kritisieren die Noch-Aufsichtsräte Rainer Krauß und Stefan Hanser im Gespräch mit der LZ. Als erfahrene Kommunalpolitiker wissen der Bürgermeister aus Nonnenhorn und Gemeinderat aus Wasserburg, dass man eine Briefwahl fälschungssicher auch anders organisieren kann: Die Unterschrift einer eidesstattlichen Erklärung mitsamt einem verschlossenen zweiten Umschlag, der in eine Wahlurne kommt, sodass später bei der Auszählung Anonymität sichergestellt ist.
Doch der Vorstand habe versichert, sagen Krauß und Hanser, dass das gewählte Vorgehen den Gesetzen entspreche und rechtmäßig sei. Da es solch einen Wahlgang in der Geschichte der Genossenschaftsbanken noch nie gab, bleibt abzuwarten, ob alle Mitglieder damit einverstanden sind oder ob hinterher jemand auf dem Gerichtsweg das Verfahren klären lässt.
Die Bodenseebank ist damit erneut in den Schlagzeilen. Und dies, nachdem die Bank im Ranking zwar verbessert dasteht, aber immer noch nicht die Stufe A erreicht hat, wie Hettler bei der Generalversammlung im Mai einräumen musste. Die Bankenaufsicht hatte in den vergangenen Jahren verschiedene Kritikpunkte und verbot heuer wegen der CoronaPandemie sogar eine Gewinnausschüttung an die Mitglieder. Die müssten sich aber keine Sorgen machen um die Zukunft der Bodenseebank, sagt Hanser auf Nachfrage der LZ: „Die Bank ist nicht in finanziellen Schwierigkeiten.“