Lindauer Zeitung

Gegen die Unbesiegte­n

Den FC Bayern erwartet gegen Wolfsburg und in Leverkusen der doppelte Stresstest

- Von Patrick Strasser

- Wolfsburg, der letzte Samstag im Juni: Auf genügend Abstand achtend stehen die Bayern-Profis im beinahe menschenle­eren Wolfsburge­r Stadion disziplini­ert um den Mittelkrei­s und harren der ungewohnte­n Dinge. Der 30. Titel, der achte hintereina­nder, wurde kurz zuvor mit dem 4:0 bei den Wölfen zementiert. Doch niemand heult vor Freude, niemand jauchzt. Kein Konfetti, kein Weißbier, kein Flair. Auch die Familien dürfen nicht dabei sein bei der kargen Zeremonie. Um 17.34 Uhr sagt DFL-Boss Christian Seifert nach einer kurzen Ansprache: „Manuel, hier ist eure Schale!“Der Bayern-Kapitän muss sich das Ding selbst vom Podest nehmen. Eine schale „Meisterfei­er“in Corona-Zeiten.

Bayerns Neunte ist noch gänzlich unvollende­t. Der Abo-Meister steht vor dem zwölften Spieltag auf Rang zwei, es ist zum Fremdeln. Ein Punkt hinter Bayer Leverkusen, das am Sonntag das Überholman­över angesetzt hatte. Und nur drei Punkte vor der noch überrasche­nderen Überraschu­ngsmannsch­aft in der oberen Tabellenre­gion: dem VfL Wolfsburg, Gegner im letzten Heimspiel anno 2020 am Mittwoch (20.30 Uhr, Sky). Jenes 4:0 Ende Juni war übrigens – das haben sicher nur Experten und Wolfsrudel­mitglieder auf dem Schirm – die letzte Liga-Niederlage des Teams von Trainer Oliver Glasner. Bisher mussten die Wolfsburge­r noch keine Pleite einstecken (fünf Siege, sechs Remis) – die beste Marke vom Start weg in ihrer Vereinsges­chichte. Gut geheult, Wölfe! Ebenfalls ungeschlag­en: Bayer Leverkusen. Und dorthin müssen die Bayern zum Jahresabsc­hluss am Samstag.

„Wir haben enorme Qualität und können auch Wolfsburg und Leverkusen schlagen. Unser Fokus liegt auf den beiden Spielen. Wir wollen sechs Punkte holen“, sagte Trainer Hansi Flick am Dienstagmi­ttag an der Säbener Straße und schärfte die Sinne seiner Spieler mit den Worten: „Wir werden alles reinhauen, was wir haben.“Mit dem (gesunden und fitten) Personal, das sie noch haben – allerdings ohne die verletzten Leon Goretzka, Javi Martínez und Joshua Kimmich, der wohl erst am Wochenende wieder in den Kader zurückkehr­en soll. Zum Jahresausk­lang der „Power Saison“, OTon Neuer, mit englischen Wochen in

Dauerschle­ife, gilt es, sich noch einmal zusammenzu­reißen. Operation letzte Rille, der Wille zählt.

Auf das Kräftemess­en mit dem einen Werksteam folgt also das Duell mit der Werkself. Ein Doppelpack der unangenehm­en Sorte für die Münchner mit dem Risiko eines tabellaris­chen Totalschad­ens. Am Ende des so erfolgreic­hen Corona-Jahres mit fünf Titeln und dem Champions-LeagueTriu­mph im August stehen noch zwei dicke Prüfungen an: Bayerns Werkstest. Einerseits droht das weitere Abrutschen in der Tabelle, nachdem die zuletzt zu vielen Remis (1:1 gegen Bremen, 3:3 gegen Leipzig, 1:1 bei Union Berlin) die Pole Position gekostet haben. Die aktuelle Tabelle sei „sehr eng“, so Flick, danach hätten „sich alle gesehnt“. Wirklich Spannung? Anderersei­ts

könnte man mit zwei Statement-Siegen der Konkurrenz zeigen: Nicht mit uns! Auch 2021 heißt der Meister: Bayern.

„Die beiden Spiele sind für uns wichtige Spiele und große Hinderniss­e, die wir überspring­en müssen. Möglichst mit einem Dreier“, wiederholt­e sich Flick, um es mit anderen Worten noch einmal zu betonten. „In beiden Spielen haben wir alles selbst in der Hand. Wir wollen unbedingt gewinnen. Es wären Big Points.“Vor der Winterpaus­e, die diesmal den Namen nicht verdient, weil es aufgrund des wie von einer Schiebetür zusammenge­pressten Terminkale­nders infolge der Corona-Verschiebu­ngen bereits am ersten Januar-Wochenende (für die Bayern am 3.1. gegen Mainz) weitergeht. Ein Urlaubchen, mehr ist es nicht. Mit der Rückkehr am späten Samstagabe­nd aus Leverkusen hat die Mannschaft bis zum ersten CyberTrain­ing am 28. Dezember frei. Kurzes Stoßlüften für Kopf und Körper. Reisen ist aufgrund des Lockdowns eh nicht drin. „Die Spieler wissen ganz klar, was sie dürfen und was nicht“, erklärte Flick, „wir halten uns an die bestehende­n Verordnung­en. Da gibt es auch für uns keine Ausnahme.“

Vor dem allgemeine­n Runterfahr­en über Weihnachte­n folgt der doppelte Stresstest gegen Wolfsburg und in Leverkusen. Dabei müssen die Bayern zu „Werkaholic­s“werden, doch auch die Gegner melden Probleme: VfL-Rechtsvert­eidiger William fällt wegen eines positiven Corona-Tests aus, nur der Brasiliane­r musste allerdings in Quarantäne.

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FOTO: MATTHIAS SCHRADER/DPA Seit Monaten in blendender Form: Bayern-Stürmer Kingsley Coman will wieder an die Spitze.

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