Drohnenfrage entzweit SPD
Verteidigungspolitischer Sprecher Felgentreu tritt zurück
(dpa) - Auf bewaffneten Begleitschutz am Himmel müssen deutsche Soldaten im Auslandseinsatz vorerst warten – wenn er überhaupt je kommt. Die SPD-Spitze will das Thema „Bewaffnete Drohnen“, anders als mehrere Fachpolitiker innerhalb der Partei, nach umfangreicher Debatte aus der Entscheidungsphase nehmen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat sich damit Bedenken von Parteichef Norbert Walter-Borjans angeschlossen, während im SPD-geführten Bundesfinanzministerium schon die Vorlage für die Finanzierung liegt.
Die Argumente bringen nicht nur Offiziere, die Verantwortung für Einsätze der Bundeswehr tragen, zur Verzweiflung. Zehn Jahre dauert die Diskussion, gehört wurden Techniker, Ethiker und Völkerrechtler. Indem die SPD nun doch weiteren Diskussionsbedarf anmelde, drücke sie sich vor einer Entscheidung, kritisieren FDP und Grüne. Gewichtiger noch: Aus der SPD wird nun auch der Verlauf des blutigen Konflikts um Bergkarabach als einer der Gründe für eine Neubewertung genannt. SPD-Fraktionsvize Gabriela Heinrich erklärte am Mittwoch: „Es hat sich gezeigt, dass es noch sehr, sehr viele Fragen gibt, die wir klären müssen. Klären, bevor wir uns unumkehrbar für die Bewaffnung aussprechen können.“Der Schutz der Soldaten sei sehr wichtig, als „Friedenspartei“sehe man aber die Dimension der Drohne als Angriffswaffe „insbesondere jetzt auch nach dem Drohnenkrieg in Bergkarabach“.
In dem blutigen Konflikt war es Aserbaidschan in den vergangenen Wochen gelungen, mit einer intensiven Drohnenkriegsführung Siege zu erringen. Erstmals – so haben es deutsche Militärexperten beobachtet – wurden ganze Frontverläufe mit Drohnenangriffen verändert. Nur: Was bedeutet dies für eng umgrenzte Einsatzregeln der Bundeswehr, die auch Kampfflugzeuge und Panzer ganz beschränkt einsetzt? Befürworter einer Bewaffnung argumentieren mit dem Schutz von Soldaten. Kritiker führen vor allem an, dass die Hemmschwelle für die Anwendung militärischer Gewalt sinken könne, weil Drohnen ferngesteuert werden und bei ihrem Einsatz keine eigenen Soldaten gefährdet werden.
Fritz Felgentreu, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, hat sein Sprecheramt niedergelegt. Mehr als über Twitter will er zur Haltung der Fraktion nicht sagen. Aber: „Entweder ich stehe gegenüber der Öffentlichkeit und der Bundeswehr dazu, obwohl eigentlich alle wissen, dass ich anderer Auffassung bin – nicht sehr glaubwürdig“, schrieb er. Auch die für Drohnen zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion, Siemtje Möller, wirkt angefasst und betont auf Twitter, sich für die Bewaffnung ausgesprochen zu haben. Sie respektiere die Entscheidung Felgentreus und danke für „Standhaftigkeit und klares Eintreten für die Bundeswehr“. Immerhin hatte sich auch die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) für die Bewaffnung ausgesprochen. Ihr Vorgänger Hans-Peter Bartels (SPD) spricht am Mittwoch gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland von einer sicherheitspolitischen Linkswende seiner Partei.
Treibender Motor des neuen Kurses ist Mützenich, der in Diplomarbeit und Promotion kernwaffenfreie Zonen und die Zusammenhänge in der internationalen Politik beleuchtet hat. Er hatte für einen Kurswechsel bei der „Nuklearen Teilhabe“plädiert.