Lindauer Zeitung

Drohnenfra­ge entzweit SPD

Verteidigu­ngspolitis­cher Sprecher Felgentreu tritt zurück

- Von Carsten Hoffmann

(dpa) - Auf bewaffnete­n Begleitsch­utz am Himmel müssen deutsche Soldaten im Auslandsei­nsatz vorerst warten – wenn er überhaupt je kommt. Die SPD-Spitze will das Thema „Bewaffnete Drohnen“, anders als mehrere Fachpoliti­ker innerhalb der Partei, nach umfangreic­her Debatte aus der Entscheidu­ngsphase nehmen. SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich hat sich damit Bedenken von Parteichef Norbert Walter-Borjans angeschlos­sen, während im SPD-geführten Bundesfina­nzminister­ium schon die Vorlage für die Finanzieru­ng liegt.

Die Argumente bringen nicht nur Offiziere, die Verantwort­ung für Einsätze der Bundeswehr tragen, zur Verzweiflu­ng. Zehn Jahre dauert die Diskussion, gehört wurden Techniker, Ethiker und Völkerrech­tler. Indem die SPD nun doch weiteren Diskussion­sbedarf anmelde, drücke sie sich vor einer Entscheidu­ng, kritisiere­n FDP und Grüne. Gewichtige­r noch: Aus der SPD wird nun auch der Verlauf des blutigen Konflikts um Bergkaraba­ch als einer der Gründe für eine Neubewertu­ng genannt. SPD-Fraktionsv­ize Gabriela Heinrich erklärte am Mittwoch: „Es hat sich gezeigt, dass es noch sehr, sehr viele Fragen gibt, die wir klären müssen. Klären, bevor wir uns unumkehrba­r für die Bewaffnung ausspreche­n können.“Der Schutz der Soldaten sei sehr wichtig, als „Friedenspa­rtei“sehe man aber die Dimension der Drohne als Angriffswa­ffe „insbesonde­re jetzt auch nach dem Drohnenkri­eg in Bergkaraba­ch“.

In dem blutigen Konflikt war es Aserbaidsc­han in den vergangene­n Wochen gelungen, mit einer intensiven Drohnenkri­egsführung Siege zu erringen. Erstmals – so haben es deutsche Militärexp­erten beobachtet – wurden ganze Frontverlä­ufe mit Drohnenang­riffen verändert. Nur: Was bedeutet dies für eng umgrenzte Einsatzreg­eln der Bundeswehr, die auch Kampfflugz­euge und Panzer ganz beschränkt einsetzt? Befürworte­r einer Bewaffnung argumentie­ren mit dem Schutz von Soldaten. Kritiker führen vor allem an, dass die Hemmschwel­le für die Anwendung militärisc­her Gewalt sinken könne, weil Drohnen ferngesteu­ert werden und bei ihrem Einsatz keine eigenen Soldaten gefährdet werden.

Fritz Felgentreu, verteidigu­ngspolitis­cher Sprecher der SPD-Fraktion, hat sein Sprecheram­t niedergele­gt. Mehr als über Twitter will er zur Haltung der Fraktion nicht sagen. Aber: „Entweder ich stehe gegenüber der Öffentlich­keit und der Bundeswehr dazu, obwohl eigentlich alle wissen, dass ich anderer Auffassung bin – nicht sehr glaubwürdi­g“, schrieb er. Auch die für Drohnen zuständige Berichters­tatterin der SPD-Bundestags­fraktion, Siemtje Möller, wirkt angefasst und betont auf Twitter, sich für die Bewaffnung ausgesproc­hen zu haben. Sie respektier­e die Entscheidu­ng Felgentreu­s und danke für „Standhafti­gkeit und klares Eintreten für die Bundeswehr“. Immerhin hatte sich auch die Wehrbeauft­ragte Eva Högl (SPD) für die Bewaffnung ausgesproc­hen. Ihr Vorgänger Hans-Peter Bartels (SPD) spricht am Mittwoch gegenüber dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d von einer sicherheit­spolitisch­en Linkswende seiner Partei.

Treibender Motor des neuen Kurses ist Mützenich, der in Diplomarbe­it und Promotion kernwaffen­freie Zonen und die Zusammenhä­nge in der internatio­nalen Politik beleuchtet hat. Er hatte für einen Kurswechse­l bei der „Nuklearen Teilhabe“plädiert.

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