Zum WM-Winter-Auftakt eine Wundertüte
Katharina Althaus und ihre Skisprung-Kolleginnen reisen gut vorbereitet nach Ramsau
Sie haben sich eingerichtet, die deutschen Skispringerinnen, in diesen so eigenen Zeiten. Etwas mehr als neun Monate liegt ihr letzter Kräftevergleich auf Schnee und Weltcup-Level zurück: 10. März, Lillehammer, Siegerin: Maren Lundby aus Gjøvik. Dann kam die Pandemie, kam ein kurzer (notgedrungen meist Heimat-) Urlaub, kamen Kraftraum und Schanzentraining. Ende Juli schon war Oberstdorfs Anlage am Schattenberg mit ihrem neuen Mattenbelag sprungfertig; kurze Wege, fast ständige Verfügbarkeit und das durchdachtschlüssige Hygienekonzept des Deutschen Skiverbandes erlaubten dort (und in Garmisch-Partenkirchen) eine Saisonvorbereitung, die Bundestrainer Andreas Bauer als „gut“erlebt hat. Zwar, sagte der 56-Jährige am Dienstag, sei gerade natürlich „alles ein bisschen anders“– doch: „Der Sport macht nach wie vor viel Spaß.“
Es darf vermutet werden, dass das Gute-Laune-Level zur Stunde weiter steigt, denn in Ramsau am Dachstein beginnt an Donnerstag (Qualifikation 17 Uhr) und Freitag (erster Wertungsdurchgang 15.40 Uhr/ARD) der Weltcup-Winter 2020/21. Spontan ist man in der Steiermark eingesprungen, als Corona den Wettkampfkalender mächtig zu zerfleddern drohte; das slowenische Ljubno in fünf Wochen bleibt somit Station Nummer 2. Eine erste Standortbestimmung noch vor Weihnachten empfindet nicht allein Juliane Seyfarth als „soooo cool“. Die 30-Jährige vom WSC Ruhla hat sich heuer auf die Feinarbeit am Absprung konzentriert, gewann da an Stabilität – „dass die Sprünge einer wie der andere dann kommen“–, weiß, „dass das für mich ein ganz, ganz wichtiger Schritt war“. Was der wert ist ...
... kann auch Katharina Althaus nicht sagen. Gerade vierundzwanzigeinhalb Jahre jung, ist die Oberstdorferin nach Weltcup-Starts (138) die erfahrenste, nach Medaillen die erfolgreichste der sechs deutschen Österreich-Fahrerinnen. Ramsau wird da ein bisschen Wundertüte, man hat die Konkurrenz kaum gesehen, geschweige denn studieren können. Und doch ist Katharina Althaus zuversichtlich. „Ich bin noch mal ein Stückchen vorwärtsgekommen. Konstanter geworden ist es, jetzt wirklich auf ’nem ganz hohen Niveau.“Da ist die These nicht zu couragiert, „dass das auch international nicht ganz verkehrt sein kann“. Luft nach oben aber gibt es immer. Andreas Bauer könnte sich „das Absprung-Timing“der Olympiazweiten „noch ein Quäntchen besser“vorstellen, „sie hat von der Tendenz eher noch späte Absprünge dabei“. Auch bei „V-Öffnung und Planstellen der Skier“sei man noch nicht ganz da, wo man hinwolle.
Hinwill idealerweise bis zum 23. Februar, an dem die Heim-WM in Oberstdorf mit dem Training von der Normalschanze beginnen soll. Einem Tag, den sich auch Carina Vogt und Ramona Straub vorgemerkt haben dürften, Team-Weltmeisterinnen von 2019 beide, rekonvaleszent beide. Carina Vogt – Kreuzbandriss, Rückkehr ins Training, Außenband am Sprunggelenk gerissen, Rückkehr ins Training, Zyste im Knie geplatzt, Rückkehr ins Training – hat gerade die ersten vier Sprünge auf Schnee nach 21 Monaten absolviert, nun gilt es, das Knie an die Belastung zu adaptieren. Auch Ramona Straub hatte immer wieder Flüssigkeit im Knie, ihr Einstieg ins Sprungtraining soll noch vor Weihnachten erfolgen.
Weil zudem Svenja Würth ins Kombiniererinnen-Lager gewechselt ist, hat Andreas Bauer für Ramsau noch Anna Rupprecht (auch sie nach langer Verletzungspause), Luisa Görlich, Selina Freitag und Agnes Reisch vom WSV Isny aufgeboten. Durchweg „gefestigt“hätten sich diese vier bei Lehrgängen, nationaler Meisterschaft und interner Sichtung präsentiert; Weltcup-Punkte seien für sie sehr wohl möglich. Sie könnten sich einrichten, die deutschen Skispringerinnen. In dieser so eigenen Saison.