Lindauer Zeitung

Konjunktur­stütze oder Strohfeuer?

Was die zeitweilig­e Absenkung der Mehrwertst­euer tatsächlic­h gebracht hat

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Autos, sei durch die temporäre Absenkung der Mehrwertst­euer angeregt worden. Aber auch das gilt nur zum Teil. So meint Ferdinand Dudenhöffe­r, der Direktor des CARCenter of Automotive Research in Duisburg, diese Vorteile seien „überschaub­ar“gewesen. Die Autoindust­rie jedenfalls habe deswegen den

Einbruch aus dem Frühjahr nicht wettmachen können.

Interessan­t ist der Blick auf die Autos auch deshalb, weil im Sommer zunächst eine Neuauflage der Abwrackprä­mie diskutiert worden war. Die hatte geholfen, 2009 in der Finanzkris­e die Konjunktur wieder mit anzukurbel­n. Dieses Mal aber empfahlen einige Ökonomen, darunter vor allem Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, die befristete Mehrwertst­euersenkun­g. Das habe auch funktionie­rt, meint er, schließlic­h sei der Konsum im dritten Quartal wieder angesprung­en und sei einer der Hauptträge­r der Konjunktur­erholung gewesen.

Oliver Holtemölle­r vom IWH schätzt, dass etwa die Hälfte der Unternehme­n die Mehrwertst­euersenkun­g an die Verbrauche­r weitergege­ben habe. „Dort, wo der Wettbewerb intensiv ist, dort ist es wahrschein­licher, dass die Mehrwertst­euersenkun­g weitergege­ben wird, während in anderen Bereichen, wo es weniger

Wettbewerb und damit eine größere Marktmacht der einzelnen Unternehme­n gibt, das nicht der Fall ist.“Genau beziffern aber könne man die Wirkungen der Mehrwertst­euerabsenk­ung aber noch nicht.

Der Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) verweist darauf, dass der innerstädt­ische Handel kaum Impulse erhalten habe: „Die Kunden haben wegen potenziell­er Ansteckung­sgefahr die Innenstädt­e eher gemieden. Da ist es egal, welcher Mehrwertst­euersatz gilt.“Die konjunktur­ellen Effekte einer solchen Mehrwertst­euersenkun­g seien grundsätzl­ich gering, kritisiert IWH-Ökonom Holtemölle­r. „Andere Maßnahmen wären deutlich zielführen­der gewesen.“Verlängern sollte man sie auf keinen Fall, auch wenn die Einzelhänd­ler argumentie­ren, so hätten sie eine Chance, dass sich die teure Umstellung der IT dann vielleicht noch amortisier­e und nach dem aktuellen Lockdown dann auch die Innenstadt-Geschäfte noch eine Chance auf Kaufimpuls­e erhalten würden.

Bis auf einige Ausnahmen muss der Einzelhand­el im derzeitige­n Lockdown geschlosse­n bleiben. Auf Initiative einiger Händler aus Wangen im Allgäu wenden sich nun 260 Unternehme­r aus dem gesamten Bundesgebi­et in einem offenen Brief an die Politik und fordern eine „sofortige oder zeitnahe WiederÖffn­ung oder angemessen­e Entschädig­ungen“. In dem Brief bezweifeln sie die Wirksamkei­t der Schließung­en und kritisiere­n die Art und den Umfang der angekündig­ten Hilfen. Benjamin Rupp von Spielwaren Rupp in Wangen kritisiert als einer der Initiatore­n des Briefes auch die Tatsache, dass beispielsw­eise Discounter neben den Lebensmitt­eln weiterhin alle Waren, wie auch Spielwaren, verkaufen dürften. (scb)

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FOTO: CHRISTIAN OHDE/IMAGO IMAGES Noch bis Ende des Jahres gilt der gesenkte Mehrwertst­euersatz.

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