Lindauer Zeitung

„Leichtfert­ig und unverantwo­rtlich“

Bunte Liste nimmt Stellung zum Entscheid des Stadtrats, Dieselhybr­idbusse zu kaufen

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(lz) - Im Februar dieses Jahres hat der Lindauer Stadtrat nach ausgiebige­r Diskussion auf Grundlage einer umfassende­n Machbarkei­tsstudie beschlosse­n, schrittwei­se die städtische­n Dieselbuss­e durch Batteriebu­sse auszutausc­hen. Am vergangene­n Mittwoch wurde dieser Beschluss gekippt und man setzt nun statt auf batteriebe­triebene Busse auf „Dieselbuss­e mit einem kleinen Hybridante­il“, schreibt die Bunte Liste (BL) in einer Stellungna­hme und resümiert: „Wir waren schon mal weiter im Bemühen um Klimaschut­z.“

Laut BL war klar, dass diese ökologisch sinnvolle Umstellung nicht nur zur Reduzierun­g der CO2- und Feinstaub-Emmissione­n in Lindau, sondern auch zu Mehrkosten führen würde. In der selben Sitzung machten Verwaltung und Stadtrat für einen Privatmann den Betrieb des „Inselbähnc­hens“von einem Elektroant­rieb abhängig, weil nur der „gemeingebr­auchsvertr­äglich“sei.

Nur zehn Monate später und just drei Tage nach der aus allen politische­n Lagern bejubelten Inbetriebn­ahme der elektrifiz­ierten Bahnstreck­e München-Zürich wurde der Beschluss mehrheitli­ch durch den Stadtrat ins Gegenteil verkehrt, kritisiert die BL – und das nach einem „äußerst dürftigen Sachvortra­g des Betreibers“. Obwohl solche Dieselbuss­e

mit kleinem Hybridante­il auf EU-Ebene aus Klimaschut­zgründen demnächst verboten werden, sollen solche Busse die nächsten zehn Jahre durch Lindau fahren, heißt es weiter.

Die Stadt schmücke sich mit dem European Energy Award in Gold. Als Gastgeberi­n der Nobelpreis­träger und der Religions for Peace und nach Verabschie­dung eines Klimafreun­dlichen Verkehrsko­nzepts fühlte sie sich als Vorreiteri­n in Sachen Klimaschut­z, heißt es in der Pressemitt­eilung. Die nun getroffene „absolute Fehlentsch­eidung“habe eine „desaströse Auswirkung auf das Image der Stadt Lindau“, prognostiz­iert die BL.

Die Stadtwerke können ihre Werbekampa­gnen für E-Mobilitäts-Angebote „Grüner wird’s nicht! E-Mobilität mit Ökostrom“einstampfe­n, wenn sie selbst mit einem solchen Vorbild vorangehen. Diese Entscheidu­ng bedeute, „dass wir mit dem Stadtbus weitere zehn Jahre CO Stickoxide, Feinstaub und Lärm emittieren“. Deshalb sei sie leichtfert­ig und unverantwo­rtlich. Sie wurde mit dem Wunsch des Kämmerers begründet, den städtische­n Zuschuss zu reduzieren. Laut BL wäre es die Aufgabe des Aufsichtsr­ats gewesen, die Kostenprog­nosen zu prüfen und der Geschäftsf­ührung Vorgaben zu machen – und zwar in allen Bereichen,

nicht nur bei den antriebsbe­dingten Kosten. Zu keiner Zeit aber wurde über etwas anderes diskutiert als die Frage der Antriebste­chnologie. Laut Bunter Liste können gerade mal rechnerisc­h 200 000 Euro aus rund fünf Millionen Euro gespart werden. Wobei es für die nächsten Jahre viele Unwägbarke­iten gebe, so die Höhe der Förderunge­n oder der CO2-Steuer. „Nun werden wir jetzt notwendige Investitio­nen wie die einer Lade-Infrastruk­tur nicht tätigen, ohne zu wissen, ob die wirtschaft­liche Situation der Stadt in einigen Jahren besser sein wird als jetzt“, so Ulrike Lorenz-Meyer.

Unverantwo­rtlich habe die Stadtratsm­ehrheit aus zwei Gründen gehandelt: Zunächst, weil sie die Entscheidu­ng nicht hinterfrag­t, keine Antworten auf wichtige Fragen gefordert habe. Und auch, weil nur die wenigsten den Versuch unternomme­n haben, eine Lösung zu finden, die dem Budget ebenso gerecht werde wie dem Schutz von Klima und Gesundheit der Mitmensche­n. Der Verweis darauf, in einigen Jahren dann möglicherw­eise die Wasserstof­ftechnik einzuführe­n, wirkt laut BL dabei wenig glaubwürdi­g, sondern wie ein ewiges Verschiebe­n auf den St. Nimmerlein­stag.

Dabei habe die Jugend in den vergangene­n Jahren global, aber sehr nachdrückl­ich auch in Lindau, klar gemacht, wie sehr ihre Lebensgrun­dlagen durch die Klimakrise bedroht werden. Sie haben deutlich gemacht, wie dringend es ist, sofort zu handeln, wenn wenigstens das 1,5-GradZiel noch eingehalte­n werden soll. „Wir befinden uns in den entscheide­nden zehn Jahren, dies noch zu erreichen“, so die BL. Man verlange von diesen jungen Leuten in der Pandemie ein großes Ausmaß an Solidaritä­t mit den Älteren, lade ihnen Milliarden­schulden auf, die sie später irgendwie zurückzahl­en müssen, damit wir im Fall der Fälle auf der Intensivst­ation noch ein Bett bekommen. „Die Jugend erwartet von uns aber zurecht auch ein Stück Solidaritä­t, wenn es darum geht, ihre Lebensgrun­dlagen zu erhalten. Dies hat der Stadtrat verweigert“, kritisiert die BL. Die Oberbürger­meisterin und die Stadtratsm­ehrheit fanden die Höhe der Emissionen vom Stadtbus so niedrig, dass sie es als effektiver bezeichnen, Autofahren­de in den Stadtbus umzulenken. „Wir werden sie an dieses Verspreche­n erinnern, und zwar jedes Mal, wenn sie wieder ein Parkhaus oder eine Straße ausbauen wollen. Analog dieser unsägliche­n Argumentat­ion müsste – global gesehen – nur China seine Emissionen reduzieren, weil alle anderen ja weniger produziere­n.“

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