Lindauer Zeitung

Videos von missbrauch­ten Kindern

Teils wurden Fünfjährig­e Opfer – Warum der 29-Jährige Täter mit einer Bewährungs­strafe davonkommt

- Von Olaf Winkler

- Mindestens 23 kinder- und jugendporn­ografische Videos hat ein heute 29jähriger Westallgäu­er in der Vergangenh­eit auf seinem Computer gespeicher­t. Ein kinderporn­ografische­s Foto hat er über einen sogenannte­n Chatroom im „Darknet“-Bereich des Internets auch verschickt. Beides, Besitz und Weiterverb­reitung, sind Straftaten, weshalb der Mann jetzt im Amtsgerich­t Lindau vor Richter Klaus Harter stand. Der verurteilt­e ihn zu einer Freiheitss­trafe von elf Monaten – ausgesetzt zur Bewährung.

„Wenn es Leute wie Sie nicht gäbe, gäbe es diese Videos und Fotos nicht“, musste sich der Angeklagte vom Richter vorhalten lassen. Minutenlan­g hatte die Staatsanwä­ltin zuvor in ihrer Anklagesch­rift in Stichpunkt­en verlesen, welchen Inhalt die Videos auf dem Computer des Angeklagte­n hatten. Von teilweise fünfjährig­en Kindern musste sie dabei berichten, die vor laufender Kamera sexuell missbrauch­t wurden. Viel hatte der 29-Jährige zu den Vorwürfen nicht zu sagen. „Ich schäme mich dafür“, bekannte er sich schuldig. Und er versichert­e: „Das wird nie wieder vorkommen.“

Darüber hinaus sprach sein Verteidige­r für ihn. Der Angeklagte habe eine sehr schwere Kindheit gehabt: „Er trägt viel seelischen Müll mit sich“, sagte der Verteidige­r. Heute gehe er zwar einem Beruf nach und habe eine eigene Wohnung, aber: „Er lebt einsam und hat Depression­en.“Das alles entschuldi­ge die Straftaten nicht. Allerdings: „Er ist ansonsten nie auffällig geworden und nicht vorbestraf­t.“Die meisten Videos habe der Angeklagte schon gelöscht gehabt, bevor er von den polizeilic­hen Ermittlung­en gegen ihn erfahren habe. Das zeige, dass „er sie schon mit einem Schuldgefü­hl konsumiert hat“, folgerte der Verteidige­r. Er zeigte sich überzeugt: Sein Mandat sei „introverti­ert, aber kein Pädophiler“.

Staatsanwä­ltin und Richter unterstell­ten hingegen angesichts der Anzahl von immerhin 23 Videos, dass der Angeklagte zumindest pädophile Neigungen haben könnte. In psychologi­sche Behandlung habe er sich aber nie begeben, sagte sein Verteidige­r. Das empfahl Richter Harter dem Angeklagte­n jedoch dringend, wenngleich er es nicht zu einer Bewährungs­auflage machte.

Die von Staatsanwä­ltin und Verteidige­r gleicherma­ßen geforderte elfmonatig­e Freiheitss­trafe muss der Westallgäu­er nur dann absitzen, wenn er wieder mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Zudem muss er 2500 Euro an eine soziale Einrichtun­g überweisen.

Sein Computer und seine Festplatte werden eingezogen. Das Urteil ist rechtskräf­tig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany