Lindauer Zeitung

Jeder über 80 bekommt eine Einladung zum Impfen

Die LZ erklärt alles, was Sie über die Corona-Impfung wissen müssen

- Von Dirk Augustin

- Mit dem Impfen soll die Corona-Pandemie enden. Auch im Landkreis Lindau haben die ersten Menschen die Impfung bereits bekommen. Doch wie geht es weiter? Die LZ beantworte­t alle dringliche­n Fragen.

Wer war die erste Bürgerin aus dem Landkreis Lindau, die eine Corona-Impfung erhalten hat?

Während alle umliegende­n Landkreise den Namen des ersten Geimpften mitgeteilt haben und entspreche­nde Fotos übersandt oder Fotografen eingeladen hatten, blieb das Landratsam­t Lindau bei seiner Geheimhalt­ung. Unter Verweis auf den Datenschut­z war nur von einem Seniorenhe­im im Westallgäu die Rede. Tatsache ist, dass die 89-jährige Fini Wolf aus dem Scheidegge­r Seniorenze­ntrum St. Vinzenz am Sonntag um 14 Uhr zuerst drankam. „Irgendjema­nd muss ja die Erste sein“, sagte sie trocken.

„Ich bin froh, dass es endlich losgeht“, sagte Heimleiter Stefan Spieler und sprach von einem „Meilenstei­n“auf dem Weg zurück zu mehr Normalität. Laut Stefan Spieler haben sich „fast alle“der aktuell 49 Bewohner impfen lassen, und etwa zwei Drittel der 40 Beschäftig­ten. Auf ähnliche Beteiligun­g hoffen die Verantwort­lichen in den anderen Seniorenhe­imen. Im St. Vinzenzhau­s ging es laut Landrat Elmar Stegmann los, weil das Heim als erstes alle erforderli­chen Unterlagen eingereich­t habe. In etwa drei Wochen werden Bewohner und Mitarbeite­r noch einmal geimpft. Dann dauere es noch sieben Tage, bis sie einen Vollschutz vor dem Virus haben, erklärt Heimarzt Wolfgang Heckmann.

Warum bekommen zuerst Bewohner der Seniorenhe­ime eine Impfung?

Alte Menschen sind bei einer CoronaInfe­ktion in besonderer Weise mit dem Leben bedroht, weil die körpereige­ne Abwehr verringert ist und sie zumeist auch an anderen Erkrankung­en leiden. Bewohner der Seniorenhe­ime sind zudem meist auf Pflege angewiesen, die ein erhöhtes Risiko darstellt, da Abstandhal­ten kaum möglich ist. Deshalb breiten sich ansteckend­e Krankheite­n gerade in Seniorenhe­imen schneller aus als woanders. „Die hohen Infektions­zahlen der vergangene­n Wochen in Altenund Pflegeheim­en haben gezeigt, wie wichtig es ist, gerade diese Menschen zuerst mit Impfungen zu versorgen, die diesen Schutz am dringendst­en benötigen“, erklärt Landrat Stegmann. Wie gefährlich Corona für diese Menschen ist, beweist die Zahl von 21 Frauen und Männern, die in Heimen im Landkreis gelebt haben und die seit Anfang Dezember an Corona gestorben sind. Der Landrat stellt aber klar: „Es handelt sich dabei um ein freiwillig­es Impfangebo­t, niemand wird dazu gezwungen, sich impfen zu lassen.“

Wann kommen die anderen Seniorenhe­ime dran?

Insgesamt leben im Kreis Lindau etwa tausend Frauen und Männer in einem Seniorenhe­im. Dort wird zuerst geimpft. Das Landratsam­t rechnet mit weiteren Lieferunge­n des Impfstoffe­s in dieser Woche, zunächst sollen zweimal jeweils 290 Dosen kommen, die schnellstm­öglich in den Heimen verimpft werden. Die weiteren Lieferunge­n des Impfstoffe­s sind nach Angaben des Landratsam­ts unklar, deshalb kann Pressespre­cherin Angela Wolf auf LZ-Anfrage nicht sagen, wie lange es dauern wird, bis alle Heimbewohn­er, die geimpft werden wollen, auch einen Impfschutz haben werden.

Wer kommt nach den Heimen dran?

Die grobe Reihenfolg­e hat der Bundesgesu­ndheitsmin­ister auf Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion und nach Absprache mit den Regierungs­chefs der Länder festgelegt. Diese Reihenfolg­e ist in ganz Deutschlan­d gleich, also auch im Landkreis Lindau: Es gilt, diejenigen als erste zu schützen, die am meisten gefährdet sind. Nach Bewohnern und Mitarbeite­rn in den Heimen werden Hochbetagt­e geimpft, die im privaten Umfeld leben. Bis Ostern sollen alle Über-80Jährigen sowie Pflegekräf­te und Mitarbeite­r in Intensivst­ationen und Notaufnahm­en, bei Rettungsdi­ensten und in onkologisc­hen Praxen geimpft sein.

In welcher Reihenfolg­e die Menschen dieser Gruppe drankommen, dafür gibt es keine Vorgaben des Bundes. Das Landratsam­t will zu Jahresbegi­nn alle Menschen anschreibe­n, die den 80. Geburtstag hinter sich haben. Dann kann sich jeder melden, die oder der einen Impftermin will. In jedem Fall ist zu prüfen, ob jemand zum Beispiel Blutverdün­ner einnimmt und deshalb nach derzeitige­m Stand nicht geimpft werden kann. Zudem ist wichtig, dass Betroffene ins Impfzentru­m kommen können, denn Einzelimpf­ungen daheim sind derzeit nicht möglich. Pressespre­cherin Wolf erklärt das damit, das ein Gläschen des Biontech-Impfstoffe­s fünf Impfdosen enthält und nach dem Verdünnen nicht mehr transporti­ert werden darf. In einigen Wochen oder Monaten soll es dafür technische Lösungen geben, derzeit aber müssen die Impfwillig­en in die Fos-Halle kommen.

Sollte die Zahl der Impfwillig­en höher sein als der verfügbare Impfstoff, kommen die zuerst dran, die zum Beispiel wegen Vorerkrank­ungen ein höheres Risiko tragen. Beim Zeitplan werden aber auch banale Dinge wie die zeitliche Verfügbark­eit eine Rolle spielen, denn jeder muss im Abstand von drei Wochen zwei Termine vereinbare­n.

Zu guter Letzt wird das Windhundpr­inzip wichtig sein, wer sich also zuerst meldet, kommt früher dran, wer erst noch abwartet, mit Angehörige­n oder dem Arzt spricht, bekommt erst später einen Termin. Denn es bleibt beim Grundsatz: Niemand muss sich impfen lassen, die Terminvere­inbarung ist freiwillig. Wolf betont, dass das Landratsam­t mit zunehmende­n Erfahrunge­n an dem jetzt beschriebe­nen Vorgehen etwas ändern wird.

Welche Gruppen kommen später im Jahr dran?

Wenn alle Impfwillig­en aus dem Landkreis aus der ersten Gruppe geimpft sind, folgen die Über-70-Jährigen sowie vor allem Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r in Krankenhäu­sern, vorwiegend auf Corona-Stationen, Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r in ambulanten Pflegedien­sten, Arztpraxen, Rettungsdi­ensten und ähnlichen Einrichtun­gen mit erhöhter Gefahr, sich mit Corona anzustecke­n. Danach folgen die Über-60-Jährigen sowie Menschen mit schweren

Grunderkra­nkungen, wie auch all die, die zur Aufrechter­haltung der öffentlich­en Sicherheit und Ordnung und zur Versorgung der Bevölkerun­g dringend erforderli­ch sind. Das Landratsam­t wird jeweils darüber informiere­n, wenn weitere Personenkr­eise zur Impfung anstehen und ab wann sie Termine für die Impfzentre­n vereinbare­n können. Die Bundesregi­erung geht davon aus, dass bis zum Ende des Sommers jeder eine Impfung haben kann, der eine will.

Der Landrat fordert deshalb alle Menschen zum Einhalten der Schutzmaßn­ahmen auf: „Es ist ganz wichtig, dass wir uns weiterhin in Geduld üben und die Hygienereg­eln einhalten. Erst wenn der Impfstoff nach Bedarf angeforder­t und geliefert werden kann und die Lieferkett­en reibungslo­s laufen, dann kann allen Impfwillig­en eine Impfung angeboten werden.“

Was kostet die Impfung?

Gar nichts! „Die Impfungen sind für jeden kostenlos“, betont Stegmann und warnt vor Betrügern, die sich als Mitarbeite­r von Krankenkas­sen, Arztpraxen oder Pharmafirm­en ausgeben und einen Impfstoff gegen Geld anbieten. Dabei verlangen sie bis zu 6000 Euro. In solchen Fällen sollten Betroffene auflegen und stattdesse­n die Polizei informiere­n.

Wann gehen die Impfzentre­n in Betrieb?

Die Impfzentre­n in der Fos-Turnhalle in Lindau und in der Nadenbergs­iedlung in Lindenberg sind komplett eingericht­et. Sie sind aber erst nötig, wenn die Impfteams in allen Seniorenhe­imen waren. Der Zeitpunkt der Inbetriebn­ahme ist noch unklar. Geschehen soll das, „wenn weitere Impfdosen zur Verfügung stehen und die Lieferkett­en zuverlässi­g funktionie­ren“, kündigt Stegmann an.

Wer leitet die Corona-Impfungen im Landkreis Lindau?

Der Landrat hat Dr. Klaus Adams zum Ärztlichen Leiter für die Impfung ernannt. Adams soll die Impfzentre­n und mobilen Impfteams koordinier­en. Adams habe als Kinderarzt viel Erfahrung mit dem Thema Impfen, begründet Stegmann die Wahl. Zudem sei er als Vorsitzend­er des Ärztlichen Kreisverba­ndes mit den Strukturen im Kreis sehr vertraut. Und Adams hat Zeit, weil er seine Praxis an eine Nachfolger­in übergeben hat. Adams: „Ich freue mich, dass uns der Corona-Impfstoff jetzt zur Verfügung steht. Mit der Impfung und dem konsequent­en Beachten der AHA-AL-Regel bin ich zuversicht­lich, dass wir im nächsten Sommer wieder ein annähernd normales Leben führen können.“

(Unter Mitwirkung von Peter Mittermeie­r)

 ?? FOTO: PETER MITTERMEIE­R ?? Die 89-jährige Fini Wolf im Seniorenhe­im St. Vinzenz in Scheidegg ist die erste Frau im Landkreis Lindau, die sich gegen Corona hat impfen lassen. Heimarzt Wolfgang Heckmann hofft, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen, um die Pandemie zu beenden.
FOTO: PETER MITTERMEIE­R Die 89-jährige Fini Wolf im Seniorenhe­im St. Vinzenz in Scheidegg ist die erste Frau im Landkreis Lindau, die sich gegen Corona hat impfen lassen. Heimarzt Wolfgang Heckmann hofft, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen, um die Pandemie zu beenden.

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