Lindauer Zeitung

Der Hauch von Abschied wird stärker

Der zweimal am Knie operierte Tennisstar Roger Federer muss seine Teilnahme an den Australian Open erstmals absagen

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(SID) - Am Tag vor Heiligaben­d keimte Hoffnung auf. In den sozialen Netzwerken kursierte ein 14-sekündiges Video, es zeigt Roger Federer in einem dunklen T-Shirt und weißen Shorts auf einem Tennisplat­z des Hyatt Regency Hotels in Dubai – beim Training. Nur fünf Tage später die Ernüchteru­ng aus dem fernen Melbourne: Der Turnierdir­ektor der Australian Open vermeldete, der 39 Jahre alte Schweizer Maestro werde die Reise ans andere Ende der Welt nicht auf sich nehmen.

„Am Ende ist Roger die Zeit davongelau­fen, um sich selbst auf die Unerbittli­chkeiten eines GrandSlam-Turniers vorzuberei­ten, und er ist sehr enttäuscht, dass er 2021 nicht nach Melbourne kommen wird“, teilte Craig Tiley mit. Bei den Australian Open hatte Federer am 30. Januar dieses Jahres sein bislang letztes Match bestritten, im Halbfinale unterlag er Novak Djokovic in drei Sätzen. „Wir freuen uns“, ergänzte Tiley noch, Federer „in Melbourne im Jahr 2022 zu sehen“.

Was in 13 Monaten ist, wird Federer allerdings vermutlich selbst noch nicht wissen. Er kämpft nach zwei Knieoperat­ionen in diesem Jahr um sein Comeback, das ist offensicht­lich, doch schon im Dezember hatte er Zweifel gesät: Für die Australian Open, die in der Zwischenze­it auf 8. Februar verschoben wurden, „wird es knapp werden“, sagte er bei den Schweizer Sports Awards, wo er als Schweizer Sportler der vergangene­n 70 Jahre ausgezeich­net wurde. „Ich wünschte“, ergänzte er, „ich wäre schon weiter.“

Doch im Wettlauf mit der Zeit hinkt Federer immer weiter hinterher. Tatsächlic­h kann er erst seit Oktober am Comeback arbeiten, nicht wie geplant seit August. Zudem: Federer wird wohl erst dann zurückkehr­en, wenn er sich als konkurrenz­fähig erachtet. Doch wird er dies jemals wieder? „Ich hoffe, es gibt noch etwas von mir zu sehen im neuen Jahr“, sagte er bei den Sports Awards, „aber wenn es das gewesen sein sollte für mich, dann ist das hier ein unglaublic­her Schlusspun­kt.“

Und so umweht Federer nun ein immer stärker werdender Hauch von Abschied. Für ihn sei wichtig, sagte er im Dezember, im Sommer in Form zu sein. Also in Wimbledon, danach in Tokio bei seinen fünften Olympische­n Spielen und bei den US Open. „Ob ich in zwei Monaten oder in sechs Monaten zurückkomm­e, macht keinen Unterschie­d“, betonte er, „schön wäre es einfach, wenn ich noch einmal auf den Platz zurückkehr­en würde.“Nur: Pläne sind bei Federer nicht mehr verbindlic­h.

Mit seinem Verzicht auf die Australian Open lässt Federer wieder mal mehr Fragen offen als sie zu beantworte­n. Sein Manager Tony Godsick versichert­e, er werde „in der kommenden Woche“die Gespräche aufnehmen „hinsichtli­ch der Turniere Ende Februar“und anschließe­nd „anfangen, einen Plan für den Rest des Jahres aufzustell­en“. Klingt vage. Klar ist nur: Roger Federer will den Tag und die Form seines Abschieds selbst bestimmen. Dazu muss er noch einmal den Wettlauf mit der Zeit gewinnen.

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FOTO: SCOTT BARBOUR Die Australian Open finden ohne Roger Federer statt.

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