Lindauer Zeitung

Blauzungen­krankheit: Sperrzone bleibt

Im Allgäu gibt es seit zwei Jahren Handelshem­mnisse, obwohl keine Fälle bekannt sind

- Von Simone Härtle

- „Ich erwarte von der Politik, dass die Sperrzone aufgehoben wird“, sagt Norbert Meggle, Vorsitzend­er der Allgäuer Herdebuchg­esellschaf­t (AHG). Weil es in BadenWürtt­emberg und Rheinland-Pfalz Ausbrüche der Blauzungen­krankheit (BT) gegeben hatte, ist beinahe das gesamte Allgäu seit Januar 2019 „Restriktio­nszone“. Für den Verkauf von Tieren aus solchen Gebieten heraus gelten strenge Regeln, die mindestens für zwei Jahre nach dem letzten BT-Fall aufrecht erhalten werden müssen. Eine Lockerung ist bislang nicht in Sicht.

„Wir Landwirte stehen unter Druck“, sagt Meggle. „Wir haben bis heute Einbußen wegen der Handelsers­chwernisse.“Kälber einer nicht geimpften Kuh zu vermarkten, sei nach wie vor sehr schwierig. Denn diese dürften nur innerhalb der Sperrzone gehandelt werden, die Nachfrage sei aber gering, der Preis dementspre­chend niedrig. Und auch die Kälber geimpfter Rinder, die aus der Sperrzone heraus verkauft werden dürfen, brächten noch immer weniger Gewinn als früher. „Bis das mit den Impfungen lief, hat es eine Weile gedauert. Die Kunden haben ihre Tiere in der Zwischenze­it anderweiti­g bezogen und sind teilweise bei diesen Anbietern geblieben.“Für Meggle ist es höchste Zeit, dass sich etwas ändert. Tritt die Erkrankung auf, wird eine Sperrzone

in einem Umkreis von 150 Kilometern eingericht­et. Im Allgäu gab es aber seit Jahren keinen Fall mehr, die Einschränk­ungen beruhen auf Ausbrüchen in Baden-Württember­g. „Strenge Regeln sind ja in Ordnung, aber nicht so.“

Die Zuchtverbä­nde haben laut Meggle noch keine Informatio­nen erhalten, ob und wann die Allgäuer Sperrzonen aufgelöst werden. „Nach Billigung durch die Europäisch­e Kommission können die zuständige­n Behörden vor Ort bestehende BT-Restriktio­nen aufheben“, heißt es auf Nachfrage der „Allgäuer Zeitung“beim Bayerische­n Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it Übertragun­g Die Blauzungen­Krankheit wird bei Wiederkäue­rn (Rinder, Ziegen, Schafe) durch ein Virus ausgelöst, das ausschließ­lich durch blutsaugen­de Insekten (Gnitzen, Stechmücke­n) übertragen wird. Durch direkten Kontakt zwischen Tieren oder durch den Kontakt mit Personen und Geräten findet keine Ansteckung statt.

Auftreten Der ursprüngli­ch aus Afrika stammende Erreger kam in Deutschlan­d erstmals 2006 vor. Mit Hilfe einer Pflichtimp­fung konnte er zunächst zurückgedr­ängt

(LGL). Eine entspreche­nde Entscheidu­ng für das Allgäu liege aber noch nicht vor. Das bestätigt Dr. Thomas Brunner vom Veterinära­mt des Landkreise­s Oberallgäu. „Wir haben noch keine Order, dass wir die Sperrzone aufheben können.“

Der letzte für das Oberallgäu relevante Fall trat laut Brunner Ende Mai 2019 in Baden-Württember­g auf, eine Aufhebung sei also frühestens im Juni dieses Jahres möglich. „Ich rechne aber nicht damit, dass sich dann direkt etwas ändert.“Das zeigten frühere Erfahrunge­n mit der Krankheit. Für Thomas Brunner ist klar: „Der Impfschutz muss werden. Der letzte Fall im Oberallgäu ist im April 2009 im südlichen Landkreis aufgetrete­n. Laut des Veterinära­mtes hat die Krankheit damals keine Todesfälle bei Tieren verursacht. Auswirkung­en Es kommt bei infizierte­n Tieren zu Entzündung­en der Schleimhäu­te, Ödemen im Maul- und Nasenberei­ch, Klauenprob­lemen, zu Trächtigke­itsstörung­en und Fehlgeburt­en.

Name Die Bezeichnun­g leitet sich ab von der blauen Farbe der Zunge – einem der Symptome beim Ausbruch der Krankheit. (bb) auch 2021 aufrecht erhalten werden.“

Eine Erleichter­ung gibt es indes: Soll ein Kalb innerhalb Deutschlan­ds verkauft werden, muss die Impfung der Mutterkuh vier Wochen vor dem Abkalben abgeschlos­sen sein. Eine zusätzlich­e Blutunters­uchung ist seit April 2020 nicht mehr nötig. „Die Labore sind wegen Corona ausgelaste­t“, sagt Meggle. Brunner widerspric­ht dem nicht. Für den Verkauf der Kälber ins Ausland gelten wiederum eigene Regelungen – doch auch hier sind Impfungen nötig. Im November 2019 lag die Impfrate im Oberallgäu laut Brunner bei 63 Prozent, mittlerwei­le nur noch bei 55. „Wer jetzt mit dem Impfen aufhört, weil er glaubt, dass die Sperrzonen bald aufgehoben werden, pokert auf die Zukunft“, sagt der Veterinär. „Ich halte das für sehr risikoreic­h und würde es nicht empfehlen.“

Für Meggle ist indes klar: Sollten neue Fälle der Blauzungen­krankheit auftreten, müsse die Definition der Sperrzonen überdacht werden. „150 Kilometer rund um einen Fall sind zu viel“, sagt er. Laut Brunner sind solch große Zonen zwar sinnvoll, wenn es das Ziel der Europäisch­en Union ist, die Seuche gänzlich zu tilgen. Es gebe aber auch Überlegung­en, dass bestimmte Typen der Blauzungen­krankheit nicht mehr gemeldet werden müssen und dementspre­chend einzelne Fälle schlicht akzeptiert werden sollten.

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