Blauzungenkrankheit: Sperrzone bleibt
Im Allgäu gibt es seit zwei Jahren Handelshemmnisse, obwohl keine Fälle bekannt sind
- „Ich erwarte von der Politik, dass die Sperrzone aufgehoben wird“, sagt Norbert Meggle, Vorsitzender der Allgäuer Herdebuchgesellschaft (AHG). Weil es in BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz Ausbrüche der Blauzungenkrankheit (BT) gegeben hatte, ist beinahe das gesamte Allgäu seit Januar 2019 „Restriktionszone“. Für den Verkauf von Tieren aus solchen Gebieten heraus gelten strenge Regeln, die mindestens für zwei Jahre nach dem letzten BT-Fall aufrecht erhalten werden müssen. Eine Lockerung ist bislang nicht in Sicht.
„Wir Landwirte stehen unter Druck“, sagt Meggle. „Wir haben bis heute Einbußen wegen der Handelserschwernisse.“Kälber einer nicht geimpften Kuh zu vermarkten, sei nach wie vor sehr schwierig. Denn diese dürften nur innerhalb der Sperrzone gehandelt werden, die Nachfrage sei aber gering, der Preis dementsprechend niedrig. Und auch die Kälber geimpfter Rinder, die aus der Sperrzone heraus verkauft werden dürfen, brächten noch immer weniger Gewinn als früher. „Bis das mit den Impfungen lief, hat es eine Weile gedauert. Die Kunden haben ihre Tiere in der Zwischenzeit anderweitig bezogen und sind teilweise bei diesen Anbietern geblieben.“Für Meggle ist es höchste Zeit, dass sich etwas ändert. Tritt die Erkrankung auf, wird eine Sperrzone
in einem Umkreis von 150 Kilometern eingerichtet. Im Allgäu gab es aber seit Jahren keinen Fall mehr, die Einschränkungen beruhen auf Ausbrüchen in Baden-Württemberg. „Strenge Regeln sind ja in Ordnung, aber nicht so.“
Die Zuchtverbände haben laut Meggle noch keine Informationen erhalten, ob und wann die Allgäuer Sperrzonen aufgelöst werden. „Nach Billigung durch die Europäische Kommission können die zuständigen Behörden vor Ort bestehende BT-Restriktionen aufheben“, heißt es auf Nachfrage der „Allgäuer Zeitung“beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Übertragung Die BlauzungenKrankheit wird bei Wiederkäuern (Rinder, Ziegen, Schafe) durch ein Virus ausgelöst, das ausschließlich durch blutsaugende Insekten (Gnitzen, Stechmücken) übertragen wird. Durch direkten Kontakt zwischen Tieren oder durch den Kontakt mit Personen und Geräten findet keine Ansteckung statt.
Auftreten Der ursprünglich aus Afrika stammende Erreger kam in Deutschland erstmals 2006 vor. Mit Hilfe einer Pflichtimpfung konnte er zunächst zurückgedrängt
(LGL). Eine entsprechende Entscheidung für das Allgäu liege aber noch nicht vor. Das bestätigt Dr. Thomas Brunner vom Veterinäramt des Landkreises Oberallgäu. „Wir haben noch keine Order, dass wir die Sperrzone aufheben können.“
Der letzte für das Oberallgäu relevante Fall trat laut Brunner Ende Mai 2019 in Baden-Württemberg auf, eine Aufhebung sei also frühestens im Juni dieses Jahres möglich. „Ich rechne aber nicht damit, dass sich dann direkt etwas ändert.“Das zeigten frühere Erfahrungen mit der Krankheit. Für Thomas Brunner ist klar: „Der Impfschutz muss werden. Der letzte Fall im Oberallgäu ist im April 2009 im südlichen Landkreis aufgetreten. Laut des Veterinäramtes hat die Krankheit damals keine Todesfälle bei Tieren verursacht. Auswirkungen Es kommt bei infizierten Tieren zu Entzündungen der Schleimhäute, Ödemen im Maul- und Nasenbereich, Klauenproblemen, zu Trächtigkeitsstörungen und Fehlgeburten.
Name Die Bezeichnung leitet sich ab von der blauen Farbe der Zunge – einem der Symptome beim Ausbruch der Krankheit. (bb) auch 2021 aufrecht erhalten werden.“
Eine Erleichterung gibt es indes: Soll ein Kalb innerhalb Deutschlands verkauft werden, muss die Impfung der Mutterkuh vier Wochen vor dem Abkalben abgeschlossen sein. Eine zusätzliche Blutuntersuchung ist seit April 2020 nicht mehr nötig. „Die Labore sind wegen Corona ausgelastet“, sagt Meggle. Brunner widerspricht dem nicht. Für den Verkauf der Kälber ins Ausland gelten wiederum eigene Regelungen – doch auch hier sind Impfungen nötig. Im November 2019 lag die Impfrate im Oberallgäu laut Brunner bei 63 Prozent, mittlerweile nur noch bei 55. „Wer jetzt mit dem Impfen aufhört, weil er glaubt, dass die Sperrzonen bald aufgehoben werden, pokert auf die Zukunft“, sagt der Veterinär. „Ich halte das für sehr risikoreich und würde es nicht empfehlen.“
Für Meggle ist indes klar: Sollten neue Fälle der Blauzungenkrankheit auftreten, müsse die Definition der Sperrzonen überdacht werden. „150 Kilometer rund um einen Fall sind zu viel“, sagt er. Laut Brunner sind solch große Zonen zwar sinnvoll, wenn es das Ziel der Europäischen Union ist, die Seuche gänzlich zu tilgen. Es gebe aber auch Überlegungen, dass bestimmte Typen der Blauzungenkrankheit nicht mehr gemeldet werden müssen und dementsprechend einzelne Fälle schlicht akzeptiert werden sollten.