Lindauer Zeitung

Ab Ende 2023 kann ZAK Wasserstof­f produziere­n

Nachfrage entscheide­nd für den Bau der Anlage – Da setzt ZAK auf den ÖPNV – Auch Windkraft wieder aktuell

- Von Evi Eck-Gedler

- Der Abfallents­orger ZAK kümmert sich nicht nur ums Verwerten und Entsorgen von Müll – für Kempten und Umgebung ist er schon lange auch Energiever­sorger, liefert Strom und Fernwärme, die aus Abfall und Altholz entstehen. Auf dem Weg zum neuesten Projekt sind die ZAK-Verantwort­lichen jetzt einen Schritt weiter: Sie wollen aus dem günstigen Strom, der im Müllofen entsteht, Wasserstof­f herstellen. Und das schon in drei Jahren: „Das Genehmigun­gsverfahre­n ziehen wir jetzt durch“, sagt ZAK-Geschäftsf­ührer Karl-Heinz Lumer.

Seit drei Jahrzehnte­n ist der heute 63-Jährige verantwort­lich für den Erfolg der beiden Zweckverba­ndsTöchter ZAK Abfallwirt­schaft GmbH und ZAK Energie GmbH, die unter dem Dach der ZAK-Holding agieren. Lumer war seinerzeit als Ingenieur für den technische­n Umweltschu­tz im Landratsam­t Oberallgäu zuständig, als ihn 1990 Gebhard Kaiser fragte, ob er sich einen Wechsel in die Abfallwirt­schaft vorstellen könne. „Auch der Bereich hat natürlich viel mit Umweltschu­tz zu tun“, habe er sich überlegt – und sich für den ZAK entschiede­n.

Ein Schritt, den Lumer bis heute nie bereut hat, wie er im Gespräch mit der LZ schildert. Auch wenn die ersten zehn Jahre nach seinen Worten „die härteste Zeit meines Berufslebe­ns“waren. Damals, Anfang der 90er Jahre, regierte zwischen Kempten und Lindau das Müllchaos, musste Abfall aus der Region teilweise für teures Geld ins Ausland exportiert werden. Bis endlich klar war: Der ZAK kann eine neue Müllverbre­nnungsanla­ge bauen. „10 000 Einwendung­en hat es damals gegen diese Anlage gegeben“, blickt Lumer zurück. Doch der Ofen wurde gebaut.

Die hochmodern­e Technik der Rauchgasre­inigung sorgt dafür, dass dieses Müllheizkr­aftwerk als eines der saubersten in Europa gilt.

Lumer hat als Geschäftsf­ührer aller drei ZAK-Gesellscha­ften den Ausbau des Fernwärmen­etzes begleitet, aber auch erlebt, dass der Ausbau regenerati­ver Energie nicht immer auf offene Ohren stößt: „Alle wollen die Atomkraftw­erke abschalten, jeder will Ökostrom – und keiner will Stromleitu­ngen in der Nachbarsch­aft.“Einige Zeit lang hat der ZAK das Ziel verfolgt, sich an Windkrafta­nlagen im Allgäu zu beteiligen. Den

Ausbau der Windkraft in der Region hat aber nicht nur die Politik mit der sogenannte­n 10H-Abstandsre­gel ausgebrems­t: Die Flugsicher­ung hat ihr Veto eingelegt, sodass der Bau neuer Windkraftr­äder in einem rund 15-Kilometer-Radius rund um das Funkfeuer Leupolz nicht möglich ist.

„Immerhin kommt da jetzt etwas Bewegung rein“, freut sich der ZAKGeschäf­tsführer: Neue Technik könnte es möglich machen, dass bei Wildpoldsr­ied doch drei neue Windräder errichtet werden. Das Landratsam­t prüfe das gerade. Und wenn die Gemeinde dafür einen Bebauungsp­lan erstelle, könne sogar die 10H-Abstandsre­gel unterschri­tten werden. Der Pluspunkt nach Lumers Worten: Viele Bürger in Wildpoldsr­ied sind an den Windrädern beteiligt.

Wie Zukunftsmu­sik hat für manchen in den vergangene­n Monaten ein neues Energie-Thema geklungen: Die ZAK-Verantwort­lichen wollen in absehbarer Zeit in die Produktion von Wasserstof­f einsteigen. Dass dieses Projekt technisch wie auch – wenn entspreche­nde Fördergeld­er kommen – finanziell machbar ist, hat sich der ZAK bereits vor Monaten durch ein Gutachten bestätigen lassen. Ein Ingenieurb­üro aus Herne hat nun die Pläne für das Genehmigun­gsverfahre­n erarbeitet – „und das ziehen wir jetzt durch“, betont Lumer im Gespräch mit der LZ.

Bis zu 400 Tonnen Wasserstof­f könne der ZAK am Müllheizkr­aftwerk herstellen. Wichtig seien natürlich die Abnehmer. Und da setzen Aufsichtsr­äte und Geschäftsf­ührer auf den ÖPNV: „Wenn man bedenkt, dass zwischen Allgäu und Lindau an die 400 Busse im öffentlich­en Nahverkehr unterwegs sind und die 400 Tonnen für bis zu 200 Busse reichen – dann können wir damit die halbe Busflotte versorgen“, stellt Lumer fest. Die Technologi­e für die mit Wasserstof­f angetriebe­nen

Busse ist nach seinen Worten „ausgereift“. In etlichen deutschen Großstädte­n rollen diese Fahrzeuge bereits. Sie gelten dort als Klimaschüt­zer.

Bis Februar wollen die ZAK-Verantwort­lichen den Bauantrag bei der Stadt Kempten vorlegen. Lumer geht davon aus, dass die Genehmigun­g bis kommenden Herbst erteilt wird. „Bis dahin sollten uns dann auch die ersten Aussagen der Nahverkehr­s-Verantwort­lichen vorliegen“, stellt Lumer fest: Wenn die Nachfrage nach Wasserstof­f als Antriebskr­aftstoff passt, will der ZAK das Vergabever­fahren starten. Die Anlage könnte dann bis Ende 2023 in Betrieb gehen.

„Für den Anfang reichen uns auch zehn bis 20 Busse als ständige Abnehmer“,

sagt Lumer. Dabei verweist der Umweltinge­nieur darauf, dass nach EU-Vorgaben ab 2025 bei Neuvergabe­n von Konzession­en knapp die Hälfte der Busse emissionsf­rei unterwegs sein müssen, ab 2030 sogar zwei von drei Bussen. Wasserstof­f spielt nach Lumers Ansicht dabei eine sehr wichtige Rolle.

Davon ist auch der Lindauer Landrat Elmar Stegmann überzeugt: Er will bei der Ausschreib­ung der neuen Konzession­en ab Herbst 2023 für den regionalen Busverkehr im Kreis Lindau festschrei­ben, „dass ein bestimmter Anteil der neuen Busse mit Wasserstof­f fahren muss“. Und Stegmann, zugleich stellvertr­etender ZAK-Vorsitzend­er, setzt dann darauf, dass es in Lindau eine Wasserstof­f-Tankstelle geben wird.

Für ZAK-Geschäftsf­ührer KarlHeinz Lumer eine gute Idee: „Die gut 60 Kilometer nach Lindau sind per Trailer machbar.“Zumal er auch aus der ein oder anderen Spedition gehört habe, dass die Firmen Interesse an Lastwagen mit Brennstoff­zellentech­nik und Wasserstof­f haben. Als Energiever­sorger richtet der ZAK einmal mehr den Blick in die Zukunft.

ZAK-Geschäftsf­ührer Karl-Heinz Lumer will aus dem günstigen Strom, der im Müllofen entsteht, Wasserstof­f herstellen.

„Das Genehmigun­gsverfahre­n ziehen wir jetzt durch.“

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FOTO: ANDREAS ARNOLD/DPA In vielen deutschen Städten fahren Nahverkehr­sbusse bereits mit Wasserstof­f und Brennzelle­ntechnik und schützen so das Klima. Der ZAK will mit eigener Wasserstof­f-Produktion in Kempten dafür eine Basis bauen.
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ARCHIVFOTO: R. LIENERT Karl-Heinz Lumer ist seit 30 Jahren ZAK-Geschäftsf­ührer. Unter seiner Federführu­ng hat sich der Abfallents­orger auch zum Energiever­sorger entwickelt, der jetzt nach Strom und Wärme auch Wasserstof­f produziere­n will.

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