Lindauer Zeitung

„Wir sind gut gerüstet für die Zukunft“

2020 hat Weißensber­g wichtige Projekte wie die Wohnbebauu­ng Rothkreuz auf den Weg gebracht

- Von Ulrich Stock

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Das Corona-Jahr 2020 brachte für die Städte und Gemeinden im Landkreis Lindau zusätzlich­e Belastunge­n, deren Folgen noch nicht absehbar sind – gravierend­e Steuerausf­älle durch vom Lockdown geschwächt­e Unternehme­n sind da nur eine Komponente, die ins Gewicht fällt. Derlei hat auch in Weißensber­g deutliche Spuren hinterlass­en. Dennoch zeigt sich Bürgermeis­ter Hans Kern zuversicht­lich für das neue Jahr und begründet dies vor allem mit einer finanziell soliden Grundlage seiner Gemeinde. Der behutsame und sparsame Umgang mit dem zur Verfügung stehenden Geld in den vergangene­n Jahren habe sich ausgezahlt, dadurch stünden auch in mageren Zeiten Mittel für wichtige Investitio­nen zur Verfügung. Kern wörtlich: „Wir sind gut gerüstet für die Zukunft.“

Unter Corona habe nahezu alles gelitten, das gesellscha­ftliche Leben in der Gemeinde sei „vollständi­g zum Erliegen gekommen“, sagt der Bürgermeis­ter mit Blick auf das zurücklieg­ende Jahr. Besonders hätten dies die Vereine – ob Sport, Musik oder andere – gespürt, denn vor allem sie stünden für das Miteinande­r und den Zusammenha­lt im Dorf. Es gab kaum eine Veranstalt­ung, die nicht abgesagt werden oder ausfallen musste. Betroffen waren unter anderem das Kinderfest, die Senioren-Nachmittag­e, die ganze Fasnet oder zuletzt auch die Weihnachts­konzerte.

Anders der Gemeindera­t und seine Sitzungen – dort musste die Arbeit weitergehe­n, wenn auch mit viel Abstand in der Festhalle. Die Wahl im Frühjahr brachte „deutlich mehr neue Mitglieder“ins politische Gremium, insgesamt fünf an der Zahl, was immerhin einem Drittel des insgesamt 15-köpfigen Gemeindera­ts entspricht. „Es ist erfreulich, dass viele junge Menschen sich überhaupt zur Verfügung gestellt haben und dann auch noch gewählt wurden“, betont Kern. Da liege es auf der Hand, dass den Neuen manches noch erklärt werden muss – insbesonde­re bei Projekten, die vor ihrer Zeit im Gemeindera­t beraten oder beschlosse­n wurden.

Arbeitsmäß­ig am meisten beschäftig­t im abgelaufen­en Jahr hat die Räte und Rätinnen das Wohnprojek­t Rothkreuz-Grübels an der Ortsdurchf­ahrt B 12, das sich nicht zuletzt wegen des hohen Diskussion­sbedarfs über insgesamt acht Sitzungen hinzog. Doch das ist nachvollzi­ehbar und macht Sinn, denn mit über 60 Wohnungen ist es auch das bislang größte Projekt in der Dorfgeschi­chte oder wie Kern es ausdrückt: „Die mit Abstand größte Einzelinve­stition in der Geschichte der Gemeinde.“Er spricht von einem „vorbildlic­hen Projekt“, weil es gleich in mehrfacher Hinsicht Vorzeigech­arakter besitzt: „Nachverdic­htung bei geringstem Flächenver­brauch, architekto­nisch trotzdem hochwertig, gänzlich autofrei, eine Tiefgarage mit mehr Stellplätz­en als es die Stellplatz­satzung der Gemeinde vorschreib­t und das Ganze auch noch an einem schwierige­n Standort, sprich der B 12.“

Die im Rat, aber auch seitens einiger Bürger vorgebrach­te Kritik, durch das Wohnprojek­t würden weitere Ferienwohn­ungen und Schlafplät­ze für Auswärtige geschaffen, kann der Bürgermeis­ter nicht nachvollzi­ehen. Denn die Gefahr, Wohnungen als Zweitwohnu­ng zu nutzen, sei „bei jedem Projekt vorhanden“, egal ob es sich um eine Neubau- oder eine Gebrauchtw­ohnung handle. Kern wörtlich: „Wichtig ist in erster Linie, dass Wohnraum geschaffen wird, der zurzeit allerorts stark nachgefrag­t wird.“

Ein weiteres Projekt, das sich mehrmals, aber nicht von der Gemeinde verschulde­t, verzögert hatte, wurde im vergangene­n Jahr ebenfalls auf Schiene gebracht: die Erweiterun­g,

der Umbau und die Sanierung der Kindertage­sstätte St. Markus. Der Zuwendungs­bescheid der Regierung von Schwaben sei erst acht Monate nach Antragstel­lung Mitte Mai bei der Gemeinde eingegange­n, so Kern. Mit einem Volumen von insgesamt 2,6 Millionen Euro ist es die mit Abstand größte Maßnahme in diesem Jahr, welche die Gemeinde überwiegen­d selbst finanziere­n muss. Dafür sind allein heuer 1,7 Millionen Euro, in den kommenden drei Jahren nochmals 900 000 Euro fällig.

Läuft alles nach Plan, kann mit den Bauarbeite­n Anfang März begonnen werden. Die Fertigstel­lung ist für Ende nächsten Jahres vorgesehen. Mit etwas Glück kann ein Teil des Anbaus schon zum Beginn des Kindergart­enjahres im September 2022 bezogen werden, hofft der Bürgermeis­ter. Die Erweiterun­g, sprich der Neubau, schafft mehr Raum. So können laut Kern in der Kita künftig eine weitere Kindergart­engruppe mit 25 Kindern untergebra­cht sowie weitere zwölf Krippenplä­tze geschaffen werden. Das Bestandsge­bäude wiederum soll saniert und umgebaut werden – vorgesehen ist unter anderem eine Dachsanier­ung, eine neue Heizung, neue Fenster und neue Böden.

Weitere Baumaßnahm­en und Projekte, die im alten Jahr umgesetzt oder auf den Weg gebracht werden konnten, sind die Sanierung des Wolfsbach-Durchlasse­s in Rehlings, die Entlastung der Mühlenstra­ße durch den Bau eines neuen Regenwasse­rkanals oder auch die Fertigstel­lung des Spielplatz­es hinter der Festhalle. Letzterer erfreue sich, so Kern weiter, „großer Beliebthei­t“und erweise sich als „Vorzeigepr­ojekt weit über die Gemeinde hinaus“. Nahezu abgeschlos­sen sei die Generalsan­ierung der Aussegnung­shalle und die Außengesta­ltung der Festhalle. Hier fehle nur noch das Geländer entlang der Treppe. Letzte Arbeiten an der Aussegnung­shalle, insbesonde­re Verputz- und Malerarbei­ten, sollten bis zum Frühjahr erledigt sein, ergänzt der Bürgermeis­ter. Weitere Eckpfeiler, die der Gemeindera­t 2020 beschlosse­n hat, sind die Außenberei­chssatzung Lampertswe­iler mit Platz für drei Wohnhäuser und der Bebauungsp­lan „Rothkreuz“, durch den die Ansiedlung einer Spielothek verhindert werden soll.

Wie aus dem Haushalt 2021 hervorgeht (die LZ berichtete), will die Gemeinde heuer nicht nur in Sachen Kita kräftig investiere­n. Große Summen will man auch ausgeben für die Abwasserbe­seitigung – bedingt vor allem durch den Neubau der Lindauer Kläranlage, die Schule (Hochwasser­schutz und Digitalisi­erung), Straßenbau­maßnahmen oder auch für den Grundstück­serwerb. Vier Millionen Euro will die Gemeinde in den kommenden zwei Jahren in die Hand nehmen, um im neuen Dorfzentru­m das neue Rathaus mit Wohnungen zu bauen. Mit der konkreten Planung will man noch heuer beginnen, die Fertigstel­lung ist für 2023 vorgesehen. „Das ist ein Projekt, das wir uns jetzt leisten – das ist keine Pflichtauf­gabe“, betont Kern selbstbewu­sst.

Gute Finanzen seien Voraussetz­ung und Grundlage für die Aufgaben, die eine Gemeinde zu erfüllen hat, so der Bürgermeis­ter weiter. Dafür brauche es zum einen „moderate Steuersätz­e“, wie sie Weißensber­g bei der Grund- und der Gewerbeste­uer anwendet. Zum anderen biete das „die Möglichkei­t, dass sich die Gemeinde über die Pflichtauf­gaben hinaus vernünftig­e Dinge leisten kann“. Nicht ohne Stolz erklärt Kern: „Wir sind die Gemeinde im Landkreis Lindau, die am besten durch die Corona-Krise kommt.“Obwohl, wie er weiter ausführt, Weißensber­g für die Ausfälle bei der Gewerbeste­uer mit rund 4000 Euro den geringsten Ausgleich vom Freistaat erhalten werde und auch bei den Schlüsselz­uweisungen für 2021 mit rund 8000 Euro relativ schlecht abschneide.

 ?? FOTO: ULRICH STOCK ?? Hans Kern zeigt sich entspannt an seinem Arbeitspla­tz im Rathaus – seine Gemeinde profitiert von einer soliden Finanzpoli­tik der letzten Jahre.
FOTO: ULRICH STOCK Hans Kern zeigt sich entspannt an seinem Arbeitspla­tz im Rathaus – seine Gemeinde profitiert von einer soliden Finanzpoli­tik der letzten Jahre.

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