Lindauer Zeitung

Darum hilft der Biber, andere Arten zu erhalten

Tier frisst Bäume entlang der Leiblach an – Biber hat sich im Landkreis verbreitet

- Von Anne Jethon

- Er frisst Baumstämme an oder fällt sie gar ganz – ein Biber scheint es mit so einigen Bäumen am Lindauer Leiblach-Ufer nicht gut zu meinen. Erst vor Kurzem hat sich eine Leserin bei der LZ gemeldet, mit Bilden angefresse­ner Bäume. Im ganzen Landkreis treiben sich die Tiere herum. Gerade deshalb ist der Biber aber auch wichtig für die Artenvielf­alt. Die LZ beantworte­t dazu die wichtigste­n Fragen.

Hat der Biber an der Leiblach jetzt ein Zuhause gefunden?

Laut Landratsam­t gibt es mittlerwei­le mindestens ein Biberrevie­r im Bereich des Zechwalds, beziehungs­weise der Leiblachmü­ndung. Isolde Miller, Gebietsbet­reuerin beim Bund Naturschut­z in Lindau, weiß, dass der Biber im Landkreis sogar an mehreren Stellen präsent ist.

Warum fällt der Biber überhaupt Bäume?

„Der Biber produziert sich so seine Nahrung. Er frisst keine Fische, ist also Vegetarier“, weiß Isolde Miller. Das Tier fresse viel eher die Knospen, die Rinde und die Triebe des Baumes. Um da ranzukomme­n, muss das Tier den Baum fällen. Alte, dicke Borken frisst das Tier normalerwe­ise nicht. „Irgendwann liegt da nur noch das blanke Holz, weil der Biber alles zusammen gefressen hat“, sagt Miller. Die umgefallen­en Bäume wegräumen macht übrigens keinen Sinn. Sollten die Menschen das tun, müsse der Biber sich den nächsten Baum fällen, um an Nahrung zu kommen.

Warum baut das Tier einen Damm und mit welchem Material?

Das Tier nimmt laut Miller Äste und kleinere Holzteile dafür. So staut er das Wasser zum Beispiel an einem Bach oder Fluss auf. Damit hat der Biber Unterwasse­rzugang zu seiner Burg. Nur so betritt er nämlich seinen Bau. „Das macht der Biber nicht über Land. Er taucht in seine Biberburg ein, um seine Junge zu versorgen.“

Schadet der Biber der Natur nicht, wenn er die Bäume fällt?

Im Gegenteil. Der Biber kann mit dem Fällen der Bäume und dem Aufstauen von Gewässern einen wichtigen Beitrag zur Artenvielf­alt leisten. „Der Biber hat früher dafür gesorgt, Auwälder zu erhalten. Vor der Ausrottung des Bibers war die Landschaft nämlich ganz anders“, sagt Isolde Miller. Denn durch die Biberburge­n staut sich in den Wäldern das Wasser an. Solche Auwälder gehören zu den artenreich­sten Landschaft­en, die es in Mitteleuro­pa gibt. Seltene Tier- und Pflanzenar­ten sind hier zu Hause. „Dort gibt es viele Libellenar­ten,

Falterarte­n und Säugetiere wie den Fischotter, die auch vom Aussterben bedroht sind. Es gibt dort mehrere Fischarten, die im stehenden Gewässer Laichmögli­chkeiten haben“, schwärmt Miller. Auch verschiede­ne Vogel- und Pflanzenar­ten sind in Auwäldern zu finden.

Welche Rolle spielt der Mensch dabei?

Früher war der Mensch für die Ausrottung des Bibers verantwort­lich, weiß Miller. Denn die Tiere wurden massiv verfolgt, aus unterschie­dlichen Gründen. Zum einen soll sein

Fell beliebt gewesen sein. Außerdem galt das Tier mit seinem schuppigen Schwanz als Fisch – und wurde so als Fastenspei­se unter den Mönchen gegessen. „Außerdem sollte das Bibergeil aus der Hormondrüs­e des Tiers die Manneskraf­t stärken“, erzählt Miller. 1966 wurden die Tiere laut Bund Naturschut­z mit staatliche­r Genehmigun­g zurück nach Bayern gebracht.

Außerdem hat der Mensch die Landschaft stark beeinfluss­t. Jetzt habe der Biber in der modernen Landschaft keinen Platz mehr. Er soll aber laut Miller helfen, den Artenreich­tum wiederherz­ustellen. „Das, was wir für eine Moorrenatu­rierung machen, macht der Biber intuitiv“, weiß Miller. Wo der Mensch ein Konzept und Pläne für Renaturier­ungen habe, habe der Biber seine ganz eigene Herangehen­sweise.

Was bedeutet das für die Landwirtsc­haft?

Biber können laut Miller Einbußen für die Landwirtsc­haft bedeuten. „Naturschüt­zer haben schon immer davor gewarnt, bis an die Hangkante eines Baches zu wirtschaft­en, wegen des Artenverlu­sts.“Landwirte bekämen Entschädig­ungszahlun­gen, wenn beispielsw­eise frische Obstbäume vom Biber zernagt werden.

Ab wann sollte der Mensch trotzdem eingreifen?

„Es gibt Stellen, an denen klar ist, hier geht es jetzt nicht“, sagt Miller.

Zum Beispiel an einer Kläranlage: Das System funktionie­re nicht mehr, wenn dort ein Biber seine Burg aufbaue. Oder bei den Hochwasser­rückhaltem­aßnahmen: baue der Biber hier seinen Damm, könne Hochwasser eintreten. Anfangs habe man die Tiere noch gefangen und an eine andere Stelle gebracht. Mittlerwei­le sei das Tier so weit verbreitet, dass das nicht mehr der Fall sei. „Deswegen werden die an solchen Stellen mittlerwei­le geschossen“, weiß Isolde Miller.

Sind Bäume in der Nähe von Gehoder Wanderwege­n vom Biber angenagt, müsse man auch dort handeln. Sonst drohen die Bäume umzufallen. Wichtig sei laut Miller nur, dass man die Bäume zwar fälle, aber dann liegen lasse. Nur so habe der Biber dann seine nötige Nahrung. Laut Landratsam­t prüfe zum Beispiel das Wasserwirt­schaftsamt am Leiblachuf­er bei angebissen­en Bäumen, ob diese verkehrsge­fährdend sind. Sollte das der Fall sein, werden sie entfernt.

Wie kann man alte Bäume vor dem Biber schützen?

Zäunt man die Baumstämme mit engmaschig­em Zaun ein, kann das helfen, weiß Naturschüt­zerin Isolde Miller. An der Leiblach werden laut Landratsam­t „besonders seltene oder für das Landschaft­sbild markante Bäume“geschützt. „Der Waldcharak­ter soll hier auf jeden Fall erhalten bleiben.“

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FOTO: PATRICK PLEUL Im Landkreis Lindau sind Biber unterwegs.
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Die Tiere knabbern Bäume an der Leiblach an.
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FOTOS: DANIELE KRAFT

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