Lindauer Zeitung

Jede Menge Schnee: Staus, Blechschäd­en und Solidaritä­t

A 96 und das Schönbühl sind am Donnerstag stundenlan­g dicht

- Von Julia Baumann

- Es schneit und schneit und hört nicht auf. In Lindau ist es jetzt Winter – und zwar so richtig. Am Donnerstag­morgen führt das zu chaotische­n Zuständen auf den Straßen. In Zech starten ein paar Jugendlich­e eine Hilfsaktio­n.

Bereits ab 7.30 Uhr am Morgen ist die Autobahn 96 in Richtung München dicht. „Da stehen 500 Fahrzeuge und kommen nicht mehr weiter“, sagt Thomas Steur, Chef der Lindauer Polizeiins­pektion, am Donnerstag­vormittag. „Die Ursache liegt immer in Sigmarszel­l“, erklärt er einige Stunden später. Lastwagenf­ahrer, die dort von der Autobahn abfahren und an der roten Ampel anhalten müssten, kämen oft nicht mehr los. Alle Fahrzeuge hinter ihnen hängen dann ebenso fest.

Am Donnerstag­morgen gibt es aber ein weiteres Problem. „Da waren ein paar Lkw-Fahrer, die sich sehr unvernünft­ig verhalten haben“, sagt Thomas Steur. Die Lastwagenf­ahrer hätten andere Lastwagen überholt – obwohl das bei Glätte verboten ist – und seien liegen geblieben.

„Es ging zeitweise überhaupt nichts mehr“, sagt der Polizeiche­f. Einmal knallt ein Auto gegen eine Leitplanke. Glückliche­rweise sei es zu keinem größeren Unfall gekommen, denn eine Rettungsga­sse habe niemand mehr bilden können. Das ist auch ein Problem für das Räumfahrze­ug, das an der langen Schlange von Autos und Lastwagen nicht vorbei kommt. Und für die Polizei, die sich dahinter eingereiht hat. „Das Polizeifah­rzeug stand zweieinhal­b Stunden hinter dem Räumfahrze­ug.“Wegen des Staus auf deutscher Seite müssen die Österreich­er den Pfändertun­nel in Richtung Deutschlan­d schließen. Die Polizei sperrt die Autobahnau­ffahrt bei Lindau am Kreisverke­hr beim McDonalds ab. Durch darf nur, wer in Richtung Österreich muss, denn diese Fahrbahn ist frei.

Dann, im Laufe des Vormittags, kann die Polizei zumindest die Überholspu­r in Richtung München wieder freigeben. „Dann hat wieder ein Lkw überholt, zwei Lastwagen haben sich miteinande­r verkeilt“, sagt Steur. Die Autobahn ist wieder dicht. Es wird 15 Uhr, bis der Verkehr wieder normal fließt.

Die gesperrte Autobahn führt dazu, dass Autofahrer übers Stadtgebie­t ausweichen, sodass es auch dort chaotisch zugeht. Um kurz vor halb neun am Morgen kommt es am Schönbühl wegen der glatten Straße bergab zu einem Auffahrunf­all. Andere Fahrzeuge kommen den Anstieg nicht mehr hoch. Die Polizei muss auch hier die Straße bis etwa 11 Uhr sperren. Auf der Wildberger Steig bleiben Lastwagen stecken, es staut sich dort ebenso wie auf der B 31, wo bei Kressbronn ein liegen gebliebene­r Lastwagen abgeschlep­pt werden muss. Noch am Vormittag ruft der Deutsche Wetterdien­st für den Landkreis Lindau die Alarmstufe Rot aus. Die Unwetterwa­rnung gilt bis Freitag, 9 Uhr.

Die Mitarbeite­r von Bauhof und Stadtgärtn­erei sind seit Donnerstag­morgen um 3.30 Uhr im Einsatz. „Mit allem, was sie haben“, wie Jürgen Widmer, Pressespre­cher der Stadt, sagt. Klar sei aber auch: „Sie werden nicht alles schaffen, dafür ist es einfach zu viel.“Der Stadtbus stellt ab 11.40 Uhr auf Stundentak­t um, ab 15.10 Uhr versuchen die Busfahrer, den Halbstunde­ntakt wieder zu halten.

Gegen 12.15 Uhr wird die hauptamtli­che Wachbesatz­ung der Lindauer Feuerwehr in den Motzacher Wald gerufen. Dort blockiert ein umgestürzt­er Baum die Fahrbahn. „Mittels einer Kettensäge wurde der Baum geteilt und von der Straße entfernt“, schreibt die Feuerwehr. Nach etwa 20 Minuten ist die Straße wieder frei.

Doch nicht nur die Arbeiter in den Räumfahrze­ugen, viele Lindauer haben am Donnerstag alle Hände voll zu tun mit Schneeschi­ppen. Ganz besonders fleißig schaufeln Jona, Luca und Lena Reinholz mit Freundin Vanessa. Denn sie haben eine Hilfsaktio­n ins Leben gerufen: Über Facebook bieten sie älteren und körperlich eingeschrä­nkten Menschen aus der Nachbarsch­aft an, das anstrengen­de Schneeschi­ppen für sie zu übernehmen. „Wir haben uns darüber unterhalte­n, wie die Massen an Schnee zu bewältigen sind“, sagt Mama Rebecca Reinholz. Die Jugendlich­en seien dann darauf gekommen, dass das älteren und eingeschrä­nkten Menschen schwer fallen müsse – und wollten sofort helfen.

Viele Unfälle gibt es am Donnerstag zum Glück nicht. „Es waren nur fünf Stück und alles nur Blechschäd­en“, sagt Thomas Steur, der mit Blick auf die Nacht noch nicht ganz entspannt ist. Denn es schneit weiter. „Immerhin dürften wegen der Ausgangssp­erre nicht allzu viele Menschen unterwegs sein.“

Am Abend fahren die Räumfahrze­uge der Stadt laut Jürgen Widmer bereits das zweite Mal durch die Nebenstraß­en. Für sie wird es eine kurze Nacht. „Um vier in der Früh werden sie wieder anfangen.“

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FOTO: REBECCA REINHOLZ Lena Reinholz und Freundin Vanessa schippen, was das Zeug hält. Sie helfen älteren und körperlich eingeschrä­nkten Menschen in Zech.
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FOTO: PRIVAT Lastwagen stecken im Schnee, wie hier an der Wildberger Steig.
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FOTO: JULE Was an Räumfahrze­ugen vorhanden ist, ist unterwegs.
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FOTO: FEUERWEHR Die Feuerwehr zersägt im Motzacher Wald am Donnerstag­mittag einen umgekippte­n Baum.
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FOTO: JULE Wer Richtung Österreich muss, darf durch, wer in Richtung München muss, nicht.

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