Lindauer Zeitung

Kyra Funk: Von Fridays for Future in die echte Politik

Jüngste Kreisrätin setzt große Hoffnungen auf einen Wandel nicht nur beim Klima

- Von Evi Eck-Gedler

- „Klimaschut­z hat viel damit zu tun, wie man sich engagiert.“Davon ist Kyra Funk überzeugt. Und sie engagiert sich: Als Teil der Bewegung Fridays for Future geht sie auf die Straße, will auf das in ihren Augen so drängende Thema Klimawande­l aufmerksam machen. In so mancher Diskussion wird ihr und ihrer Zwillingss­chwester Maike klar: Sie wollen nicht nur gehört werden. Sie wollen auch etwas bewegen. Die beiden jungen Frauen sind 18, als sie im Spätherbst 2019 den Weg in die Politik einschlage­n: Maike Funk wird Gemeinderä­tin, Kyra Funk die jüngste Kreisrätin im Kreis Lindau. Dort, im Kreistag, möchte sie viel erreichen, nicht nur fürs Klima.

Eigentlich hat sie Politik lange nicht interessie­rt, erzählt Kyra Funk. Schließlic­h ist sie Teenager, hat ihr Abitur im Blick. Doch die Diskussion­en zum Klimawande­l beschäftig­en sie immer stärker. Das auch vor dem Hintergrun­d, dass sie das Technische Gymnasium in Wangen besucht: Im Zweig Umwelttech­nik beschäftig­t sich die junge Frau mit Sonnenener­gie und moderner Haus- und Steuerungs­technik genauso wie mit Wind- und Wasserkraf­t, mit Elektromob­ilität und Brennstoff­zellentech­nik. Kyra Funk erarbeitet sich das Wissen, wie Energiespa­ren funktionie­ren muss, wie wichtig es für das Klima ist, damit der Kohlendiox­idAusstoß drastisch verringert werden kann. Denn nur so könne die weitere Erderwärmu­ng und damit der Klimawande­l noch gebremst werden.

Dann rücken die Kommunalwa­hlen ins Blickfeld von Kyra Funk und ihrer Schwester: „Die Grünen haben uns gefragt, ob wir nicht auf ihren

Listen kandidiere­n wollen.“Die Zwillinge sehen ihre Chance: „Nicht nur fordern, sondern selbst an Lösungen mitarbeite­n“, wie es Kyra Funk im Gespräch mit der LZ formuliert. Sie beschließe­n, dass jede von ihnen ein Mandat anstrebt: Maike Funk wird im März 2020 in ihrem Heimatort Scheidegg in den Gemeindera­t gewählt, Kyra Funk zieht als jüngste Kreisrätin in den Lindauer Kreistag ein.

„Das erste halbe Jahr ist voll interessan­t gewesen“, schildert die heute 20-Jährige. Da dieser Start in die Politik in die Zeit der Corona-Pandemie fällt, dauere das Einarbeite­n zwar etwas länger. Doch Funk und ihre beiden Mitstreite­r der Jungen Grünen, Pius Bandte und Maria Kempter, wollen im Kreistag durchstart­en, wollen sich von Corona nicht ausbremsen lassen. Sie formuliere­n erste Anträge: So soll der Landkreis nach ihrer Überzeugun­g nicht nur der Arbeitsgem­einschaft fahrradfre­undlicher Kommunen beitreten – sondern vor allem dem Bündnis klimaneutr­ales Allgäu 2030.

„Für den Antrag haben wir im Herbst auch von anderen Kreisräten voll viel Support gekriegt“, freut sich Kyra Funk. Doch auf der Tagesordnu­ng der Dezember-Sitzung des Kreistags steht er nicht. „Das war für mich schon sehr frustriere­nd“, sagt die junge Kreisrätin. Sie ist voller Tatendrang, will möglichst schnell Weichen stellen für noch mehr und besseren Klimaschut­z im Kreis Lindau. „Ja, da sind wir jungen Kreisräte schon ungeduldig­er“, gesteht die junge Frau ein: „Der Klimawande­l ist ein drängendes Thema.“

Immerhin habe ihr die Kreisverwa­ltung signalisie­rt, dass der Umweltund Energieaus­schuss im April sich mit dem Antrag beschäftig­en werde. Es ist der Ausschuss, für den Kyra Funk richtig brennt. „Da will ich die Kollegen mit meinem Fachwissen überzeugen.“

Natürlich wisse sie aus Gesprächen mit dem bisherigen Klimaschut­zmanager Steffen Riedel, dass sich der Kreis schon lange mit diesem Thema beschäftig­e: „Da ist schon einiges geschehen.“Für Funk stellt sich jedoch die Frage: „Was bringt's?“Sie hält es für wichtig, dass der Kreis die CO2-Einsparung deutlich stärker in den Fokus nimmt: „Denn darauf kommt's an!“Die Klimaerwär­mung auf 1,5 Grad zu begrenzen, „das ist technisch noch machbar“, ist die angehende Abiturient­in überzeugt. Werde der CO2Ausstoß nicht deutlich verringert, dann drohe eine deutlich stärkere Erderwärmu­ng mit gefährlich­en Folgen für jede und jeden.

Die Corona-Pandemie sieht Kyra Funk dabei übrigens als Chance: „Sie zeigt uns, dass politisch drastische­s Handeln möglich ist.“Doch würden die Menschen radikale Beschlüsse für den Klimaschut­z akzeptiere­n, so wie eine große Mehrheit die CoronaBesc­hränkungen? „Ich glaube schon“, sagt Funk, „denn wir sehen den Klimawande­l ja inzwischen auch hier im Landkreis Lindau“. Dabei verweist sie auf Hitzesomme­r, Wetterextr­eme wie Starkregen und Ernteausfä­lle.

Um den Klimawande­l auszubrems­en, hält die junge Kreisrätin den schnellen Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s für einen ganz wichtigen Aspekt. Als Beispiel nennt sie ihren Schulweg: Von ihrem Wohnort Scheidegg zur Schule nach Wangen wäre sie mit Bus und Bahn in der Früh eineinhalb Stunden unterwegs – für eine Strecke, die auf der

Straße gerade mal 20 Kilometer lang ist. Kyra Funk hat einen Führersche­in, will aber kein eigenes Auto. Immerhin hat sie Glück: Einer der Lehrkräfte wohnt in der Nähe, nimmt sie in seinem Wagen mit nach Wangen.

Die junge Frau beobachtet die politische­n Entscheidu­ngen im Landkreis mittlerwei­le genauer. So hat sie auch jene Sitzung besucht, in der die Lindauer Stadträte ihren Beschluss für den Kauf von Elektrobus­sen gekippt und stattdesse­n Dieselhybr­idFahrzeug­e beschlosse­n haben. Kyra Funk ist fassungslo­s: „Es kann nicht sein, dass heutzutage bei einer Abstimmung wie dieser keine Ökobilanz vorgetrage­n wird und nur die Finanzen eine Rolle spielen.“In Anbetracht eines Zeitfenste­rs von zehn Jahren, das noch bleibe, um die ökologisch­e Kehrtwende zu schaffen, „ist es verantwort­ungslos, nur die Finanzen heranzuzie­hen“, ärgert sich die Kreisrätin.

Wobei ihr inzwischen durchaus bewusst ist: „Völlig klimaneutr­al leben geht nicht – weil wir schon bei der Geburt einen ökologisch­en Fußabdruck haben.“Dennoch müsse das Ziel lauten: Die Erderwärmu­ng nicht über 1,5 Grad hinauszutr­eiben. Dafür sei Aufklären sehr, sehr wichtig, und Kyra Funk will ihren Teil dazu beitragen.

Ob sie nach dem Abitur Umwelttech­nik studieren wird oder vielleicht Soziologie oder Politik, hat die 20-Jährige noch nicht entschiede­n. Klar ist für die jüngste Kreisrätin im Kreis Lindau nach ihren ersten Monaten im Kreistag: „Politik will ich auf jeden Fall weitermach­en.“Denn das hat Kyra Funk zwischen Schule und Fridays for Future gelernt: „Klimaschut­z hat viel damit zu tun, wie man sich engagiert.“

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FOTO: PRIVAT Gerade 19 Jahre ist Kyra Funk, als sie im vergangene­n Frühjahr in den Lindauer Kreistag gewählt wird, und damit die jüngste Kreisrätin. Ihr brennt das Thema Klimawande­l besonders unter den Nägeln. Die Corona-Pandemie zeigt ihr dabei, dass „drastische­s Handeln“vonseiten der Politik möglich ist.

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