Opposition fordert einen Rettungsschirm für die Kultur
Grüne, SPD und FDP wollen Kunst- und Kulturschaffenden helfen – und kritisieren die Staatsregierung
- Mit einem „Sechs-Punkte-Akut-Katalog“wollen die Oppositionsfraktionen von Grünen, SPD und FDP im bayerischen Landtag die notleidende Kulturszene über die Pandemie retten. Für die FDP unterstrich der ehemalige Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch am Freitag in München die Bedeutung der Kulturhilfen: „Ohne Kultur wird der Freistaat Bayern in seiner jetzigen Ausprägung nicht lange bestehen.“Der Katalog basiert auf einer Anhörung von Kulturschaffenden im Dezember.
Die drei Fraktionen fordern dauerhafte Unterstützung in Form der SoloSelbstständigen-Hilfen für den Kulturbereich. Die Hilfen in Höhe des Existenzminimums von 1180 Euro endeten zum Jahreswechsel. Es müsse Schluss sein mit dem Hin und Her um solche Hilfen, forderte die GrünenKulturpolitikerin Sanne Kurz. Die drei Fraktionen verlangen, sich schon jetzt über die Zeit nach Abklingen der Pandemie Gedanken zu machen. Wenn die Zahlen nach unten gehen, sei es zu spät, die Weichen für Kulturfrühling und -sommer zu stellen, sagte Volkmar Halbleib von der SPD. Es sei sehr wohl planbar, was bei welchen Infektionswerten gemacht werden könne.
Analog zum Film-Ausfallfonds soll sich die bayerischen Staatsregierung nach dem Willen von Grünen, SPD und FDP auf Bundesebene für einen Kultur-Ausfallfonds einsetzen. Weil keine Versicherung in der Pandemie mehr Risiken von Kulturveranstaltungen tragen wolle, müsse dies dieser Fonds übernehmen. Der FilmFonds trage bereits erfolgreich zum Weiterbetrieb der Filmwirtschaft bei.
Die Kulturpolitiker zeigten sich überzeugt, dass das Infektionsgeschehen bei Kulturveranstaltungen beherrschbar ist. Pilotprojekte hätten ergeben, dass diese Veranstaltungen keinesfalls Superspreader-Events seien, so Kurz. Die Regierung müsse daher den Weg freimachen für einen Neustart im Notbetrieb, aber ohne pauschale Deckelung der Publikumsgröße, so eine Forderung des KulturUnterstützungskatalogs. Der bayerische Sonderweg der pauschalen Deckelung sei ein Irrweg" Die Kulturbranche sollte zudem durch die Anerkennung der digitalen Gästeregistrierung unterstützt werden. Bisher seien die Daten nur marginal zur Pandemiebekämpfung genutzt worden.
Die oppositionellen Kulturpolitiker ärgern sich auch über die Ungleichbehandlung von kulturellen und wirtschaftlichen Aktivitäten. Dem Publikum sei vermittelt worden, bei Kulturveranstaltungen drohe mehr Gefahr als anderswo. Er habe sich bei einer Aufführung des Mainfranken-Theaters so sicher gefühlt „wie zu Hause auf dem Sofa“, sagte Halbleib.
Wenn sich jemand gegen Corona habe impfen lassen, müsse er auch ein Recht haben, Spielstätten zu besuchen, sagte der FDP-Parlamentarier Heubisch. Private Theaterbetreiber seien ohnehin frei in ihrer Entscheidung, wenn sie einließen. Er hoffe, dass es in der Bevorzugung Geimpfter keine Unterschiede zwischen staatlichen und nicht staatlichen Theatern geben werde, so Heubisch.
Das wollte die Grünen-Kulturpolitikerin Kurz nicht stehen lassen. Man müsse Diskriminierungen vermeiden, so Kurz. Eine solche sieht die Grünen-Politikerin, wenn ältere Menschen, die nach den Impfplänen früher immunisiert werden, Theater und Kinos bevölkern könnten, während „die Jüngeren zu Hause bleiben müssen“.
Ex-Kunstminister Heubisch ist mit seinem Amtsnachfolger Bernd Sibler (CSU) in Kultrurangelegenheiten ganz und gar nicht zufrieden. Er könne nicht verstehen, warum Sibler angesichts der existenziellen Bedrohung der Kulturszene in Bayern „fast dienerisch seinem Herrn folgt und nicht seine Stimme erhebt“.