„Ich denke wir sind auf einem guten Weg“
Gemeinderätin Nina Ehrle will sich für das seniorengerechte Wohnen stark machen
– „Frauen und speziell junge Mütter haben eine andere Sichtweise auf viele Dinge. Ich habe zwar keine Ahnung von Kanalisationsarbeiten und vertraue meinen Kollegen sehr, wenn es um bauliche Dinge geht. Im Gegenzug habe ich das Gefühl, sie vertrauen mir, wenn ich ein Thema anschneide, in dem ich besser informiert bin. Und genau diese Mischung ist es“, sagt Nina Ehrle. Die 32-Jährige ist seit dem Frühjahr für die Unabhängige Liste Sigmarszell (UNS) im Gemeinderat.
Und zwar nicht, um „Ja und Amen“zu sagen. „Ich bin in den Gemeinderat gegangen, weil ich klare Ziele habe“, sagt sie. „Ich bin ein positiver und kommunikativer Mensch. Ich habe eine gesunde Familie, wofür ich sehr dankbar bin, ich habe Energie – und die stecke ich gern in sinnvolle Dinge.“Die generelle Situation in Sigmarszell sei gut: „Wir haben keine erheblichen Probleme. Wir haben großartige soziale Einrichtungen, schöne Kindergärten und Spielplätze, vielfältige Vereine, und fast alles in dreifacher Ausführung. Das alles ist neben den Dauerbrennern wie dem Feuerwehrhaus in Niederstaufen, Bau-, Gewerbe- und Mischgebieten wichtig, und ich habe es immer auf dem Radar. Aber gerade, weil es uns gut geht, wäre es die perfekte Zeit unsere Energie in ein großes Thema zu setzen.“
Sie spricht von ihrer persönlichen Herzensangelegenheit, die in Anbetracht der Tatsache, dass sie junge Mutter von drei kleinen Töchtern ist, eher überrascht. Es geht ihr um seniorengerechtes Wohnen in Sigmarszell,
um Leben in der Heimat bis zum Schluss. „Es ist wichtig, dass wir den Blick auf das große Ganze haben, beispielsweise die Betreuungsplätze für Kinder an vermehrte Bautätigkeiten anpassen. Das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Aber es wäre auch schön, wenn Sigmarszeller Bürger hier sorgenfrei alt werden könnten. Dazu müssen wir ein Projekt für seniorengerechtes Wohnen in Sigmarszell realisieren.“Die Vorarbeit dafür sei bereits geleistet. „Die ersten Schritte sind getan. Wir müssen uns auf die Hinterfüße stellen und Gas geben. Es gibt definitiv großes Potential dafür in Sigmarszell – explizit auch gerade in Schlachters. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich hier alt werden dürfte.“Ein weiteres wichtiges Thema für Nina
Ehrle sei die Digitalisierung und Modernisierung der Kommunikationswege. „Ich finde, dass Sigmarszell einen kleinen Schubs benötigt was das angeht. Es gibt eine Homepage, auf der steht das Nötigste drauf, aber es gibt keinen weiteren digitalen Weg über den kommuniziert wird. Beispielsweise könnten wir Stellenausschreibungen über die sozialen Medien verbreiten, und ich finde, dass wir mit den jungen Leuten mehr kommunizieren müssen.“Dennoch sei sie dafür, die klassischen Wege der Kommunikation wie das Amtsblatt beizubehalten, damit auch die Bürger ohne Smartphone und Internet die gleichen Informationen erhalten können.
Nina Ehrle ist mit ihrer Familie aus Achberg nach Witzigmänn in der Gemarkung Bösenreutin gezogen, als sie 15 Jahre alt war. Sie erzählt, dass sie „schicksalhaft“ihre ganze Jugend in Schlachters verbracht, schon Wurzeln geschlagen habe, lange bevor sie hier gewohnt hat. Ihr beste Freundin stammt aus Schlachters. Ehrle war Gründungsmitglied der Fußball-Mädchenmannschaft im TSV Schlachters. Nach der Schule hat sie eine Ausbildung im Autohaus Birk in Schlachters absolviert, danach dort gearbeitet. Vor etwa 15 Jahren hat sie ihren Mann kennengelernt, der aus Niederstaufen stammt, mit ihm und ihren Töchtern – dreijährige Zwillinge und eine Fünfjährige – lebt sie nun in Schlachters. „Schlachters ist mein Zuhause und die Heimat meiner Kinder“, sagt sie.
Nach ihre Ausbildung im Autohaus, in dem sie sehr gern gearbeitet habe, war sie für einige Monate als Au-pair auf den Seychellen, schrieb zeitgleich alle Fünf-Sterne-Häuser in
München an. Das Hilton lud sie ein, dort eine Ausbildung zur Hotelfachfrau zu absolvieren. Danach kam sie ins Allgäu zurück und arbeitete in der Tourismusbranche. Die erste Tochter kam zur Welt, dann die Zwillinge, und als die ein halbes Jahr alt waren, machte sie sich als freie Rednerin selbstständig. Nachdem sie im Freundeskreis bei freien Trauungen gesprochen hatte, bekam sie immer mehr Anfragen, erkannte eine neue Leidenschaft in sich, und beschloss, dieser einen festen Rahmen zu geben. Sie erstellte eine Homepage und war innerhalb von drei Monaten ausgebucht. „Ich war überwältigt. Das konnte ich nicht ahnen“, sagt sie. Ihre Freunde meinten „Nina, Du hast drei kleine Kinder und machst dich selbstständig? Wieso kommst du schon wieder aus deiner Komfortzone heraus?“Nina Ehrle lacht: „Diese Frage zieht sich durch mein Leben wie ein roter Faden.“Aber es habe sich immer gelohnt. Seither ist sie freie Rednerin für Hochzeiten, Trauerfeiern und Willkommensfeiern für Babys. „Ich suche immer das, was perfekt zu meinem Leben passt, das was gut ist für mein Seelenheil und mein Bauchgefühl. Manche denken, ich bin rastlos und unzufrieden. Aber ich sehe das genau andersherum. Gerade weil ich Situationen nicht aussitze und vor Veränderungen keine Angst habe, bin ich immer zufrieden mit meinem Leben.“Ihr Mann stehe bei allem hinter ihr. „Ohne ihn wäre ich auch nicht im Gemeinderat.“Sie seien von einem gutem Freund angesprochen worden, ob nicht einer von ihnen sich im Gemeinderat engagieren möchte. „Wir sind der Meinung gewesen, dass wir hier Gutes bewegen können, und haben uns darauf geeinigt, dass ich mich aufstellen lasse. Weil junge Frauen, speziell junge Mütter, in solchen Gremien immer fehlen.“
Zu den drei Kirchdörfern sagt sie: „Ich denke wir sind auf einem guten Weg. Jeder Ort soll seinen eigenen Charakter behalten, aber wir schauen auch über den Tellerrand hinaus.“
Die zwei Fraktionen sieht sie optimistisch: „Durch Reibung entsteht Wärme, und diese Energie entsteht dann auch in der Kommunikation. Natürlich sind wir nicht immer alle einer Meinung, aber wir respektieren uns gegenseitig. Es herrscht ein gutes Miteinander.“
Nach ihrem ersten halben Jahr staunt sie: „Obwohl ich eine Vorahnung hatte bin ich immer wieder überrascht, wie lange sich gewisse Themen ziehen können, und wie langsam verschiedene Schritte vorangehen. Ich bin aber überzeugt davon, dass wir unsere Arbeitsweise künftig optimieren können, damit wir nicht nur die angefangenen Projekte realisieren, sondern auch neue Projekte anstoßen können. Wir müssen Prioritäten setzen und nicht an zu vielen Stricken gleichzeitig ziehen. Lieber eine Handvoll Themen herausnehmen, Vollgas geben, die umsetzen und dann weitermachen.“
In logischer Folge will sie am Ende dieser Legislaturperiode sagen können: „Mein Optimismus war berechtig. Wir haben effektiv gearbeitet, Prioritäten gesetzt, fokussiert gearbeitet, viel fertigbekommen, haben uns in den Gemeinderatsitzungen auf das Wesentliche konzentriert, ohne unnötig auszuschweifen. Es ist schön, dass wir vor 23 Uhr aus den Sitzungen kommen, ohne dass die Qualität darunter leidet.“