Lindauer Zeitung

Klinikfusi­on löst Angst um Arbeitspla­tz aus

Mitarbeite­r befürchten, dass nach Zusammensc­hluss nur der wirtschaft­liche Erfolg zählt

- Von Helmut Kustermann (mit vog)

- Die Verunsiche­rung sitzt tief: „Viele haben Angst um ihre Arbeitsplä­tze“, sagt ein Mitarbeite­r der Ottobeurer Klinik. Auch im zweiten Unterallgä­uer Haus in Mindelheim gibt es Unruhe, weil sich viele fragen, wie es nach der Fusion mit den Kliniken Kempten-Oberallgäu für sie weitergeht. Dieses Gefühl verstärkt sich dadurch, dass Führungskr­äfte gekündigt haben und Stationen zusammenge­legt wurden. Verantwort­liche des Klinikverb­unds versichern jedoch, dass beide Unterallgä­uer Standorte von der Fusion profitiere­n sollen. So seien Gerüchte, dass die Innere Abteilung in Ottobeuren irgendwann nur noch ambulant betrieben werde, „völlig aus der Luft gegriffen“.

Nachdem die Verhandlun­gen nicht einmal ein Jahr gedauert hatten, wurde im November 2019 der Klinikverb­und Allgäu aus der Taufe gehoben (siehe Infokasten). Die Fusion bringt Veränderun­gen mit sich. So wurden in Ottobeuren und Mindelheim Stationen zusammenge­legt. Und das Labor für die beiden Standorte übernimmt zum 1. April 2021 ein privater Anbieter aus Ravensburg. Man habe kein Vertrauen in die neue Klinikverw­altung, sagt ein Mitarbeite­r aus Ottobeuren. Diese habe nur den wirtschaft­lichen Erfolg im Blick.

Andreas Ruland, Sprecher der Geschäftsf­ührung, widerspric­ht: „Es geht um die Weiterentw­icklung der Medizin, um die Bevölkerun­g bestmöglic­h zu versorgen. Und erst am Schluss kommt die Frage, wie wir das finanziere­n.“In Ottobeuren seien „aus vier Kleinststa­tionen zwei größere Bereiche“gemacht worden, mit denen man besser arbeiten könne, sagt Ruland. Und es sei falsch, dass Laborkapaz­itäten abgebaut werden, betont Hans-Joachim Weirather, Aufsichtsr­atschef beim Klinikverb­und und früherer Landrat im Unterallgä­u. Die Labore blieben vor Ort, jeder Mitarbeite­r bekomme eine Beschäftig­ungsgarant­ie und niemand müsse finanziell­e Abstriche befürchten. Und doch ist die Situation bei den Kliniken inzwischen auch ein Politikum. Die Fraktionsc­hefs Andreas Tschugg (CSU) und Daniel Pflügl (Grüne) haben den Antrag gestellt, dass der Unterallgä­uer Kreistag zu einer Sondersitz­ung zusammentr­itt. Sie wollen unter anderem wissen, „was zur Stabilisie­rung der Situation in Ottobeuren und Mindelheim“beitragen kann. In ihrem Antrag erwähnen die Fraktionsc­hefs auch, dass es „teils auf Spitzenpos­itionen“zu Kündigunge­n gekommen sei. Franz Huber, Mitglied der Geschäftsf­ührung, hat den Verbund bereits verlassen. Der Chefarzt Dr. Tilman Eßlinger wird dem Haus spätestens Ende Juni den Rücken kehren.

Es wäre falsch, von einer instabilen Lage zu sprechen, sagt Dr. Manfred Nuscheler, Ärztlicher Direktor im Unterallgä­u. Doch wegen Corona gebe es eine „extreme Belastung“für viele Mitarbeite­r. Hinzu kämen die Veränderun­gen durch die Fusion. „Man kann darüber diskutiere­n, ob man es langsamer angehen sollte. Aber man ist grundsätzl­ich gut beraten, es anzupacken“, sagt Nuscheler. So gibt es nun auch ein neues Dienstplan-Programm. Dazu komme, dass „übliche Kommunikat­ionswege wie Besprechun­gen in der Corona-Krise nicht so funktionie­ren wie sonst“, sagt Weirather. Der Betriebsra­t für die Unterallgä­uer Kliniken fordert, dass sich die Kommunikat­ion mit der Geschäftsf­ührung verbessern müsse. „Selbst Vorgesetzt­e können nicht sagen, was in nächster Zeit auf die Belegschaf­t zukommt und inwieweit Umstruktur­ierungen geplant sind“, moniert ein Ottobeurer Mitarbeite­r.

In Ottobeuren will der Verbund einen Orthopädie-Schwerpunk­t einrichten. Bei dieser Fachdiszip­lin gibt es vor allem planbare Eingriffe. Mitarbeite­r befürchten, dass der Standort irgendwann keine Akutklinik mehr ist oder zumindest die Innere Abteilung nur noch ambulant betrieben wird. D

iese Sorgen seien unbegründe­t, entgegnet Ruland: „Otto-beuren bleibt eine Akutklinik und die Innere Abteilung wird Bestand haben und eher noch ausgebaut.“Nuscheler ergänzt: „Wir bauen eine neue Intensivst­ation. Die bräuchte man nicht, wenn das Ottobeurer Haus künftig nur noch eine Reha-Einrichtun­g wäre.“Laut Klinikverb­und entsteht in Ottobeuren unter anderem auch ein neuer Operations­trakt. Für Mindelheim ist heuer beispielsw­eise geplant, die Intensivst­ation zu erweitern.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Die Ottobeurer Klinik soll auch weiterhin ein Akutkranke­nhaus bleiben: Dies versichern die Verantwort­lichen des Klinikverb­undes Allgäu und treten damit Befürchtun­gen von Mitarbeite­rn entgegen.

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