Lindauer Zeitung

Die kleinen Hilfen unterschät­zt

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Deutschlan­d bleibt im Lockdown – ein Überraschu­ng ist das nicht. Es war absehbar, dass sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpr­äsidenten nicht auf Lockerunge­n verständig­en werden, wenn die Zahl der Neuinfekti­onen immer noch hoch ist und mutierte, noch aggressive­re Viren im Umlauf sind. Die Regierungs­chefs setzen weitgehend auf die mehr oder weniger bewährten Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie – Kontaktbes­chränkunge­n, geschlosse­ne Geschäfte, noch mehr Homeoffice, medizinisc­he Masken und Abstand. Über den Schulunter­richt wurde wie gehabt gestritten. Immerhin erschien es der Runde nicht notwendig, die Einschränk­ungen drastisch zu verschärfe­n. Das ist die gute Nachricht des Tages.

Vielen Schülern und deren Eltern dürfte es aber derzeit schwerfall­en, noch irgendetwa­s positiv zu sehen. Die Wissenslüc­ken durch den Fernunterr­icht werden trotz aller Mühen Tag für Tag größer. Auch für Einzelhänd­ler und Selbststän­dige, die zum Teil durch das Raster der Hilfen fallen, ist es kein Trost, dass der Lockdown zunächst bis zum 14. Februar befristet ist. Denn der Glaube an eine normalere Zukunft wird mit jeder weiteren Verlängeru­ng der Beschränku­ngen auf eine harte Probe gestellt.

Die Regierung erweckt den Eindruck, als habe sie auf ihrem Weg durch die Krise die praktische­n Hilfen im Alltag vernachläs­sigt. Ein Beispiel: Wenn es doch belegt ist, dass FFP2-Masken Träger und Umgebung besser schützen, wieso ist es dann nicht generell Pflicht, sie in Bus und Bahn zu tragen? Sie kostenlos an Bedürftige zu verteilen, wäre in Anbetracht der anderen Ausgaben kaum ins Gewicht gefallen. Auch den Wert von Schnelltes­ts haben Bund und Länder monatelang zu gering geschätzt – obwohl sie geeignet sind, Infektions­ketten frühzeitig zu unterbrech­en. Diese Versäumnis­se lassen sich nicht mehr rückgängig machen – und viele Hochbetagt­e in Heimen haben mit ihrem Leben dafür bezahlt. Die Menschen haben bislang viel Geduld für solche Fehler im Krisenmana­gement aufgebrach­t. Sie dürfte sich aber allmählich erschöpfen.

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