Auf Trump wartet die harte Realität
Gerichtsverfahren, Imageverlust, Schulden – Der scheidende US-Präsident steht vor einem Scherbenhaufen
- Auf Donald Trump kommen schwere Zeiten zu, rechtlich wie geschäftlich. Während er die nächsten Wochen in seinem Strandclub Mar-a-Lago verbringt, wartet in New York, seiner Heimatstadt, der Staatsanwalt Cyrus Vance. Der Jurist bereitet eine Klage gegen den Altpräsidenten vor, der mit dem Verlassen des Weißen Hauses auch seine juristische Immunität verliert.
Zum einen soll sich Trump für die zunächst verheimlichten, später von seinem Ex-Anwalt Michael Cohen dokumentierten Schweigegelder verantworten, die er 2016 an die Pornodarstellerin Stephanie Clifford alias Stormy Daniels und das PlayboyModel Karen McDougal zahlen ließ. Mit beiden hatte er Affären, die er unter den Teppich zu kehren versuchte. Da das teuer erkaufte Schweigen der Frauen seiner Präsidentschaftskampagne nützte, legt ihm Vance unterschlagene Wahlkampffinanzierung zur Last. Zudem hat er Steuerunterlagen angefordert. Gut möglich, dass Trump, der in manchen Jahren nur 750 Dollar an Einkommensteuer überwies, auch wegen Steuerhinterziehung belangt wird.
Unabhängig davon, wie das Kapitel ausgeht, muss er fürchten, dass sein Business-Imperium zerbröselt. Indem er zum Sturm auf das Kapitol anstiftete, hat er langjährige Geschäftspartner aus Sorge um das eigene Image dazu gebracht, die Reißleine zu ziehen. Wie es endet, mit einem Bankrott des Milliardärs oder womöglich sogar mit einem Comeback dank ausländischer Hilfe, bleibt abzuwarten.
Zu kämpfen hatte die Trump-Organisation schon seit Längerem. Ihre Hotels schreiben tiefrote Zahlen, seit die Pandemie das Reisen erschwert. Einige waren zuvor schon chronisch defizitär, etwa das National Doral, ein Komplex mit 643 Zimmern und dazugehöriger Golfwiese am Rande Miamis, in dem der US-Präsident 2019 einen G7-Gipfel ausrichten wollte, bevor er es sich anders überlegte. In New York und San Francisco durchkreuzte die Epidemie einen Plan, der viele Millionen in die Kassen des angeschlagenen Konglomerats spülen sollte. Zwei Bürotürme, der eine in Manhattan, der andere im Zentrum der Pazifikmetropole, sollten verkauft werden. Der Immobilienfonds
Vornado, dem sie zusammen mit Trump gehören, hatte sich satte Gewinne versprochen, nachdem die Preise vor allem in San Francisco lange Zeit immer nur gestiegen waren. Dann stellte sich mit der Seuche die Frage, wie viel Büroraum überhaupt noch gebraucht wird. Da sich kein Käufer für die Hochhäuser fand, machte Vornado im November einen Rückzieher. Und damit zerschlug sich die Hoffnung Trumps, durch zwei glänzende Geschäfte auszugleichen, was sich ansonsten an Verlusten ansammelte.
Seit dem 6. Januar hat sich die Lage akut zugespitzt, denn jetzt geht es um Grundsätzliches. Im Großen und Ganzen sind es vermögende Privatkunden,
die in seinen Hotels übernachten, seine Wohnungen mieten oder kaufen, in seinen Golfclubs die Mitgliedsbeiträge entrichten. Nun zeichnet sich ab, dass die betuchte Klientel auf Distanz geht zu einem Brandstifter, der einen Mob aufwiegelte, weil er sich mit seiner Wahlniederlage nicht abfinden konnte. Damit würde es zumindest in Amerika nicht mehr funktionieren, das Geschäftsmodell, das maßgeblich auf der Vermarktung des Namens Trump beruht.
Schon jetzt ist einiges zusammengekommen. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio kündigte die Verträge der Stadt mit der Trump-Organisation für den Betrieb eines Golfplatzes
in der Bronx und zweier Eislaufflächen im Central Park. Cushman & Wakefield, einer der weltweit größten Makler von BüroImmobilien, kappte sämtliche Kontakte. Die New Yorker Bank Signature, in deren Aufsichtsrat einst Ivanka Trump saß, gab ebenfalls ein Ende der Geschäftsbeziehung bekannt. Und die Deutsche Bank teilte mit, dass sie der Trump-Gruppe kein Geld mehr leihen werde.
Damit kommt dem Familienunternehmen der Rettungsring abhanden, mit dessen Hilfe es sich in rauer See über Wasser halten konnte. Nach einer Pleitewelle Trumps in der Casinostadt Atlantic City hatten die großen amerikanischen Finanzinstitute kalte Füße bekommen und weitere Kredite verweigert. Die Deutsche Bank sprang in die Bresche und avancierte mit den Jahren zur größten Gläubigerin des scheidenden Präsidenten. Laut „New York Times“steht er bei ihr mit rund 400 Millionen Dollar in der Kreide, für die er persönlich haftet. Insgesamt belaufen sich seine Schulden auf rund 1,1 Milliarden Dollar. Vier Fünftel der Summe stehen in den nächsten vier Jahren zur Rückzahlung an.
Die Notbremse zog auch die Professional Golf Association (PGA), die 2022 eines ihrer prestigeträchtigen Meisterschaftsturniere in Bedminster, Trumps Club in New Jersey, ausrichten wollte. Um Schaden von der Marke PGA abzuwenden, wird sie nun auf einen anderen Ort ausweichen. Trump dürfte das nicht nur als Schlag ins Kontor, sondern geradezu als Demütigung empfinden. Mit einem seiner Plätze in die GolfSpitzenliga aufzusteigen war ein Ziel, das er seit Jahren anstrebte.
Nach den Krawallen am Kapitol wird die Vereidigung des neuen US-Präsidenten Joe Biden unter stark verschärften Sicherheitsbedingungen stattfinden. Die Veranstalter halten sich mit Informationen über genaue Uhrzeiten bedeckt. Bekannt wurde zumindest der grobe Ablauf der Veranstaltung, die üblicherweise Menschenmassen ins Zentrum von Washington lockt – aber diesmal allein schon wegen Corona viel kleiner ausgefallen wäre. Das offizielle Programm beginnt um 10 Uhr Ortszeit (16 Uhr MEZ) mit einem Livestream, der speziell an junge Amerikaner adressiert ist. Dabei soll es unter anderem eine Botschaft der künftigen First Lady Jill Biden geben. Eine Uhrzeit für die Vereidigung und die Ansprache von Joe Biden wurde bisher nicht genannt, sie wird zwischen 11.30 und 12.30 Uhr Ortszeit (17.30 bis 18.30 Uhr MEZ) erwartet. Im Stream ist sie unter https://BidenInaugural.org/ watch zu sehen. Danach inspiziert Biden als Präsident neben dem Kapitol Einheiten des US-Militärs – und wird einen Kranz am Grab des Unbekannten Soldaten auf dem Nationalfriedhof Arlington niederlegen. Zum Abschluss gibt es ab 20.30 Uhr Ortszeit (2.30 Uhr am Donnerstag MEZ) eine rund 90-minütige Feier mit Konzertprogramm. (dpa)