Umweltschützer fordern Agrarwende
Bund Naturschutz, Tier und Mensch und Parents for Future treffen sich zu Mahnwache
(lz) - Jährlich strömen zur Grünen Woche zehntausende Menschen nach Berlin, um bei der Großdemo „Wir haben es satt“einen Systemwechsel in der Landwirtschaft zu fordern. Da die Veranstaltung heuer coronabedingt ausfiel, fand als Ersatz eine symbolische Aktion statt, um erneut auf die Forderungen zu Umwelt-, Arten-, Tier- und Klimaschutz aufmerksam zu machen. Unterstützt wurde die Aktion durch zahlreiche lokale Mahnwachen – so auch in Lindau.
In Lindau wandten sich Vertreter des Bund Naturschutz (BN), der Arbeitsgruppe Tier und Mensch und der Parents for Future mit ihren Forderungen, die auf bunten Fußabdrücken, Bannern und Infotafeln dargestellt waren, an die Bürger und Politiker, teilen die Umweltschützer mit.
Man betrachte mit Sorge den enormen Artenschwund, der durch Pestizide und starke Düngung verursacht wird. „Die Zerstörung unserer Umwelt durch die inzwischen industriell arbeitende Landwirtschaft ist ganz besonders hier im Bodenseeraum im Obstanbau sichtbar“, sagt Claudia Grießer, Geschäftsführerin des BN. Die Forderung: Verursacher sollen für die Folgekosten der Umweltschäden an Böden, Wasser und Luft aufkommen, um einen schnellen Umbau zu einer nachhaltigen Landwirtschaft einzuleiten.
Der stellvertretende Vorsitzende Maximilian Schuff wies auf Gesundheitsgefahren hin: Massentierhaltungen seien Brutstätten von Infektionskrankheiten und Antibiotikaresistenzen. Auch Seuchen können hier entstehen, mahnte er. Der BN ruft die Bevölkerung daher dazu auf, bei lokalen Biobauern, saisonal und fair einzukaufen und die „Geiz ist geil“-Mentalität abzulegen, heißt es weiter.
Die Auswirkungen der Massentierhaltungen nahm Tierärztin Karin Ulich von Tier und Mensch ins Visier: „Massentierhaltung von Rindern, Schweinen, Geflügeltieren und Fischen bedeutet unfassbare Tierquälerei, unvereinbar mit dem deutschen Tierschutzgesetz!“Riesige Tierfabriken geben den Takt vor für Billigstpreise und Überproduktion, mit denen Bauern kaum konkurrieren können, kritisiert sie. Massentierhaltung
trage maßgeblich zur Vernichtung von Lebensgrundlagen bei durch Unmengen an Gülle, die das Wasser in Flüssen, Seen, Meeren und das Grundwasser vergiften und die Luft mit Feinstaub belasten, so Ulich. Der Futtermittelanbau verschlinge riesige Flächen, vorwiegend im Amazonasgebiet, wo die Urwälder weichen müssen. Intensive Bewirtschaftung zerstöre Boden, Natur und bäuerliche Existenzen.
Jörg Weißenborn und Andrea Künst von Parents for Future fordern eine Agrarwende mit dem Hinweis auf den starken Einfluss der Agrarindustrie auf die Klimaerwärmung, besonders durch Massentierhaltung. „Die dafür nötigen Futtermittel, vor allem Soja, das in Südamerika zur Abholzung des Amazonasregenwaldes beiträgt, treiben den Klimawandel an. Wenn der Amazonas immer mehr verschwindet, kann diese Lunge
der Erde ihre Funktion nicht mehr erfüllen“, betont Weißenborn. Internationale Handelsabkommen wie Mercusor dürften nur abgeschlossen werden, wenn der Schutz von Umweltund Menschenrechtsstandards gewährleistet sei, so Künst.
Ein Video der Aktion gibt es unter https://youtu.be/ WdkLXZuAlMQ