Zeit für neue Hoffnungsträger
Beim Aufsteiger-Duell in Bielefeld muss der VfB Stuttgart ohne seine besten Angreifer auskommen
- Die Bilder vom letzten Aufeinandertreffen des VfB Stuttgart mit Arminia Bielefeld wirken wie aus einer anderen Zeit. Im Prinzip sind sie das auch. Montagabend, Zweitligafußball, 55 000 Zuschauer in der Mercedes-Benz-Arena, Mario Gomez als Torschütze. Dabei liegt das 1:1 vom 9. März 2020 noch nicht einmal ein Jahr zurück. Es war die letzte Partie vor dem ersten Corona-Lockdown, das letzte Bundesligaspiel überhaupt, bei dem ein volles Stadion erlaubt war. „Das fühlt sich extrem lange her an. Wir leben ein sehr kurzweiliges Geschäft, da wirken zwei Wochen schon mal wie zwei Monate. Und dieses eine Jahr fühlt sich an wie fünf“, sagt VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo beim Blick zurück und wird fast schon zum Philosophen: „Für mich misst sich Zeit durch Momente, die man erlebt. Und im Fußball erlebt man sehr viele extreme und emotionale Momente.“
Dass sich in den vergangenen zehn Monaten viel verändert hat, wird beim Wiedersehen der beiden Aufsteiger am Mittwochabend (20.30 Uhr/Sky) schon allein deshalb offenkundig, weil die Ränge auf der Bielefelder Alm wieder einmal leer bleiben. Doch auch was die Ausgangslage der beiden Kontrahenten angeht, hat sich einiges getan. Zweitliga-Meister
Bielefeld hatte sich in der Vorsaison deutlich vor Stuttgart und souveräner als der Aufstiegsfavorit den Sprung in die Bundesliga gesichert. Dort allerdings finden sich die Schwaben nun aber besser zurecht als das Team von Trainer Uwe Neuhaus. Mit 22 Punkten aus 16 Spielen belegt der VfB aktuell Rang zehn. „Das ist nicht beruhigend, aber bestärkend“, sagt der Trainer. Die Bielefelder stecken mit 14 Zählern hingegen voll im Abstiegskampf. „Ich möchte die Entwicklungsgeschwindigkeit nicht vergleichen. Wir haben sehr gute Schritte gemacht, was unser Spiel angeht und was die Qualität der einzelnen Spieler angeht“, sagt Matarazzo und lobt den kommenden Gegner: „Sie machen auch einen sehr guten Job in der ersten Bundesliga.“
Deshalb möchte der 43-Jährige von einer Favoritenstellung des VfB auch nichts wissen. „Wir sind auch ein Aufsteiger. Den Druck, dass wir gewinnen müssen, nehmen wir nicht an.“Siegen müssen nicht, wollen schon. So selbstbewusst sind die Schwaben dann doch nach den überzeugenden Leistungen in den vergangenen Wochen. „Wir haben eine sehr gute Entwicklung genommen und sind an einem Punkt, an dem wir mit allen Gegnern mithalten und sie auch schlagen können“, meint der Trainer. In Bielefeld gebe es die Möglichkeit, „die nächsten drei Punkte zu holen“.
Erschwert wird dieses Vorhaben aber durch zwei Gelbsperren. In Ostwestfalen muss Matarazzo auf seine beiden erfolgreichsten Angreifer Silas Wamangituka (hat mit neun Toren nur einmal weniger getroffen als die gesamte Bielefelder Mannschaft) und Nicolas Gonzalez (sechs Treffer) verzichten. Wer die beiden ersetzen wird, ließ der Trainer am Dienstag noch offen: „Natürlich habe ich ein, zwei Möglichkeiten im Kopf. Ich freue mich, dass ein paar andere Spieler die Chance haben werden, sich zu zeigen.“Sehr wahrscheinlich ist, dass er auf zwei Spieler setzen wird, die beim Zweitliga-Duell im vergangenen März keinerlei Rolle spielten: Sasa Kalajdzic (damals am Knie verletzt) und Tanguy Coulibaly (nicht in Form). Sie könnten für den VfB beim Hinrundenabschluss am Mittwochabend wichtige Hoffnungsträger werden – und für die nächsten emotionalen Momente sorgen.