Vorbild Venedig: Kulturamt plant Lindau-Biennale
Unter dem Titel „In Situ Paradise“gibt es von Mai bis September Kunst auf Plätzen und Innenhöfen der Insel
(lz) - Die Lindauer Insel hat etwas Paradiesisches. Gartenschau und Chagall-Ausstellung verstärken diesen Effekt. Hinzu kommt heuer eine große Schau moderner Kunst. Lindau orientiert sich dabei an einem großen Vorbild.
Auf der Insel Venedig versammelt sich alle zwei Jahre die Kunstwelt. Sowas plant Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn auch in Lindau, wenn auch eine deutliche Nummer kleiner. Die Idee für die erste LindauBiennale: Unter dem Motto „In Situ Paradise“soll zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum die Lindauerinnen und Lindauer sowie ihre Gäste nachhaltig inspirieren und helfen, dem Thema „Paradies“auf die Spur zu kommen.
Die Wege ins Paradies sind unterschiedlich, einer führt über die Kunst. Das Kulturamt hat die Kuratorin Sophie-Charlotte Bombeck an den Bodensee geholt, um mit ihr die erste Lindau-Biennale auf die Beine zu stellen. Was hinter dem Titel des Kunstfestivals steht, verrät die 29-Jährige: „In Situ Paradise lädt die Menschen dazu ein, gemeinsam Orte zu entdecken und mitzugestalten.“Dabei sind von Mai bis September Werke im öffentlichen Raum zu sehen. Die Kunstfreunde können sich aber auch von Interventionen, Happenings und Performances überraschen und inspirieren lassen.
„Kunst kann die Sinne aktivieren und Denkprozesse in Bewegung setzen“, ist Kuratorin Bombeck sicher. „Kunst ist einer der wichtigsten, vielleicht einer der letzten Orte, an denen sich die Gesellschaft widerspiegelt. Ich glaube, dass Kunst die Sicht auf die Welt verändert und Impulse
geben kann. Es geht darum, sich der Kunst auszusetzen. Nur dann können wir etwas über die ästhetische Qualität des jeweiligen Kunstwerks lernen. Die Kunstwerke sind dabei ein experimentelles Feld, auf dem etwas Neues entwickelt werden kann.“
Schauplatz für Aktionen werden Lindauer Innenhöfe, Plätze und andere mehr oder weniger frequentierte Orte in und um die Insel sein. Wichtig ist der Kuratorin dabei, dass Kunst nicht als Fremdkörper empfunden wird, sondern sich in die Umgebung integriert.
Thematisch steht der Gedanke vom Paradies im Mittelpunkt. Das knüpft an die Gartenschau und die
Sonderausstellung im Kunstmuseum an, wo vom 1. Mai bis 3. Oktober unter dem Titel „Paradiesische Gärten“Werke von Marc Chagall zu sehen sein werden. Lindau wirbt auf seiner Homepage auch mit dem Anspruch, „nahe am Paradies zu sein“. Das Festival will aber auch die andere Seite der Medaille zeigen und beispielsweise erkunden, wo das Paradies bedroht ist und wo der Mensch aus dem Garten Eden vertrieben wird.
Wichtig ist Sophie-Charlotte Bombeck dabei, dass das Projekt von und mit den Lindauerinnen und Lindauern gestaltet wird. Darum hat die Ausstellungsmacherin ihre Münchner Stadtwohnung untervermietet und ist nach Lindau gezogen, um vor Ort zu sein, um Kontakte zu knüpfen und mit den Menschen und den internationalen Künstlerinnen und Künstlern, die sie an den See holt, an dem Projekt zu arbeiten. Sie sieht gleichzeitig die Chance, einen Blick von außen nach innen zu werfen, einen Blick auf Lindau, auf die Stadt, die Menschen und die Gegebenheiten. Grundgedanke ist zudem, dass jeder Künstler in Lindau einen oder mehrere Partner hat.
„Dass Lindau für zeitgenössische Kunst offen ist, haben wir bereits im Jahr 2010 erlebt, als wir mit der Ausstellung ,Provinz’ tolle Erfahrungen gemacht haben", erinnert der Lindauere Kulturamtsleiter Alexander
Sophie-Charlotte Bombeck (Jahrgang 1991) lebt und arbeitet als Kunsthistorikerin und Kuratorin in München.
Sie erwarb ihren MasterAbschluss in Kunstgeschichte und Philosophie an der LudwigMaximilian-Universität München.
Praktische Erfahrungen sammelte sie unter anderem an der Hermitage in Sankt Petersburg (Russland) sowie in Neuseeland, China und in England.
Seit Ende 2018 ist sie Kuratorin und Leiterin des Super+Centercourt in München.
Von Januar bis September 2021 ist sie in Lindau, um hier unter dem Titel „In Situ Paradise“die erste Lindauer Biennale zu kuratieren.
Warmbrunn. Sein Wunsch: „Wir hoffen, dass sich dieses Ausstellungsformat, zeitgenössische, junge Kunst in einem internationalen Kontext präsentieren zu können, in Lindau etabliert und wir so eine Lindauer Biennale aus der Taufe heben können, die den Kunststandort Lindau weiter stärkt und viele Impulse in die Stadt für die Bürgerinnen und Bürger gibt.“
Auch Oberbürgermeisterin Claudia Alfons freut sich auf das Projekt und hofft: „Ich wünsche mir sehr, dass sich viele Menschen in Lindau an dieser Aktion des Kulturamtes beteiligen, damit wir gemeinsam ein Zeichen des Wir-Gefühls in der Krise setzen.“