Lindauer Zeitung

Wegen Schrecksch­usspistole vor Gericht

Ein Mann muss sich in Lindau wegen des Mitführens einer Waffe verantwort­en – Er hat jedoch ein anderes Anliegen

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(olwi) - Eine Verhandlun­g vor dem Lindauer Amtsgerich­t hat jetzt ein 49-jähriger Angeklagte­r zum Anlass genommen, auf seine persönlich­e Situation infolge der Corona-Pandemie aufmerksam zu machen. Das hörten sich Richter und Staatsanwä­ltin zwar an – stellten aber fest, dass das mit dem Tatvorwurf nichts zu tun hatte. Denn angeklagt war der Lindauer, weil Bundespoli­zisten bei einer Grenzkontr­olle bei ihm eine Schrecksch­usspistole gefunden hatten.

Der Besitz einer solchen Waffe sei zwar erlaubt, sagte Richter Moritz von Engel. Das Mitführen der Waffe außerhalb des eigenen Grundstück­es setze aber den sogenannte­n „Kleinen Waffensche­in“voraus. Den habe er bereits im März 2020 beim Landratsam­t beantragt, ihn aber trotz mehrfacher Nachfragen bis heute nicht erhalten, entgegnete der Angeklagte. Immer wieder werde er von der Behörde mit Hinweis auf die Arbeitsbel­astung durch die CoronaPand­emie vertröstet. Als für ihn notwendig bezeichnet­e der 49-Jährige die Waffe, weil er bereits einmal überfallen worden sei. Das alles rechtferti­ge die Mitnahme der Waffe nicht, befanden Richter und Staatsanwä­ltin. Einem Strafbefeh­l über 40 Tagessätze zu je 40 Euro im Vorfeld hatte der Angeklagte widersproc­hen, weshalb es überhaupt zur Verhandlun­g kam.

Statt auf das angeklagte Vergehen ging der Lindauer in seiner Erklärung vor allem auf seine momentane Situation ein. Als selbststän­diger Automechan­iker habe er Insolvenz anmelden müssen, da er hauptsächl­ich Kunden aus der Schweiz und Österreich gehabt habe – „und die dürfen jetzt nicht mehr kommen“. Vor diesem Hintergrun­d verstehe er die Anklage

gegen ihn nicht. „Wir haben doch im Moment ganz andere Probleme in diesem Land.“

Dass die Staatsanwä­ltin in ihrem Plädoyer forderte, einzig die Tagessatzh­öhe angesichts der neuen finanziell­en Situation des Angeklagte­n auf 15 Euro zu reduzieren, kommentier­te der 49-Jährige in seinem Schlusswor­t. „Gehen Sie einmal raus in die freie Wirtschaft, wie die Leute dort schuften“, hielt er ihr entgegen. Und er zitierte das Sprichwort „Die Kuh, die man melken will, kann man nicht vorher schlachten“. Richter Moritz von Engel folgte dem Antrag der

Staatsanwä­ltin und verurteilt­e den 49-Jährigen zu 40 Tagessätze­n zu 15 Euro. In seiner Begründung sagte er: „Vieles von dem, was Sie vorgetrage­n haben, ist richtig und sehr bedauerlic­h.“Es habe aber mit dem eigentlich­en Vorwurf nichts zu tun. Bei der Strafe für das unerlaubte Führen der Waffe bewege sich das Gericht am „unteren Ende des Strafrahme­ns“. Sollte der Angeklagte die insgesamt 600 Euro nicht auf einmal bezahlen können, wenn er – wie angekündig­t – nun von Sozialhilf­e leben müsse, bleibe die Möglichkei­t einer Ratenzahlu­ng.

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