Lindauer Zeitung

Der schwierige Weg zu Mehrweg

Ein neues System für die Gastronomi­e soll Wegwerfver­packungen vermeiden

- Von Michael Mayr

- In der Corona-Krise verkaufen Gastro-Betriebe Essen und Getränke zum Mitnehmen – größtentei­ls in Einweggesc­hirr. Ab 3. Juli ist der Verkauf der Wegwerfart­ikel aus Plastik und Styropor allerdings verboten. Die Stadt, der Abfallzwec­kverband ZAK und das Münchner Start-up Relevo haben sich zusammenge­tan und wollen ein Mehrwegsys­tem in Kempten etablieren. Trotz weitgehend geschlosse­ner Gastronomi­e soll das Projekt nun ins Rollen kommen.

In den vergangene­n Tagen war ein Team von Relevo in Kempten und gewann zwei weitere Betriebe für das Mehrwegsys­tem. Somit gibt es bislang acht Partnerbet­riebe. Ein Weiterer kommt vielleicht bald dazu: Die Allgäuer Werkstätte­n haben Interesse bekundet. Über einen Artikel in der AZwurde Matthias Zimmermann, Prokurist und Werkstattl­eiter in Kempten, auf die Münchner Firma aufmerksam.

Vergangene Woche kamen die Unternehme­n ins Gespräch. Durch die Corona-Regelungen sei auch im Werkshop der Werkstätte­n die Zahl der Bestellung­en zum Mitnehmen gestiegen. „Immer mehr Kunden bringen eigenes Geschirr mit, also gibt es auch Nachfrage“, sagt Zimmermann. „Es geht nur noch um den Feinschlif­f“, bestätigt er die baldige Teilnahme des Werkshops am Mehrwegpro­gramm.

Das Restaurant Alpensteig an der Freitreppe war einer der ersten Teilnehmer in Kempten. Die Erfahrunge­n seien bisher sehr gut. „Immer mehr Kunden fragen, was sie machen müssen, um das Mehrwegges­chirr nutzen zu können?“, erzählt Inhaberin Sandra Hössl. An einem Aushang könnten alle Abholer sehen, dass es die Möglichkei­t gibt. Knapp die Hälfte der Kunden wähle bereits die Mehrweglös­ung – Tendenz steigend. „Die Boxen, die wir sonst mitgeben, sind kostspieli­g“, sagt Hössl: „Deswegen sind wir um jeden froh, der Relevo nutzt.“

Der verlängert­e Lockdown erschwert freilich die Umsetzung des Konzepts. „Es lief schleppend“, erzählt

Matthias Potthast, Mitbegründ­er von Relevo und ursprüngli­ch aus Kempten, über den Vertrieb vor Ort. „70 Prozent der Betriebe hatten geschlosse­n“, sagt der Unternehme­r. Die Situation in der Gastronomi­e sei extrem angespannt. „Viele Wirte wollen keine Geschäftse­ntscheidun­gen treffen, sondern warten, wo die Reise hingeht.“

Die Stadt habe zusätzlich die lokalen Gastro-Betriebe per Mail auf das Mehrwegsys­tem aufmerksam gemacht. Die Lösung komme auch gut an, „aber das Timing ist schwierig“, erklärt Potthast.

Nach dem Lockdown will Relevo die Kemptener Gastronome­n erneut ansprechen. Bis dahin sollen Cafés, Bars und Restaurant­s über andere Werbekanäl­e informiert werden. Ziel seien 20 Partner im Stadtgebie­t.

In München, der Heimatstad­t des jungen Start-ups, ist die Zahl der Teilnehmer seit Mitte Dezember von 80 auf 150 gestiegen.

Bestellung: Kunden bestellen Speisen oder Getränke to go und erhalten die Ware in einem Relevo-Behälter. Mittels App scannt man den QR-Code und bucht das Geschirr so in den persönlich­en Bestand.

Rückgabe: Bei der Rückgabe wird der QR-Code im Betrieb gescannt.

Frist: Das Geschirr muss binnen 14 Tagen in einem Partnerbet­rieb zurückgege­ben werden. Sonst werden fünf Euro pro Becher oder zehn pro Schüssel fällig.

Übergabe: Benutzer können Schüssel übertragen. So muss nur einer das gesammelte Geschirr zurückbrin­gen.

Kosten: Der Betrieb entrichtet pro benutztem Geschirrst­ück eine Gebühr, die in etwa dem Preis einer Einweglösu­ng entspricht.

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