Datenaffäre überlagert VfB-Niederlage
Vorstandschef Hitzlsperger wehrt sich und droht Konsequenzen an – Streich gibt sich frei
(dpa/SID) - Inmitten der Datenaffäre und des Machtkampfs beim VfB Stuttgart hatte sich Vorstandschef Thomas Hitzlsperger auf diesen Termin akribisch vorbereitet. Kurzfristig lud er zu einer Pressekonferenz ein und wehrte sich am Sonntag entschieden gegen Vorwürfe. „Konkret wird mir vorgeworfen, ich sei gegen Offenheit, Transparenz und Aufklärung in der Datenschutzthematik. Manche sagen sogar, ich würde die Aufklärung verschleiern oder behindern“, sagte der frühere Nationalspieler. Seine Verteidigungsrede bildete den Abschluss einer sportlich enttäuschenden und für die Führungsebene ohnehin turbulenten Woche.
Wieder einmal drängte die Vereinspolitik das Geschehen auf dem Platz und diesmal das 1:2 am Samstag beim SC Freiburg in den Hintergrund. Lange habe er geschwiegen, sagte Hitzlsperger. Jetzt aber sei aus seiner Sicht der richtige Zeitpunkt, sich zu äußern. „Es kann nicht sein, dass die letzten sechs, sieben Tage plötzlich all das infrage stellen, was ich mein ganzes Leben gemacht habe“, sagte er. Die vergangenen Wochen hätten ihn „sehr getroffen“und „brutal angefasst“, so der Funktionär. Es war der verzweifelte Versuch, sein massiv beschädigtes Image wieder aufzupolieren.
Denn in den vergangenen Tagen und Wochen war der Ruf des früheren Meisterspielers des VfB erheblich ramponiert worden. Hintergrund ist zum einen die Datenaffäre, die den Verein belastet. Zwischen 2016 und 2018 sollen vom VfB Mitgliederdaten an Dritte weitergereicht worden sein – unter anderem, um die im Sommer 2017 beschlossene Ausgliederung der Profiabteilung voranzutreiben. Die Kanzlei Esecon ist mit der Aufklärung beauftragt. Ein Zwischenbericht war in den vergangenen Tagen nach außen gedrungen.
„Wenn der Abschlussbericht von Esecon auf dem Tisch liegt, werden wir die Sachlage nüchtern prüfen und auf Basis der Fakten Entscheidungen treffen. Wir werden, wenn es notwendig ist, Konsequenzen ziehen“, kündigte Hitzlsperger an: „Fehlverhalten oder womöglich strafbares Verhalten wird sanktioniert.“
Hitzlsperger äußerte sich auch zu Vorwürfen, er habe Konten beschuldigter Mitarbeiter nicht gesperrt. „Ich habe es nicht abgelehnt, ich habe die Entscheidung getroffen basierend auf gültigem Arbeitsrecht“, sagte er. „Da gegen die Mitarbeiter nichts vorlag und bis jetzt nichts vorliegt, konnten und können wir die Konten nicht sperren. Das heißt aber nicht, dass behindert wird.“
Als Vorstandsvorsitzender will er weiterhin Verantwortung tragen – auch wenn ihm heftige Kritik der Fans entgegenschlägt. „Ich bin überrascht über die Intensität. Es trifft mich persönlich sehr, was ich erfahre, höre oder lesen musste. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich als Spalter bezeichnet werde. Ich bin kein Spalter!“Stattdessen stehe er zu seinem „Wertekanon“. Auch Hitzlspergers Körpersprache machte deutlich, wie sehr ihn die schwierige Lage beschäftigt. Er spielte nervös mit einem Kugelschreiber, begegnete unangenehmen Fragen mit einem unsicheren Lächeln. Doch er bemühte sich redlich, sie alle zu beantworten – und sparte nicht mit Selbstkritik. Seinen offenen Brief zum Jahreswechsel, in dem er Vogt scharf attackiert und eine Kampfkandidatur gegen den Präsidenten und Aufsichtsratschef angekündigt hatte, nannte er erneut einen Fehler: „Das war nicht meine größte Sternstunde.“Er habe sich „unter Druck dazu verleiten lassen“, sagte er, und verwies auch auf die schwierige Corona-Situation,
Ein paar Stunden des Sonntags opferte Christian Streich. „Ich muss ja noch Video-Analyse machen“, antworte der Trainer des SC Freiburg auf die Frage, ob die zwei freien Tage für die Profis auch für ihn gelten: „Aber einen Tag gebe ich mir auch frei – vielleicht auch eineinhalb.“Die kurze Pause nach dem Rückrundenauftakt gegen den VfB haben sich Streich und seine Schützlinge redlich verdient. Denn obwohl der Sieg im baden-württembergischen Duell glücklich war, setzten die Breisgauer ihren erstaunlichen Höhenflug fort. Der Sport-Club hat in den vergangenen zehn Partien nur eine Niederlage (1:2 bei Bayern München) kassiert und 21 Punkte geholt. Dieser Zwischenspurt im Stil eines Champions-League-Aspiranten ist selbst für
die sehr an seinen Nerven zerre: „Wir versuchen, den Verein über Wasser zu halten!“
Was Hitzlsperger nicht sagte, war, ob seine Kandidatur für das Präsidentenamt beim Bundesligisten bestehen bleibt. Der Vereinsbeirat hatte die Bewerber gebeten, sich mit öffentlichen Äußerungen zurückzuhalten. Er sei sich der Tatsache „bewusst, dass vieles im Verein im Argen liegt“, meinte Hitzlsperger. Einer alleine könne die Wunden nicht „heilen“. Er selbst sei aber bereit, seinen Beitrag zu leisten und wolle sein Amt „noch sehr, sehr lange“ausüben. Sein Hauptanliegen sei, „dass wieder Ruhe und Vernunft einkehrt“. Hitzlsperger deutete dennoch mit seiner Ankündigung, sich in den nächsten
Streich, dessen Team nach acht Spieltagen gerade sechs Zähler auf dem Konto hatte, kaum nachvollziehbar. „Diese Serie ist für uns der Hammer. Dass wir 27 Punkte haben, ist einfach ein Hammer“, sagte der 55-Jährige. Doch obwohl der SC nur zwei Zähler Rückstand auf einen Europacup-Platz aufweist, will Streich in gewohnter Manier nichts von höheren Zielen wissen. „Das können Sie gerne machen.
antwortete der Trainer auf die Frage, ob er jetzt nach oben schauen wolle: „Aber mich interessiert das null. Mich interessiert die Entwicklung der Spieler und wie der SC weiter die Saison gestaltet. Die Mannschaft ist intakt, sie hat einen guten Spirit – und das wollen wir beibehalten.“(SID)
Tagen äußern wollen, an, dass auch in der Kandidaten-Frage aufregende VfB-Tage bevorstehen.
Eine spannende Woche erwartet den Aufsteiger auch sportlich. Von den vergangenen sechs Partien hat der VfB vier verloren. Die Relevanz eines Siegs im Heimspiel am Freitagabend gegen den 1. FSV Mainz 05 nimmt zu. Von einer beunruhigenden Situation wollen aber weder Coach Pellegrino Matarazzo noch Sportdirektor Sven Mislintat etwas wissen.
Mainz kommt gestärkt von einem überraschenden 3:2 gegen RB Leipzig. Für die Schwaben reichte es in Freiburg – wenn auch unglücklich – nicht zu einem Punkt, weil sie trotz des Dauerdrucks in der zweiten Halbzeit neben der Führung von Silas Wamangituka (7. Minute) keine weiteren Treffer erzielten. Die Tore von Ermedin Demirovic (14. Minute) und Woo-yeong Jeong (37.) offenbarten klare Schwächen in der Defensive. Insbesondere beim zweiten Gegentor, bei dem Pascal Stenzel patzte. Im Angriff vergab Nicolas Gonzalez einen Elfmeter (45.+1), zweimal stand in den Schlussminuten der Pfosten im Weg. In der Tabelle sind die Freiburger damit mit 27 Punkten Neunter, mit fünf Zählern weniger bleiben die Schwaben vorerst Zehnter. „Ich glaube, wir haben eine gute zweite Halbzeit gespielt, die sehr dominant war. Ich glaube, es war schon ein bisschen unglücklich“, sagte Matarazzo: „Die Leistung stimmt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Ergebnisse wieder stimmen werden.“Generell – so beschwichtigte der Trainer – seien bei ihm aktuell also „bis jetzt keine Alarmglocken angegangen“. Zumindest nicht in seinem Zuständigkeitsbereich.