Experten raten vom Füttern der Wasservögel ab
Tiere können Schaden nehmen - Weshalb auch Brot kein geeignetes Futter ist
Der Schnee ist in Lindau fast wieder weggetaut – und damit gibt es eine schöne winterliche Freizeitbeschäftigung weniger. Für viele Spaziergänger stellt nun das Füttern von Wasservögeln eine beliebte Aktivität dar und ermöglicht zudem die direkte Begegnung mit der Natur. Oft denken sie, dass sie mit dem Füttern den Vögeln etwas Gutes tun, leider ist dies nicht immer der Fall. Es gibt einiges, worauf man achten muss, wenn man am Bodensee auf der Bank sitzt und mit der Tüte raschelt.
Die in hiesigen Breiten überwinternden Wasservögel sind Wildtiere und hervorragend an die vorherrschenden Gegebenheiten angepasst. „Sie wissen, wo sie ausreichend natürliches Futter finden und sind auf unsere Hilfe nicht angewiesen“, sagen die Experten vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV). Das Füttern dient also in erster Linie dem Vergnügen der Menschen. Wasservögel ernähren sich entweder von pflanzlichem oder tierischem Material. Viele Arten tauchen einige Meter unter Wasser, um Wasserpflanzen oder Fische zu ergattern. Andere durchsieben das Oberflächenwasser nach Nahrung oder suchen danach in Ufernähe. Diese Art der Nahrungsbeschaffung nennt man in der Fachsprache Gründeln. Dies ist eine wichtige Beschäftigung für die Tiere.
Wenn sich aber eine Rascheltüte dem Ufer nähert, in der selten geeignetes Futter steckt, sondern meist mehr oder weniger altes Brot, wissen die Wasservögel sofort, dass Menschen etwas Essbares dabeihaben.
Darauf sind sie längst konditioniert und kommen eilig angeschwommen oder angeflogen. Möwen liefern sich in der Luft eine regelrechte Futterschlacht, wenn sie versuchen, die geworfenen Brotstücke zu fangen. Und auch im Wasser kommt es zu Kämpfen um das Fressen. Genau dieser lebhafte Tumult macht dem Fütterer Spaß. Eigentlich schade, den Frieden der Tiere so zu stören. Besser sei es, das Füttern einzustellen, wenn man sehe, dass Konkurrenzkämpfe entstehen, teilen die Experten vom Landesbund für Vogelschutz weiter mit.
Zudem: Brot ist kein geeignetes Futter, denn es enthält für Vögel zu viel Salz, zu wenig Nährstoffe, quillt im Magen auf und schadet der Verdauung der Wasservögel. Sie ist nicht auf solch eine Nahrung ausgelegt und reagiert häufig mit Störungen. Im schlimmsten Fall wird der Vogel krank und durch Minderernährung vor allem anfällig für Erkrankungen. Viel besser sind – wenn überhaupt – beispielsweise Haferflocken, Obst oder spezielles Wasservogelfutter aus dem Fachhandel.
Brot sollte, wenn überhaupt, nur in geringen Mengen und kleinen Stücken verfüttert werden, und es darf niemals verschimmelt sein, das kann für Wasservögel zu lebensgefährlichen Situationen führen. Ganze Brotlaibe, wie sie manchmal im Wasser schwimmen, gehen gar nicht.
Zusätzlich führt regelmäßiges Füttern zu einer Verhaltensänderung der Vögel. Sie werden bequem und suchen nicht mehr selbst nach Nahrung. Die kalorienreiche Kost führt zur Verfettung der Tiere, und sollte die Fütterung einmal ausbleiben, haben sie Schwierigkeiten, wieder ihre natürlichen Nahrungsquellen zu finden. Noch ein Problem: Durch das Füttern entsteht eine nicht natürliche Nähe und ein Kontakt der Tiere miteinander, der das Übertragungsrisiko von Infektionskrankheiten und Parasiten stark erhöht.
Besonders gravierend ist das Problem mit der Fütterung an Orten, an denen ein Risiko der Übertragung mit Vogelgrippe besteht, wie aktuell im Bodenseekreis. In solchen Gebieten ist ein Füttern von Wasservögeln strikt verboten.
Eine weitere Thematik ist, dass liegenbleibende Brot- und andere Essensreste Schädlinge, vor allem Ratten anlocken, die sich dann stark vermehren können, was zu einer Gesundheitsgefährdung führen kann. Wer also meint, Wasservögel unbedingt füttern zu müssen, muss peinlich darauf achten, nur so viel (geeignetes Futter) zu verfüttern, wie auch sofort gefressen wird.
Jetzt sind sicher all die traurig, die mit Freude und dem Gedanken, etwas Gutes zu tun, die Wasservögel füttern. Es ist im Normalfall nicht verboten, und gegen das gelegentliche Füttern vor allem im Winter und in kleinen Mengen ist nichts einzuwenden. Jedoch sollte unbedingt auf die richtige Art des Futters geachtet werden. Im Sommer sollte man gar nicht füttern, damit die Wasservögel ungestört in ihren Brutgebieten bleiben.
Wer seinen Kindern die Tiere näherbringen und sie für die Umwelt sensibilisieren will, kann das auch ohne Fütterungsaktionen: Man kann die Tiere ganz einfach auch in aller Ruhe beobachten, mit einem Fernglas beispielsweise, sie zählen und darauf achten, was ihre Besonderheiten sind. Das macht viel Freude, und die Kinder fühlen sich wie große Entdecker. Und noch ein Extra-Tipp: Vögel scheiden mit ihrem Kot immer verschiedenste Erreger aus. Deshalb sollte man sich nach dem Kontakt mit Wildvögeln oder ihren Ausscheidungen gründlich die Hände waschen.