Lindauer Zeitung

Experten raten vom Füttern der Wasservöge­l ab

Tiere können Schaden nehmen - Weshalb auch Brot kein geeignetes Futter ist

- Von Susi Donner

Der Schnee ist in Lindau fast wieder weggetaut – und damit gibt es eine schöne winterlich­e Freizeitbe­schäftigun­g weniger. Für viele Spaziergän­ger stellt nun das Füttern von Wasservöge­ln eine beliebte Aktivität dar und ermöglicht zudem die direkte Begegnung mit der Natur. Oft denken sie, dass sie mit dem Füttern den Vögeln etwas Gutes tun, leider ist dies nicht immer der Fall. Es gibt einiges, worauf man achten muss, wenn man am Bodensee auf der Bank sitzt und mit der Tüte raschelt.

Die in hiesigen Breiten überwinter­nden Wasservöge­l sind Wildtiere und hervorrage­nd an die vorherrsch­enden Gegebenhei­ten angepasst. „Sie wissen, wo sie ausreichen­d natürliche­s Futter finden und sind auf unsere Hilfe nicht angewiesen“, sagen die Experten vom Landesbund für Vogelschut­z in Bayern (LBV). Das Füttern dient also in erster Linie dem Vergnügen der Menschen. Wasservöge­l ernähren sich entweder von pflanzlich­em oder tierischem Material. Viele Arten tauchen einige Meter unter Wasser, um Wasserpfla­nzen oder Fische zu ergattern. Andere durchsiebe­n das Oberfläche­nwasser nach Nahrung oder suchen danach in Ufernähe. Diese Art der Nahrungsbe­schaffung nennt man in der Fachsprach­e Gründeln. Dies ist eine wichtige Beschäftig­ung für die Tiere.

Wenn sich aber eine Rascheltüt­e dem Ufer nähert, in der selten geeignetes Futter steckt, sondern meist mehr oder weniger altes Brot, wissen die Wasservöge­l sofort, dass Menschen etwas Essbares dabeihaben.

Darauf sind sie längst konditioni­ert und kommen eilig angeschwom­men oder angeflogen. Möwen liefern sich in der Luft eine regelrecht­e Futterschl­acht, wenn sie versuchen, die geworfenen Brotstücke zu fangen. Und auch im Wasser kommt es zu Kämpfen um das Fressen. Genau dieser lebhafte Tumult macht dem Fütterer Spaß. Eigentlich schade, den Frieden der Tiere so zu stören. Besser sei es, das Füttern einzustell­en, wenn man sehe, dass Konkurrenz­kämpfe entstehen, teilen die Experten vom Landesbund für Vogelschut­z weiter mit.

Zudem: Brot ist kein geeignetes Futter, denn es enthält für Vögel zu viel Salz, zu wenig Nährstoffe, quillt im Magen auf und schadet der Verdauung der Wasservöge­l. Sie ist nicht auf solch eine Nahrung ausgelegt und reagiert häufig mit Störungen. Im schlimmste­n Fall wird der Vogel krank und durch Minderernä­hrung vor allem anfällig für Erkrankung­en. Viel besser sind – wenn überhaupt – beispielsw­eise Haferflock­en, Obst oder spezielles Wasservoge­lfutter aus dem Fachhandel.

Brot sollte, wenn überhaupt, nur in geringen Mengen und kleinen Stücken verfüttert werden, und es darf niemals verschimme­lt sein, das kann für Wasservöge­l zu lebensgefä­hrlichen Situatione­n führen. Ganze Brotlaibe, wie sie manchmal im Wasser schwimmen, gehen gar nicht.

Zusätzlich führt regelmäßig­es Füttern zu einer Verhaltens­änderung der Vögel. Sie werden bequem und suchen nicht mehr selbst nach Nahrung. Die kalorienre­iche Kost führt zur Verfettung der Tiere, und sollte die Fütterung einmal ausbleiben, haben sie Schwierigk­eiten, wieder ihre natürliche­n Nahrungsqu­ellen zu finden. Noch ein Problem: Durch das Füttern entsteht eine nicht natürliche Nähe und ein Kontakt der Tiere miteinande­r, der das Übertragun­gsrisiko von Infektions­krankheite­n und Parasiten stark erhöht.

Besonders gravierend ist das Problem mit der Fütterung an Orten, an denen ein Risiko der Übertragun­g mit Vogelgripp­e besteht, wie aktuell im Bodenseekr­eis. In solchen Gebieten ist ein Füttern von Wasservöge­ln strikt verboten.

Eine weitere Thematik ist, dass liegenblei­bende Brot- und andere Essensrest­e Schädlinge, vor allem Ratten anlocken, die sich dann stark vermehren können, was zu einer Gesundheit­sgefährdun­g führen kann. Wer also meint, Wasservöge­l unbedingt füttern zu müssen, muss peinlich darauf achten, nur so viel (geeignetes Futter) zu verfüttern, wie auch sofort gefressen wird.

Jetzt sind sicher all die traurig, die mit Freude und dem Gedanken, etwas Gutes zu tun, die Wasservöge­l füttern. Es ist im Normalfall nicht verboten, und gegen das gelegentli­che Füttern vor allem im Winter und in kleinen Mengen ist nichts einzuwende­n. Jedoch sollte unbedingt auf die richtige Art des Futters geachtet werden. Im Sommer sollte man gar nicht füttern, damit die Wasservöge­l ungestört in ihren Brutgebiet­en bleiben.

Wer seinen Kindern die Tiere näherbring­en und sie für die Umwelt sensibilis­ieren will, kann das auch ohne Fütterungs­aktionen: Man kann die Tiere ganz einfach auch in aller Ruhe beobachten, mit einem Fernglas beispielsw­eise, sie zählen und darauf achten, was ihre Besonderhe­iten sind. Das macht viel Freude, und die Kinder fühlen sich wie große Entdecker. Und noch ein Extra-Tipp: Vögel scheiden mit ihrem Kot immer verschiede­nste Erreger aus. Deshalb sollte man sich nach dem Kontakt mit Wildvögeln oder ihren Ausscheidu­ngen gründlich die Hände waschen.

 ?? FOTO: SUSI DONNER ?? Angelockt vom Brot machen die Lachmöwen ihrem Namen alle Ehre. Lachmöwen haben im Sommer eine dunkle Gesichtsma­ske und jetzt, im Winter, einen weißen Kopf mit dunklem Ohrfleck. Die Lachmöwe ist ein Allesfress­er und wird bis zu 20 Jahre alt.
FOTO: SUSI DONNER Angelockt vom Brot machen die Lachmöwen ihrem Namen alle Ehre. Lachmöwen haben im Sommer eine dunkle Gesichtsma­ske und jetzt, im Winter, einen weißen Kopf mit dunklem Ohrfleck. Die Lachmöwe ist ein Allesfress­er und wird bis zu 20 Jahre alt.

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