Opposition will Wahlrechtsreform kippen
FDP, Grüne und Linke klagen vor dem Bundesverfassungsgericht
- Verstößt die Wahlrechtsreform der Großen Koalition gegen das Grundgesetz? FDP, Grüne und Linke sind davon überzeugt und haben am Montag Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht. Konkret werfen sie Union und SPD vor, deren Reform würde ihr eigentliches Ziel nicht erfüllen, den Bundestag zu verkleinern. Stattdessen würde das neue Regelwerk zu einer unklaren Rechtslage führen sowie CDU und CSU begünstigen.
Die Reform sieht zum einen vor, dass Überhangmandate in Zukunft teils mit Listenmandaten verrechnet werden. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei bei der Wahl mehr Direktmandate über die Erststimmen erhält, als ihr gemäß der Zweitstimmen Sitze im Bundestag zustehen. Die Partei kann also mehr Mitglieder ins Parlament schicken, als ihr Anteil an Zweitstimmen hergibt. Um dies auszugleichen, bekommen andere Parteien seit einer Reform 2013 Ausgleichsmandate. Das hat zur Folge, dass der Bundestag sich über die Regelanzahl von 598 Mandaten hinaus erweitert, momentan zählt er 709 Sitze.
Überschreitet der Bundestag künftig die Regelgröße – und das ist der Stein des Anstoßes –, sollen bis zu drei Überhangmandate nicht ausgeglichen werden. Da in der Praxis CDU und CSU besonders viele Wahlkreise direkt gewinnen, werden die anderen Parteien dafür schlechter gestellt, lautet der Vorwurf der Opposition. Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, spricht von „politischer Selbstbedienung“. Grünen-Kollegin Britta Haßelmann kritisiert, die Union habe sich einen „politischen motivierten Vorteil“gesichert. „Die Stimmen von Unionswählern werden in Zukunft deutlich mehr wert sein“, warnte der Linken-Abgeordnete Friedrich Straetmanns.
Unterstützung bekommt die Opposition von der Rechtswissenschaftlerin Sophie Schönberger. Die Düsseldorferin verwies darauf, dass es nicht um die Wahl selbst, sondern um die Zuteilung der Mandate gehe. Deshalb könne das Gericht eine Entscheidung auch relativ kurz vor der Wahl am 26. September treffen. Sollte Karlsruhe das neue Wahlrecht kippen, würde wieder die alte Reglung gelten – und der Bundestag wohl weiter wachsen.