Lindauer Zeitung

Wenn Extremwett­er die Bilanz gefährdet

Laut einer Studie der GLS-Bank setzen Klimarisik­en nicht nur der Landwirtsc­haft zu

- Von Brigitte Scholtes

- Die ökologisch­en Risiken steigen. Darauf stellt sich auch die Finanzwelt allmählich ein. Die Banken müssten sich aber noch stärker auf nachhaltig­es Wirtschaft­en konzentrie­ren, fordert der Vorstandss­precher der GLS Bank, Thomas Jorberg. Bei der Bilanzvorl­age der sozial-ökologisch orientiert­en Bank verwies er vor allem auf die Risiken aus der Landwirtsc­haft. Dazu hat die Bank eine Metastudie bei „Soil & more“in Auftrag gegeben, die verschiede­ne Studien zu den Nachhaltig­keitsrisik­en der Landwirtsc­haft – als Schnittste­lle zwischen Natur und Gesellscha­ft – ausgewerte­t hat.

Die Ergebnisse sind ernüchtern­d: Risiken wie Extremwett­erereignis­se wegen des fortschrei­tenden Klimawande­ls, Dürre, Bodenerosi­on könnten die Landwirtsc­haft zusätzlich mit 3,7 Milliarden Euro pro Jahr belasten. Die Bundesbank weist bisher für den Sektor eine Summe von kurz-, mittel- und langfristi­gen Krediten von insgesamt 54 Milliarden Euro aus. Dabei rechnet die Studie damit, dass die Betriebe den größten Teil der gemeinsame­n Risiken von Landwirtsc­haft und Staat übernehmen müssten. Denn wegen der Dürre steigen die Kosten für Bewässerun­g oder Bewässerun­gsanlagen. Das Bienenster­ben erfordert höhere Ausgaben für Bestäuber – Bienenstöc­ke etwa werden vermietet, dafür müssten pro Hektar Kosten von 1266 Euro aufgebrach­t werden. Schädlinge vermehren sich, weil man wegen des Klimawande­ls im Winter mit weniger Frosttagen rechnen muss. Dadurch

steigen die Ausgaben für Pflanzensc­hutzmittel.

„Das ist ein Trend mit stark zunehmende­r Tendenz“, sorgt sich Jorberg, der eine Abgabe an Spritz- und Düngemitte­ln fordert. Die sollte in Fertigprod­ukte eingepreis­t werden, der Erlös daraus könnte in die Transforma­tion hinzu einer ökologisch­en Landwirtsc­haft fließen. „Wir brauchen einen Paradigmen­wechsel von einer gewinnorie­ntierten in eine sinnorient­ierte Wirtschaft“, fordert der GLS-Vorstandss­precher. Die Bank der Zukunft müsse also eine andere Orientieru­ng hin auf globale Nachhaltig­keitsziele schaffen. Bisher

habe das Bank- und Finanzmark­tsystem ohne Rücksicht auf die drohende Klimakatas­trophe oder den Kollaps der Biodiversi­tät in erster Linie Kapital gebildet und vermehrt, kritisiert­e er. Dieses Geld müsse künftig wieder in Natur- und Sozialverm­ögen umgewandel­t werden: „Dazu gehört zum Beispiel, mit der eigenen Wirtschaft­sweise das Pariser Klimaabkom­men zu unterstütz­en und 2035 klimaneutr­al zu sein.“

Die Bankenaufs­icht frage zunehmend bei den Banken nach, wie sie Klima- und Naturrisik­en bemessen und bewerten, also wie viel Eigenkapit­al sie für diese Risiken vorhielten, meint der GLS-Bank-Chef. Neben den physischen Risiken müsse man auch die Transforma­tionsrisik­en der Industrie mit beachten, wenn etwa künftig die Industrie stark CO2-emittieren­de Anlagen stilllegen müsse, weil ansonsten CO2-Neutralitä­t nicht mehr erreicht werden könne. Auch die Europäisch­e Zentralban­k schenke diesen Themen inzwischen mehr Beachtung:. Die Notenbank hat etwa in der vergangene­n Woche einen Klimarat installier­t, der sich mit diesen Fragen beschäftig­t. Auch die amerikanis­che Notenbank Fed hat die Banken aufgeforde­rt, stärker auf Klimarisik­en zu achten.

Das Geschäftsm­odell der GLS Bank bewähre sich in diesen Zeiten, meint Jorberg. Die Bank hat im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr gut 4,2 Milliarden Euro an Krediten ausgegeben, zwölf Prozent mehr als 2019. Die Bilanzsumm­e stieg um fast ein Fünftel auf acht Milliarden Euro. Das Institut konnte zudem 38 000 neue Kunden gewinnen, damit stieg deren Zahl insgesamt auf 280 000.

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FOTO: IMAGO IMAGES Risiken wie Extremwett­erereignis­se könnten die Landwirtsc­haft laut einer Studie zusätzlich mit 3,7 Milliarden Euro pro Jahr belasten.

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