„Mich beeindruckt die Tapferkeit zutiefst“
Seit ein paar Monaten ist Esther Hofmann die neue Geschäftsführerin der Lebenshilfe
- Unter besonderen Umständen ist Esther Hofmann im November 2020 in ihre neue Stelle als Geschäftsführerin der Lebenshilfe gestartet. Seitdem begleitet die 53Jährige Bewohner, Mitarbeiter und Angehörige durch Lockdown, Quarantäne und Einschränkungen. Die Geschäftsführerin spricht im Interview mit Stefanie Gronostay über die Corona-Maßnahmen, engagierte Mitarbeiter und zuversichtliche Bewohner.
Frau Hofmann, mit welchen beruflichen Vorsätzen sind Sie ins neue Jahr gestartet?
Mein größter Vorsatz beziehungsweise mein größtes Ziel ist es, dass wir alle gesund bleiben. Ich hoffe, dass alle Mitarbeiter, Bewohner und die Angehörigen die Pandemie unbeschadet überstehen.
Sie sind nun seit November 2020 Geschäftsführerin der Lebenshilfe. Wie waren Ihre ersten Monate?
Ich hatte das Glück, eine viermonatige Einarbeitungszeit von Herrn Reisinger zu bekommen. Ich habe alle Bereiche kennengelernt, bevor ich die alleinige Geschäftsführerin wurde. Der Alltag bei der Lebenshilfe ist momentan stark von der Pandemie geprägt. Ich denke, die normale Arbeit lerne ich erst nach Corona richtig kennen.
Und wie haben die Bewohner die vergangenen Monate erlebt?
Es beeindruckt mich zutiefst, mit welcher Tapferkeit unsere Bewohner die Corona-Maßnahmen annehmen. Seit März des vergangenen Jahres halten wir die Bereiche getrennt. Das heißt, die Werkstattmitarbeiter, die in den Wohnheimen leben, kommen nicht in die Werkstatt. Sie arbeiten stattdessen in festen Gruppen im jeweiligen Wohnheim. Konkret bedeutet das für unsere Mitarbeiter, dass der Umgebungswechsel zwischen Arbeiten und Wohnen nicht wie gewohnt stattfindet. Das Zusammentreffen mit den Kollegen, die weiterhin in der Werkstatt arbeiten, ist dadurch nicht mehr möglich. Obwohl sie auf vieles verzichten müssen, tragen unsere Bewohner es mit Fassung.
Gibt es denn noch genügend Arbeit?
Ja, zum Glück. Die Auftragslage ist gut, und es gibt genug Arbeit für unsere Mitarbeiter. Diejenigen, die nicht in unseren Wohnheimen leben, dürfen zum Arbeiten in die Werkstätten. Für jeden Bereich der Lebenshilfe wurde ein Schutz- und Hygienekonzept erstellt und konsequent umgesetzt. Ein Aspekt davon ist die AHA-Regel. Mit Abstand, Hygiene und Maske lässt sich das ganz gut umsetzen.
Wie machen Sie diese Regeln behinderten Menschen verständlich?
Indem wir immer wieder Gespräche führen. Wir haben hier langjähriges und professionelles Personal, das die betreuten Menschen gut kennt und sie schon seit Jahren begleitet. Nehmen wir die Maskenpflicht zum Beispiel: In den Wohnheimen tragen die Bewohner keine Masken. Dort leben sie ja wie in einer Familie. In den
Wohnheime: Die Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung hat ihren Sitz in Lindau. Der Verein hat mehrere Wohnheime in Lindenberg, Röthenbach und Lindau. Darunter fallen auch ein ambulant betreutes Wohnheim und ein inklusives Wohnprojekt. Im März hat die Lebenshilfe in Scheffau ein zusätzliches Wohnheim angemietet.
Werkstätten: Die Lebenshilfe beschäftigt in diversen Bereichen Menschen mit Behinderung. Die Werkstätten befinden sich in Lindenberg und Lindau. Es werden viele Arbeitsbereiche angeboten:
Werkstätten ist die Maske Teil der AHA-Regel und auf eine hohe Akzeptanz gestoßen.
Mussten Sie wegen Corona die Wohnstrukturen ändern?
Wir haben das so geregelt, dass die Bewohner von Wohnheim 1 auch im Wohnheim 1 arbeiten. Herr Reisinger hat noch vor meiner Zeit, im März, ein Ausweichwohnheim in Scheffau angemietet und das Wohnheim in Röthenbach für mögliche Quarantäne-Fälle hergerichtet. So haben wir Ausweichmöglichkeiten. unter anderem Kabelmontage, Zerspanung und Schreinerei. Frühförderung: In Lindau und Lindenberg bietet die Lebenshilfe die Interdisziplinäre Frühförderung an. Kinder mit Entwicklungsstörungen werden von der Geburt bis zum Schuleintritt begleitet. Schulvorbereitende Einrichtung (SVE): Die SVE ist für Kinder, die einen erhöhten Förderungsbedarf haben. In Kleingruppen werden die Kinder betreut. Ergänzend zum Angebot der SVE können die Kinder nachmittags die Heilpädagogische Tagesstätte besuchen. (gst)
Das Wohnheim in Röthenbach steht momentan leer.
Eine Zeit lang galt ja ein absolutes Besuchsverbot in den Wohnheimen. Wie ist die Situation momentan?
Das wird genau durch das Infektionsschutzmaßnahmengesetz vorgegeben. Momentan darf ein Besucher pro Tag kommen. Die Angehörigen müssen einen negativen CoronaTest vorzeigen und eine FFP2-Maske tragen. Unseren Mitarbeitern stellen wir übrigens schon seit Mitte
November in allen Bereichen diese Art von Masken zur Verfügung.
Sind aufgrund der Beschränkungen manche Bewohner zurück nach Hause zu ihren Angehörigen gezogen?
Als das strikte Besuchsverbot galt schon. Im Moment ist das nicht der Fall.
Wie geht es den Angehörigen?
Wir haben einen direkten Draht zu den Angehörigen. Gibt es Probleme, melden sie sich bei mir auf dem Handy – auch Sonntagabend. Neulich hatten wir einen Fall. Die Mutter eines Bewohners hat sich bei mir gemeldet. Ihr Mann hat Fieber bekommen, und der Sohn war vor Kurzem zu Besuch. Sie hatte Sorge, dass er sich infiziert haben könnte. Wir haben sofort einen Abstrich genommen, der zum Glück negativ ausgefallen ist. Ansonsten sind mir keine Beschwerden bekannt. Der familienentlastende Dienst, der den Angehörigen zur Seite steht, läuft nach wie vor weiter. Ebenso wird eine Notgruppenbetreuung angeboten.
Das heißt, Sie sind bisher vom Infektionsgeschehen verschont geblieben?
Nein, natürlich nicht. Wir hatten kleine Ausbruchsgeschehen, die wir jedoch gut eindämmen konnten. Zum einen trennen wir die Bereiche strikt. Zum anderen haben wir ein hochgeschultes Personal. Unsere Wohnheimmitarbeiter wurden beispielsweise von einer Hygienefachkraft geschult, wie sie eine Schleuse errichten, falls es zu einem Ausbruchsgeschehen kommt. Ich habe vorher in der Rotkreuzklinik in Lindenberg gearbeitet und noch guten Kontakt zur Klinikdirektorin Frau Vogt. Zur Not könnte ich immer anrufen und Unterstützung bekommen.