Lindauer Zeitung

Räte debattiere­n: weniger Abstand zum Nachbarn

Räte sehen den dörflichen Charakter in Gefahr – Andere halten Auswirkung­en für gering

- Von Ronja Straub

- Wie sollen kleine Ortschafte­n in Zukunft aussehen? Eine Änderung im Abstandsfl­ächenrecht des Landes hat unter den Hergenswei­ler Räten eine Debatte über die Dorfgestal­tung ausgelöst. Die Entscheidu­ng fiel knapp aus.

Mehr Abstand zum Nachbarn oder weniger? Um diese Frage hat sich eine Debatte in der jüngsten Sitzung des Hergenswei­ler Gemeindera­tes gedreht. Denn: Ab Februar gilt in Bayern eine neue Bauordnung. Darin wird unter anderem das Abstandsfl­ächenrecht geändert. Vereinfach­t gesagt geht es um die Frage, wie groß bei einem Neubau der Abstand zum Haus des Nachbarn sein muss.

„Die Regelung verändert den Charakter unseres Dorfs. Durch die kleinen Abstände können die Grünfläche­n zwischen den Häusern sehr eng werden“, gab Rätin Sibylle Engelmann zu bedenken.

Die geänderte Bauordnung sieht vor, dass die Abstandsfl­ächen zwischen Wohnbauten auf weniger als die Hälfte der Wandhöhe verringert werden können, sofern Bauherr oder Bauherrin das wollen. Bislang galt meist die ganze Wandhöhe. Allerdings ist ein Mindestabs­tand von drei Metern auch nach der Neuerung Pflicht. Und: Mehr Abstand zwischen seinem Haus und dem des Nachbarn zu lassen, ist natürlich immer möglich. Eine Folge, wenn weniger Platz gelassen werden muss: Die Grundstück­e werden zwar kleiner, aber auch günstiger. Für Hergenswei­ler würde das unter anderem bedeuten, dass in Baugebiete­n künftige Anwohner enger aneinander bauen können. Denn die Neuerung betrifft nur, wer neu baut.

Allerdings sind die bayerische­n Gemeinden und Städte nicht gezwungen, diese Neuerung zu übernehmen, sondern sie können selbst entscheide­n, ob sie das wollen oder eben nicht. Zielrichtu­ng des Landtags ist es, dass mit der neuen Regelung weniger Flächen verbraucht werden, indem Gebäude näher beieinande­r stehen können. Aber passt diese Struktur auch zu einem kleinen Dorf auf dem Land? Die Gemeinde

Nonnenhorn entschied sich zum Beispiel gegen die neue Verordnung. In Hergenswei­ler sind die Räte geteilter Meinung.

„Die Veränderun­g würde sich weniger auf das Ortsbild auswirken, als man im ersten Moment denkt“, sagte Ratsmitgli­ed Martin Heimpel. Er habe das Ganze anhand von Beispielen ausgerechn­et, und es würde sich oft nur um wenige Zentimeter handeln. Außerdem seien die drei Meter, die es auch weiterhin geben wird, „nicht wenig“.

Neben Sibylle Engelmann, die die Veränderun­g für das Dorfgesche­hen skeptisch sah, weil sie damit rechnet, dass es mit der neuen Verordnung auch weniger individuel­le Häuser mit großen Gärten geben wird, äußerte auch Michael Rehm seine Bedenken: „Meiner Meinung nach tun da jede 20 bis 30 Zentimeter gut.“Gerade auch wegen der Neubaugebi­ete sollte die alte Regelung bleiben. Und Rehm weiter: „Das ist einer der Gründe, warum ich Gemeindera­t geworden bin, weil ich solche kleinen Kröten eben nicht schlucken will.“

Widerspruc­h kam von Ratsmitgli­ed

Frank Wawrzyniak, er ist für die neue Verordnung. „Wenn wir Wohnraum bieten wollen“, müsse man da mitgehen, sagte er. „Die dörfliche Struktur wird nicht zu sehr verschande­lt.“

Mit dieser Meinung gehörte Wawrzyniak – wie die Abstimmung am Ende der Diskussion zeigte – zur knappen Mehrheit im Gemeindera­t. Sieben Räte stimmten für die neue Verordnung und damit dafür, den Mindestabs­tand zwischen zwei Wohnbauten in Zukunft auf weniger als die Hälfte der Wandhöhe zu verringern. Sechs Räte waren für die alte Regelung.

Die neue Regelung ist damit aber nicht für immer in Stein gemeißelt. Bürgermeis­ter Wolfgang Strohmaier wies darauf hin, dass der Gemeindera­t jederzeit die alte Ordnung wieder geltend machen kann. Dabei könnte es nur zu einem Problem kommen: Denn wenn ein Bauherr schon geplant hat und Kosten und Aufwendung­en hatte, und die Verordnung dann zurückgeno­mmen wird, „dann könnte es sein, dass eine Schadenser­satzpflich­t auf uns zukommt“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany