Starke Goalies, guter Sturm, hinten wird improvisiert
Das Zwischenfazit bei den Ravensburg Towerstars fällt nach der Hälfte der Hauptrunde sehr positiv aus
- Besser hätte das vergangene Wochenende für die Ravensburg Towerstars gar nicht verlaufen können, um zu verdeutlichen, wie unberechenbar, außergewöhnlich, einmalig und seltsam die bisherige DEL2-Saison 2020/2021 verläuft: Erst unterlagen die Towerstars am Freitag in der CHG-Arena völlig überraschend dem notorisch auswärtsschwachen EC Bad Nauheim mit 2:4, dann bezwangen sie am Sonntag die ganz überwiegend sehr starken Tölzer Löwen mit 4:1.
Beide Spiele bewiesen, dass sich jeder mit Vorhersagen zurückhalten sollte und zu den vielen bisherigen Überraschungen noch sicher weitere hinzukommen werden, weil zudem noch ein ganz wichtiger Faktor fehlt, der in aller Regel die Heimmannschaft bevorteilt. Immer noch nämlich steht die große, traurige Null bei den Zuschauern. Noch hat kein einziger Fan seinen Lieblingsverein in dieser Saison hautnah in der Eishalle verfolgen dürfen; gejubelt und gelitten werden musste bisher vor dem Fernseher während der SpradeTV-Übertragung. Ob sich daran bis zum Ende der DEL2-Saison 2020/2021 noch einmal etwas ändern wird, darf stark bezweifelt werden. Denn die Spielzeit, von der lange nicht klar war, ob sie überhaupt mal angepfiffen werden könnte, ist bereits zur Hälfte vorbei. Genau 26 von 52 Hauptrundenspiele haben die Towerstars absolviert. Der Sonntagabend spülte sie wieder auf Platz zwei der Tabelle, mit elf Punkten Rückstand auf die Kassel Huskies, die noch eine Partie weniger haben.
Von Saisonbeginn an behaupteten sich die Towerstars in der Spitzengruppe, waren selbst sogar ein paar Spieltage lang auf Platz eins. Und auch wenn es rund um Weihnachten und danach eine kleine Ergebniskrise gab, sieht der Gesamteindruck des bisher von Corona-Infizierten verschonten Teams gut aus. Oder wie es Trainer Rich Chernomaz ausdrückt: „Ich bin lange genug dabei, um zu wissen, dass niemand 52 Spiele in Folge gewinnt. Es gibt immer Höhen und Tiefen.
Der Schlüssel liegt darin, die Dinge einfach zu machen, wenn es nicht gut läuft.“Nach dem Sieg in Tölz zeigte er sich zufrieden mit der gesamten Mannschaft – und das durfte er auch. Denn bisher funktionieren alle drei Kaderteile gut bis sehr gut.
Goalies:
Jonas Langmann und Olafr Schmidt sind im Paket zwei Goalies, um die die Towerstars die ganze Liga beneiden dürfte – wenn beide in Topform sind. Und das sind sie im Moment. Langmann zeigte im fünften Spiel nach seiner langwierigen Muskelverletzung in Tölz erstmals die Leistung, mit der er Ravensburg vor zwei Jahren zur Meisterschaft verhalf. Schmidt gab während Langmanns Pause den sehr guten Vertreter und ist viel mehr als die Nummer zwei. Der junge Nikita Quapp wird derweil nicht gebraucht und darf
Towerstars-Coach Rich Chernomaz sich bei den Krefeld Pinguinen in der DEL versuchen.
Verteidigung:
Die Verletzungen von Pawel Dronia, James Bettauer und bereits zum zweiten Mal Kilian Keller wiegen schwer. Dadurch fehlt es der Mannschaft hinten und vorne. Sören Sturms Abgang scheint dagegen verkraftet. Die bewährten Kräfte Maximilian Kolb und Daniel Stiefenhofer machen ihre Sache sehr gut, herausragend spielt im Moment sicherlich Rückkehrer Patrick Seifert, der auch in Tölz wieder mit Tor und Vorlage glänzte. Dazu kommen die eigentlichen Offensivkräfte Vincenz Mayer und Olivier Hinse, die sich voll in den Dienst der Mannschaft stellen und defensiv aushelfen. Der junge Eric Bergen braucht dagegen noch Zeit, um sich an das Niveau zu gewöhnen, Tim Sezemsky ist in der Oberliga Süd in Lindau zunächst besser aufgehoben. Einen positiven Eindruck macht Neuzugang Mike Card, der sich gegen Bad Nauheim mit einem Assist einführte und insgesamt durch seine sehr robuste Art positiv auffällt – gegen so einen spielt keiner gern.
Angriff:
Herausragend ist die erste Reihe mit Center Robbie Czarnik, dem von der Mitte auf die linke Seite rausgerutschten Andreas Driendl und Mathieu Pompei. Auf das Konto dieser drei Stürmer gehen bisher 96 Punkte. Solch einen Block hatten die Towerstars schon lange nicht mehr. Die Rückholaktion von Torjäger Czarnik und Vorlagengeber Pompei vom EV Landshut hat sich längst gelohnt. Dazu kommt mit Driendl einer der besten deutschen Stürmer der Liga, der seit Wochen in Bestform ist. Dahinter freilich wird es etwas dünner. Allein Routinier David Zucker, besonders in den ersten Saisonspielen, vermochte mit seiner Torquote zu überzeugen. Von Importspieler John Henrion hatten sich die Towerstars sicher mehr erwartet, dafür wussten sie bei Olivier Hinse, dass sie eher einen Arbeiter denn einen Scharfschützen bekommen. Noch nicht in Tritt ist Robin Just, der sich in der Vorbereitung verletzt hatte. Yannick Drews und der mit geballter DEL-Erfahrung aus Krefeld gekommene Kai Hospelt versehen ihren Dienst an der Mannschaft dagegen mit Leidenschaft, wobei Hospelt immer wichtiger zu werden scheint. Immens wichtig ist weiterhin Kapitän Vincenz Mayer, der seiner Torkrise in die Defensive entfliehen durfte, wo er im Moment nicht wegzudenken ist. Eine feste Größe ist auch U20-Nationalspieler Joshua Samanski geworden, der Ravensburg glücklicherweise bis zum Saisonende erhalten bleibt. Ebenfalls groß in Form war Justin Volek, der mit Samanski die U20-WM bestritt und sich nun in der DEL in Krefeld versuchen darf. Nicht mehr als Ergänzungsspieler sind Sebastian Hon und Alexander Dosch, die in der vierten Reihe trotzdem immer wieder Eiszeit bekommen.
„Ich bin lange genug dabei, um zu wissen, dass niemand 52 Spiele
in Folge gewinnt. Es gibt immer Höhen und
Tiefen.“
Fazit:
Wenn die verletzten Defensivkräfte wieder zurückkehren und von den Goalies bis in die wichtigen Sturmreihen alle liefern, ist von Ravensburg in dieser Saison noch viel zu erwarten. Der Tölzer Trainer Kevin Gaudet nannte die Towerstars nicht umsonst eine „Meistermannschaft“. Der nächste Gegner wartet auf Ravensburg bereits am Dienstag (19.30 Uhr), dann sind die Löwen Frankfurt zu Gast in Oberschwaben.