Lindauer Zeitung

Starke Goalies, guter Sturm, hinten wird improvisie­rt

Das Zwischenfa­zit bei den Ravensburg Towerstars fällt nach der Hälfte der Hauptrunde sehr positiv aus

- Von Michael Panzram

- Besser hätte das vergangene Wochenende für die Ravensburg Towerstars gar nicht verlaufen können, um zu verdeutlic­hen, wie unberechen­bar, außergewöh­nlich, einmalig und seltsam die bisherige DEL2-Saison 2020/2021 verläuft: Erst unterlagen die Towerstars am Freitag in der CHG-Arena völlig überrasche­nd dem notorisch auswärtssc­hwachen EC Bad Nauheim mit 2:4, dann bezwangen sie am Sonntag die ganz überwiegen­d sehr starken Tölzer Löwen mit 4:1.

Beide Spiele bewiesen, dass sich jeder mit Vorhersage­n zurückhalt­en sollte und zu den vielen bisherigen Überraschu­ngen noch sicher weitere hinzukomme­n werden, weil zudem noch ein ganz wichtiger Faktor fehlt, der in aller Regel die Heimmannsc­haft bevorteilt. Immer noch nämlich steht die große, traurige Null bei den Zuschauern. Noch hat kein einziger Fan seinen Lieblingsv­erein in dieser Saison hautnah in der Eishalle verfolgen dürfen; gejubelt und gelitten werden musste bisher vor dem Fernseher während der SpradeTV-Übertragun­g. Ob sich daran bis zum Ende der DEL2-Saison 2020/2021 noch einmal etwas ändern wird, darf stark bezweifelt werden. Denn die Spielzeit, von der lange nicht klar war, ob sie überhaupt mal angepfiffe­n werden könnte, ist bereits zur Hälfte vorbei. Genau 26 von 52 Hauptrunde­nspiele haben die Towerstars absolviert. Der Sonntagabe­nd spülte sie wieder auf Platz zwei der Tabelle, mit elf Punkten Rückstand auf die Kassel Huskies, die noch eine Partie weniger haben.

Von Saisonbegi­nn an behauptete­n sich die Towerstars in der Spitzengru­ppe, waren selbst sogar ein paar Spieltage lang auf Platz eins. Und auch wenn es rund um Weihnachte­n und danach eine kleine Ergebniskr­ise gab, sieht der Gesamteind­ruck des bisher von Corona-Infizierte­n verschonte­n Teams gut aus. Oder wie es Trainer Rich Chernomaz ausdrückt: „Ich bin lange genug dabei, um zu wissen, dass niemand 52 Spiele in Folge gewinnt. Es gibt immer Höhen und Tiefen.

Der Schlüssel liegt darin, die Dinge einfach zu machen, wenn es nicht gut läuft.“Nach dem Sieg in Tölz zeigte er sich zufrieden mit der gesamten Mannschaft – und das durfte er auch. Denn bisher funktionie­ren alle drei Kaderteile gut bis sehr gut.

Goalies:

Jonas Langmann und Olafr Schmidt sind im Paket zwei Goalies, um die die Towerstars die ganze Liga beneiden dürfte – wenn beide in Topform sind. Und das sind sie im Moment. Langmann zeigte im fünften Spiel nach seiner langwierig­en Muskelverl­etzung in Tölz erstmals die Leistung, mit der er Ravensburg vor zwei Jahren zur Meistersch­aft verhalf. Schmidt gab während Langmanns Pause den sehr guten Vertreter und ist viel mehr als die Nummer zwei. Der junge Nikita Quapp wird derweil nicht gebraucht und darf

Towerstars-Coach Rich Chernomaz sich bei den Krefeld Pinguinen in der DEL versuchen.

Verteidigu­ng:

Die Verletzung­en von Pawel Dronia, James Bettauer und bereits zum zweiten Mal Kilian Keller wiegen schwer. Dadurch fehlt es der Mannschaft hinten und vorne. Sören Sturms Abgang scheint dagegen verkraftet. Die bewährten Kräfte Maximilian Kolb und Daniel Stiefenhof­er machen ihre Sache sehr gut, herausrage­nd spielt im Moment sicherlich Rückkehrer Patrick Seifert, der auch in Tölz wieder mit Tor und Vorlage glänzte. Dazu kommen die eigentlich­en Offensivkr­äfte Vincenz Mayer und Olivier Hinse, die sich voll in den Dienst der Mannschaft stellen und defensiv aushelfen. Der junge Eric Bergen braucht dagegen noch Zeit, um sich an das Niveau zu gewöhnen, Tim Sezemsky ist in der Oberliga Süd in Lindau zunächst besser aufgehoben. Einen positiven Eindruck macht Neuzugang Mike Card, der sich gegen Bad Nauheim mit einem Assist einführte und insgesamt durch seine sehr robuste Art positiv auffällt – gegen so einen spielt keiner gern.

Angriff:

Herausrage­nd ist die erste Reihe mit Center Robbie Czarnik, dem von der Mitte auf die linke Seite rausgeruts­chten Andreas Driendl und Mathieu Pompei. Auf das Konto dieser drei Stürmer gehen bisher 96 Punkte. Solch einen Block hatten die Towerstars schon lange nicht mehr. Die Rückholakt­ion von Torjäger Czarnik und Vorlagenge­ber Pompei vom EV Landshut hat sich längst gelohnt. Dazu kommt mit Driendl einer der besten deutschen Stürmer der Liga, der seit Wochen in Bestform ist. Dahinter freilich wird es etwas dünner. Allein Routinier David Zucker, besonders in den ersten Saisonspie­len, vermochte mit seiner Torquote zu überzeugen. Von Importspie­ler John Henrion hatten sich die Towerstars sicher mehr erwartet, dafür wussten sie bei Olivier Hinse, dass sie eher einen Arbeiter denn einen Scharfschü­tzen bekommen. Noch nicht in Tritt ist Robin Just, der sich in der Vorbereitu­ng verletzt hatte. Yannick Drews und der mit geballter DEL-Erfahrung aus Krefeld gekommene Kai Hospelt versehen ihren Dienst an der Mannschaft dagegen mit Leidenscha­ft, wobei Hospelt immer wichtiger zu werden scheint. Immens wichtig ist weiterhin Kapitän Vincenz Mayer, der seiner Torkrise in die Defensive entfliehen durfte, wo er im Moment nicht wegzudenke­n ist. Eine feste Größe ist auch U20-Nationalsp­ieler Joshua Samanski geworden, der Ravensburg glückliche­rweise bis zum Saisonende erhalten bleibt. Ebenfalls groß in Form war Justin Volek, der mit Samanski die U20-WM bestritt und sich nun in der DEL in Krefeld versuchen darf. Nicht mehr als Ergänzungs­spieler sind Sebastian Hon und Alexander Dosch, die in der vierten Reihe trotzdem immer wieder Eiszeit bekommen.

„Ich bin lange genug dabei, um zu wissen, dass niemand 52 Spiele

in Folge gewinnt. Es gibt immer Höhen und

Tiefen.“

Fazit:

Wenn die verletzten Defensivkr­äfte wieder zurückkehr­en und von den Goalies bis in die wichtigen Sturmreihe­n alle liefern, ist von Ravensburg in dieser Saison noch viel zu erwarten. Der Tölzer Trainer Kevin Gaudet nannte die Towerstars nicht umsonst eine „Meisterman­nschaft“. Der nächste Gegner wartet auf Ravensburg bereits am Dienstag (19.30 Uhr), dann sind die Löwen Frankfurt zu Gast in Oberschwab­en.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Die Ravensburg Towerstars (von links: Joshua Samanski, Robbie Czarnik, David Zucker und Andreas Driendl) liegen nach der Hälfte ihrer Hauptrunde in der DEL2 auf Platz zwei.

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