Im Eriskircher Ried ist schon der Frühling zu hören
Waldkäuze balzen, Spechte klopfen, und bald werden auch die Stare zurückkehren und den Frühling ankündigen
- Zuerst der viele Schnee, dann das heftige Hochwasser, und für die nächsten Tage ist Föhn vorhergesagt: „Wir haben seit einigen Wochen extremes und spannendes Wetter“, stellt Gerhard Kersting, Leiter des Naturschutzzentrums (NAZ) in Eriskirch, fest. Die Intensität der Niederschläge und die wechselhaften Temperaturen wirken sich auch auf die Vogelwelt aus. Als der Schnee an den See kam, flüchteten dem Biologen zufolge Mäusebussarde und Rotmilane. Dafür kündigen jetzt Waldkäuze mit ihren Balzrufen ganz langsam den Frühling an.
Die Tage werden länger, was Einfluss auf den Hormonhaushalt hat und die Vögel animiert. Die Waldkäuze singen ihr nächtliches Liebeslied besonders früh im Jahr, weil sie bereits Ende Februar, Anfang März mit der Brut beginnen können, berichtet Gerhard Kersting.
Und das sind im Eriskircher Ried nicht die einzigen Vorboten des Frühlings: „Wer mit offenen Ohren spazieren geht, hört Grünspechte trommeln und rufen.“Ebenfalls wieder zu vernehmen seien Kohlmeise, Amsel und Misteldrossel. Bald werden außerdem Feldlärche und Star aus südlicheren Gefilden an den See zurückkehren, kündigt der NAZChef an. Noch nicht in Sicht: sogenannte Fernzieher wie Rohrsänger, Kuckuck oder Schwalbe, die den Winter „irgendwo in Afrika“verbringen.
Während die einen mehr oder weniger im Anflug sind, verabschieden sich andere, die in den vergangenen Monaten zu Gast am Bodensee waren. „Vor ein paar Tagen schwammen noch etwa 290 nordische Singschwäne vor der Plattform beim Eriskircher Strandbad. Inzwischen sind mehrere Trupps davon geflogen“, erzählt Gerhard Kersting. Normalerweise würden die Tiere bis Ende Februar, Anfang März bleiben.
Grund für den frühen Abflug könnte der hohe Pegelstand des Sees sein. Denn der macht es den Schwänen trotz langer Hälse unmöglich, Wasserpflanzen vom Grund abzuweiden. Laut Fachmann lassen sie sich auf den wenigen verbliebenen Wiesen im Hinterland zum Beispiel bei Brochenzell nieder oder sie ziehen bereits dorthin, wo sie hergekommen sind: Finnland, Baltikum, westliches Sibirien.
Ebenfalls auf und davon machten sich Mäusebussarde, Turmfalken und Rotmilane. „Schneeflucht“lautet das Wort, das der Biologe in dem
Zusammenhang nennt. Hintergrund: Die Vögel reagierten damit auf den heftigen Wintereinbruch vor drei Wochen und den dadurch bedingten Nahrungsmangel. Ihr Ziel könnte der Oberrhein, das Burgund in Frankreich oder die Westschweiz gewesen sein – „kurzum Gebiete, in denen weniger Schnee lag“, wie Gerhard Kersting sagt. Schwierig sei die Zeit auch für Eisvögel gewesen. Sie konnten weder im zugefrorenen Altwasser der Schussen, noch in den durch das Hochwasser anschwellenden Flüssen nach Fischen jagen.
Apropos schwierig: Das Naturschutzzentrum im Eriskircher Ried ist wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Wann das Haus wieder öffnet, um Menschen zu verdeutlichen, wie vielfältig und schützenswert die Natur ist, weiß Gerhard Kersting nicht. Aber: „Wir hoffen auf
Ostern und darauf, dass wir ab April Veranstaltungen im Freien, wie zum Beispiel unsere Kräuterführungen, anbieten können.“
TRAUERANZEIGEN
Informationen über das Naturschutzzentrum sind zu finden auf
www.naz-eriskirch.de