Impeachment Folge 2
Ab Dienstag beschäftigt sich der US-Senat erneut mit möglichen Verfehlungen des Ex-Präsidenten Donald Trump
- Wenn am Dienstag der zweite Impeachment-Prozess gegen Ex-Präsident Donald Trump im US-Senat beginnt, sind viele Fragen offen. Wie lange wird er dauern? Werden Zeugen gehört? Vor einem Jahr, als die Demokraten Donald Trump wegen Machtmissbrauchs in der Ukraine-Affäre seines Amtes entheben wollten, verhandelte die Kammer 20 Tage, ehe sie den Angeklagten freisprach. Diesmal hat allein schon der demokratische Präsident Joe Biden ein Interesse daran, dass es mindestens genauso schnell geht. Schließlich soll sich der Senat mit Bidens billionenschwerem CoronaHilfspaket und anderen wichtigen Gesetzesvorhaben befassen. Wetten möchte niemand darauf.
Trump hat es abgelehnt, sich befragen zu lassen. Jamie Raskin, einer der acht demokratischen Abgeordneten, die als Kläger fungieren, hatte ihn schriftlich aufgefordert, in den Zeugenstand zu treten. Die Anwälte des Ex-Präsidenten, Bruce Castor und David Schoen, haben das Ansinnen nicht nur abschlägig beschieden, sondern es auch als reinen PR-Gag abgetan. Denkbar ist, dass die Anklage Leute aufbietet, die am 6. Januar dabei waren, als Trump seine in der Nähe des Weißen Hauses versammelten Fans aufrief, zum Parlament zu marschieren und „wie der Teufel zu kämpfen“. Augenzeugen, die die
Atmosphäre schildern und begründen, warum seine Sätze nicht anders verstanden werden konnten als eine Anstiftung zum Aufstand.
Trump trage eindeutig Verantwortung für die Erstürmung des Parlamentsgebäudes, schreiben die acht Demokraten in einem bereits veröffentlichten Papier. Er habe bewiesen, dass ihm jede Methode recht sei, um sich an der Macht zu halten. Dass der wochenlange Versuch, das Ergebnis der Wahlen noch zu kippen, damit endete, dass seine aufgeputschten Anhänger zum Kapitol zogen, sei die logische Folge seiner Rhetorik gewesen.
Es gibt etliche Videos, aufgenommen von Handykameras, die den direkten Zusammenhang dokumentieren. Das Reiss Center, eine juristische Sparte der New York University, hat einige von ihnen zu einem ZehnMinuten-Film verdichtet. Er zeigt beispielsweise, wie die Menge reagiert, als Trump davon spricht, dass man nun zum Kapitol laufen werde. „Erobert das Kapitol!“, ruft einer. „Lasst uns das Kapitol nehmen! Jetzt gleich!“, kommt als Echo zurück, bis es irgendwann Hunderte sind, die „Let’s take the Capitol!“skandieren. Später, als die Sperren der Parlamentspolizei durchbrochen sind, rechtfertigt einer die Randale mit den Worten: „Wir wurden eingeladen, wir wurden eingeladen vom Präsidenten der Vereinigten Staaten“.
Sicher ist auch, dass Trumps Anwälte ihren Mandanten mit dem Recht auf die Freiheit der Rede, verankert im ersten Zusatzartikel der Verfassung, verteidigen werden. Es sei Trumps gutes Recht, Zweifel am Resultat einer Wahl zu äußern, argumentieren Castor und Schoen. Als er dazu aufforderte, wie der Teufel zu kämpfen, habe er gemeint, dass man sich für die „Sicherheit von Wahlen generell“einsetzen müsse. Im Übrigen stellt das Duo die Rechtmäßigkeit der Prozedur an sich infrage: Jemand, der nicht mehr im Amt sei, könne seines Amtes auch nicht mehr enthoben werden.
So hatten es, bis auf fünf Ausnahmen, auch die 50 republikanischen Senatoren gesehen, als sie – vergebens – einen Abbruch der Verhandlung wegen Verfassungswidrigkeit verlangten. Für manche Beobachter lässt es den Schluss zu, dass Trump wie schon vor zwölf Monaten ungestraft davonkommt. Es sei unrealistisch, auf 17 republikanische Senatoren zu hoffen, die sich mit den 50 Demokraten verbünden müssten, damit er für schuldig befunden wird. Andere halten einen Sinneswandel bei dem einen oder anderen Konservativen durchaus für möglich, wenn die Kläger überzeugend auftreten.