„Künftig nicht mehr jeder Wunsch sofort umsetzbar“
Kreisausschuss billigt Haushalt mit 90 Millionen Euro – Mancher grübelt aber angesichts möglicher finanzieller Corona-Folgen
- Der Vorarbeit von Verwaltung und der Kollegen im Haushaltsausschuss zollen die Mitglieder des Kreisausschusses Respekt: Ohne Gegenstimme empfehlen sie dem Kreistag, den nun auf ziemlich genau 90 Millionen Euro gekürzten Haushalt für dieses Jahr zu beschließen. Den Kreisräten ist bewusst: Mit Blick auf die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie kommt der Landkreis Lindau, im Gegensatz zu manchen Kommunen, derzeit noch relativ ungeschoren davon. Doch schon im nächsten Jahr kann sich das Blatt wenden. Und deshalb ist Politikern wie Ulrich Pfanner klar: „Künftig ist nicht mehr jeder Wunsch sofort umsetzbar.“
Vor allem die Tatsache, dass der 2,3 Millionen Euro teure Einbau der dezentralen Anlagen für kontrollierte Be- und Entlüftung in den drei Gymnasien nun über zwei Jahre gestreckt werden soll, spart dem Kreis im Investitionsbereich eine Million Euro ein. Zusammen mit zahlreichen kleineren gestrichenen Beträgen sorgt das dafür, dass der ursprünglich knapp 92 Millionen Euro umfassende Haushaltsentwurf nun einen Betrag von 90,04 Millionen Euro in Einnahmen und Ausgaben vorsieht. Es ist ein Paket, das im Kreisausschuss alle für gut halten.
Das auch vor dem Hintergrund, dass der Kreis Lindau in diesem Jahr 24,2 und damit 2,2 Millionen Euro mehr Bezirksumlage nach Augsburg überweisen muss: Der Bezirk Schwaben hat den Hebesatz für seine Umlage erhöhen müssen, weil seine Rücklagen angesichts immer neuer Gesetze und Kosten im Sozialen so gut wie aufgebraucht sind. Kreiskämmerer Erwin Feurle betrachtet den Bezirk denn auch als „Sorgenkind“: „Da droht gewisses Ungemach“, stellte er im Kreisausschuss fest.
Mit der finanziellen Situation des Bezirks hat sich auch Kreisrat Uwe Birk intensiver beschäftigt. Auch, wenn im ein oder anderen Punkt Bürger entlastet würden, müsse der Bezirk dann die neuen Gesetze finanziell stemmen. Nach Birks Ansicht muss aber derjenige, der die Gesetze erlässt, auch für deren Finanzierbarkeit sorgen. Das müsse man Landes- wie Bundespolitiker klar machen.
Landrat Elmar Stegmann kündigte an, dass der Landkreistag in diesem Punkt Forderungen an Berlin stellen wolle. Gewisse Standards haben nach seiner Sicht „ein unheimlich hohes Niveau“erreicht. Wenn aber nicht mehr so viel Geld zur Verfügung stehe wie in den zurückliegenden Jahren, „dann wird es ein schweres Umdenken geben müssen“, zeigte sich Stegmann im Kreisausschuss überzeugt.
Für Kreisrat Markus Reichart stellte sich die Frage, ob der Landkreis angesichts der finanziellen Aussichten „so weiter wie bisher arbeiten“könne „oder doch irgendwo abspecken muss“. Aber abgesehen von den beiden geplanten Schulneubauten
„Es wird ein schweres Umdenken geben
müssen.“
Landrat Elmar Stegmann
– die Antonio-Huber-Förderschule in Lindenberg und das neue Berufsschulzentrum in Lindau – „haben wir alles andere nicht in der Hand“, gab sein Kollege Ulrich Pfanner zu bedenken. Gleichwohl ist auch ihm bewusst: „Künftig ist nicht mehr jeder Wunsch sofort umsetzbar.“Der Bau der neuen Antonio-Huber-Schule soll im nächsten
Jahr beginnen und bis 2024 dauern. In den vier Jahren danach soll dann das neue Berufsschulzentrum errichtet werden. Bisher gehen Kämmerer und Kreisräte davon aus, dass die rund 16 Millionen Euro teure Förderschule mit staatlichen Zuschüssen und Geld aus der Rücklage des Landkreises finanziert werden kann. Ob aber die Rücklage so
Kreisrat Markus Reichart dick wird wie erhofft, ist derzeit offen.
So verzichtet der Landkreis in diesem Jahr auf 1,5 Prozentpunkte Kreisumlage, senkt den Hebesatz auf 40,5 Prozent: Das ergibt 1,6 Millionen Euro weniger Einnahmen für den Kreis. Damit will er seine von den finanziellen Corona-Folgen betroffenen Gemeinden und Städte etwas entlasten. Der Kämmerer sieht aber auch: Wegen der Corona-Pandemie werde die Umlagekraft der Kommunen spürbar sinken. „Ab 2023 droht ein starker Einbruch, sofern in diesem Jahr kein weiterer Rettungsschirm
für die Kommunen greift“, warnte Feurle im Kreisausschuss.
Reichart, zugleich Bürgermeister von Heimenkirch, zeigte sich äußerst nachdenklich: Natürlich sei es gut, wenn der Bund die Gemeinden etwa mit Blick auf ausbleibende Gewerbesteuer unterstütze. „Aber alles, was jetzt läuft, machen wir zulasten der nächsten Generation.“
„Alles, was jetzt läuft, machen wir zulasten der nächsten Generation.“
Endgültig beschließen wird den Haushalt 2021 der Kreistag in seiner öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 24. Februar.