Lindauer Zeitung

Unmut bei Oberstdorf­er Hoteliers

Sie fürchten, dass Tausende die Infektions­lage verschärfe­n und das Oster- und Sommer-Geschäft gefährden – Unternehme­r fordert kurzfristi­ge Absage

- Von Thomas Weiß

- Gut zwei Wochen vor Beginn der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf melden sich die Hoteliers in Deutschlan­ds südlichste­r Gemeinde immer lauter zu Wort. Sie befürchten, dass Tausende WM-Beteiligte aus aller Herren Länder für eine steigende Zahl an Corona-Infektione­n im ganzen Allgäu sorgen und damit den Tourismus auch an Ostern und im Sommer lahmlegen könnten.

Die vehementes­te Aussage trifft Jürnjakob Reisigl, der mehrere große Hotels in Oberstdorf führt: „Ich habe lange Zeit für eine Verschiebu­ng der WM auf 2025 plädiert. Aber jetzt fordere ich eine kurzfristi­ge Absage. Die WM macht unter diesen Umständen schlichtwe­g keinen Sinn.“Dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder, der gleichzeit­ig Schirmherr der WM ist, wirft er eine „unlogische Corona-Politik“vor. Söder könne nicht auf der einen Seite für immer noch härtere Maßnahmen in der Krise eintreten, und auf der anderen Seite eine WM im Freistaat zulassen, von der eine weitaus größere Infektions­gefahr ausgehe als von einem touristisc­hen Normalbetr­ieb: „Diese WM passt nicht in diese Zeit.“Reisigls Recherchen zufolge hätten Sportgroßv­eranstaltu­ngen in Deutschlan­d zuletzt die jeweiligen Inzidenzza­hlen mit einer Woche Verzögerun­g deutlich nach oben geschraubt. Das liege vor allem daran, dass es für Lieferante­n, Handwerker, Caterer und Hotels keine schlüssige­n Hygiene-Konzepte gebe.

Claudia Tauscher-Kögel, die den Alpengasth­of Schwand oberhalb der Skiflugsch­anze führt und während der Titelkämpf­e das Schweizer Team beherbergt, schließt sich der Forderung Reisigls nicht an: „Über eine Absage hätten wir vor etlichen Wochen ernsthaft diskutiere­n sollen. Aber nicht mehr jetzt. Wenn Söder die WM jetzt absagt, wäre der Schaden immens.“Die frühere Ortsvorsit­zende des Hotel- und Gaststätte­nverbandes fordert stattdesse­n eine schnelle Teststrate­gie – nicht nur für die akkreditie­rten Gäste, sondern auch für alle Hotelmitar­beiter. Verärgert reagiert sie auf ein Schreiben der WM-Organisato­ren, die den Beherbergu­ngsbetrieb­en nur Empfehlung­en und Ratschläge an die Hand gegeben haben: „Jedem Betrieb das eigenveran­twortlich zu überlassen, ist blanker Unfug und gefährlich“, schimpft Claudia Tauscher-Kögel.

Moritz Beckers-Schwarz, einer der Geschäftsf­ührer der Nordischen Ski-WM GmbH, verteidigt das Empfehlung­sschreiben: „Wir haben als Veranstalt­er keine Handhabe, den Oberstdorf­er Hoteliers strenge Vorgaben zu machen.“Bezüglich einer kurzfristi­gen Absage der Weltmeiste­rschaft sagt er: „Wir sorgen mit unseren strengen Regeln dafür, dass von dieser WM kein erhöhtes Risiko ausgeht.“Die Zahl der akkreditie­rten Personen sei von 7000 auf 4500 reduziert worden. Und von den 4500 seien nie alle gleichzeit­ig da. Die größten Personengr­uppen sind Athleten und Betreuer (1650), freiwillig­e Helfer (1400) und Medien (800).

Auch der Allgäuer Bundestags­Abgeordnet­e Stephan Thomae (FDP) hat sich mit der bevorstehe­nden Geister-Weltmeiste­rschaft beschäftig­t: „Diese WM bereitet vielen Hoteliers zusätzlich schlaflose Nächte.“Gerade Betriebe, die als Partner-Hotels der WM-Organisato­ren gleich mehrere Teams zugewiesen bekommen haben, stünden vor enormen Herausford­erungen. Thomae fordert aber keine WM-Absage, sondern schlägt moderatere Töne an: Es brauche nun dringend eine bessere Unterstütz­ung seitens des Internatio­nalen Skiverband­es, „um zu einer guten Lösung für alle Beteiligte­n zu kommen“.

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ARCHIVFOTO: DPA/KARL-JOSEF HILDENBRAN­D In knapp zwei Wochen soll in Oberstdorf die Nordische Ski-WM starten, doch nicht jeder ist mit dieser Entscheidu­ng glücklich. Ein Unternehme­r, der mehrere Hotels im Ort führt, fordert sogar die kurzfristi­ge Absage der Großverans­taltung.

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