Vesperkirche in Memmingen fällt aus
Die Veranstalter hatten ursprünglich geplant, Essen aus einem Food-Truck auszugeben
- Etwa 7000 Gäste sind im Februar vergangenen Jahres in die Vesperkirche an 15 Tagen zum Mittagstisch zusammengekommen – unabhängig von Alter, Religion, Herkunft und Geldbeutel. Die Memminger Christuskirche wurde zu einem Ort der Begegnung und der Gemeinschaft. Organisiert haben dies das evangelisch-lutherische Dekanat, die Kirchengemeinde der Christuskirche und das Diakonische Werk Memmingen. Dass die Vesperkirche wegen der Corona-Pandemie heuer nicht wieder in dieser Art stattfinden kann, war den Organisatoren schnell klar. Sie überlegten sich deshalb ein coronataugliches Konzept – und holten noch weitere Kirchengemeinden mit ins Boot. Ein Food-Truck sollte vom 28. Februar bis 21. März unter dem Motto „Vesperkirche unterwegs“an verschiedenen Standorten Essen zum Mitnehmen ausgeben. Doch nun steht fest: Die Vesperkirche muss in diesem Jahr ganz ausfallen.
„Im Herbst sind wir noch optimistisch an die Sache rangegangen“, sagt Dekan Christoph Schieder. Doch dann spitzte sich die Corona-Lage zu. „Kontakt, Beziehung, Gespräche – alles, was im vergangenen Jahr die Vesperkirche ausgemacht hat, wäre in dieser Form nicht möglich gewesen“, sagt Schieder. Manuela Walcher, die für die Organisation zuständig ist, pflichtet ihm bei. Im vergangenen Jahr habe sie jeden Gast an der Tür willkommen geheißen, erinnert sie sich. „Heuer hätten wir sagen müssen, bitte nehmen Sie das Essen und gehen Sie wieder.“Das habe bei ihr kein gutes Bauchgefühl ausgelöst, sagt sie. Das Organisationsteam müsse außerdem die Mitarbeiter und Gäste der Vesperkirche schützen. Dieser Gedanke stehe an erster Stelle, sagt Diakonin Sabrina Schade. „Wir wollen einen Beitrag leisten, die Kontakte zu reduzieren“, fügt Schieder hinzu.
Die Verantwortlichen hätten sich deshalb dazu entschieden, „die Reißleine zu ziehen“, erklärt er. Normalerweise würden jetzt auch schon die Vorbereitungen laufen, sagt Schade. Ein gewisser Kontakt unter den Helfern wäre dabei aber unausweichlich gewesen. „Und das ist gerade einfach nicht erlaubt“, sagt die Diakonin. Walcher ergänzt: „Wir hätten mit dem Food-Truck außerdem der Gastronomie Konkurrenz gemacht, die ohnehin in einer schwierigen Lage ist.“
Dass sich aber gerade jetzt, inmitten der Corona-Pandemie, die Leute nach Gemeinschaft und Halt sehnen, ist den Veranstaltern bewusst. „Wir sehen die Menschen in ihrer Not“, betont Walcher. Deshalb hat das Team zwei Broschüren mit Stadtspaziergängen entworfen, mit denen jeder für sich das ursprüngliche Motto „Vesperkirche unterwegs“umsetzen kann. „Es ist wie ein Meditationsweg durch Memmingen, bei dem man den Blick auch auf andere richtet“, erklärt Schieder. An verschiedenen symbolischen Haltepunkten in der Stadt könne jeder innehalten und dabei über sich und andere nachdenken. Bis zum ursprünglich geplanten Start der Vesperkirche sollen diese Broschüren fertig sein, sagt Margit Pschorn von der Diakonie.
Außerdem waren für den Zeitraum der Vesperkirche an jedem Sonntag Gottesdienste in unterschiedlichen Kirchen geplant. Diese werde man beibehalten. Zusätzlich
Dekan Christoph Schieder wird es jeden Tag online eine kleine Andacht oder einen Impuls zum Thema „unterwegs sein“geben. Diakonin Schade sagt, mit diesem Rahmenprogramm wolle man allen in dieser schwierigen Zeit Orientierung und Zuversicht schenken – „selbst, wenn wir jetzt allein unterwegs sind.“
Spender und Sponsoren, die bereits finanzielle Unterstützung für die diesjährige Vesperkirche geleistet haben, werden einzeln angeschrieben, sagt Stefan Gutermann, Vorstand der Diakonie Memmingen. Die Spenden könnten entweder für nächstes Jahr behalten oder dem Sponsor zurückgegeben werden. „Wichtig ist uns da die Transparenz“, betont Schieder.
Für die Veranstalter steht laut Schieder fest: „Wir wollen uns den Mut nicht nehmen lassen.“Nächstes Jahr soll es wieder eine Vesperkirche geben. Dann wolle man die ursprünglichen Planungen umsetzen. Das sei ein „Silberstreif am Horizont“für alle Beteiligten, sagt Schieder. Ein Termin steht noch nicht fest. „Spätestens Mitte März werden wir die Planung angehen.“
„Kontakt, Beziehung, Gespräche – alles, was im vergangenen Jahr
die Vesperkirche ausgemacht hat, wäre in dieser Form nicht möglich gewesen.“
Informationen zu den Gottesdiensten, Andachten und Stadtspaziergängen auf www.vesperkirche-memmingen.de