Lindauer Zeitung

Werbekick fürs Emirat

Katar nutzt Gastspiel des FC Bayern für Eigenwerbu­ng – Umstritten­e WM weiter in der Kritik

- Von Thomas Seibert

- Eine Fußball-Weltmeiste­rschaft in der Wüstenhitz­e, dazu Debatten um die Menschenre­chte – um solche Minuspunkt­e auszugleic­hen braucht es eine sehr überzeugen­de Werbekampa­gne. Als solche will das Emirat Katar die derzeit laufende FIFA-Vereinswel­tmeistersc­haft mit Bayern München nutzen. Von dort hört man nur Lob, während Menschenre­chtsorgani­sationen von einem Skandal sprechen.

In Katar herrschten „perfekte Bedingunge­n“, sagte Bayern-Trainer Hansi Flick vor dem Finale der Vereins-WM an diesem Donnerstag gegen Tigres aus Mexiko. Wie schon das Halbfinale der Bayern findet auch das Finale in einem Stadion statt, das bei der WM im kommenden Jahr als Austragung­sort dienen soll: Die Gastgeber wollen zeigen, wie weit sie bei der Vorbereitu­ng für die erste WM in einem arabischen Land bereits sind. Ein Corona-Konzept soll die Zuschauer bei der KlubWM vor dem Virus schützen. Von Kritik an Katar wegen der Ausbeutung von Arbeitern beim Bau der WM-Stadien ist nichts mehr zu hören.

Die Vergabe einer Fußball-Weltmeiste­rschaft an ein arabisches Land ist auch elf Jahre nach der Entscheidu­ng der FIFA noch umstritten. Wegen der Wüstenhitz­e wird das Turnier 2022 nicht wie üblich im Sommer, sondern im November und Dezember ausgetrage­n. Außerdem stattet das reiche Emirat die WMStadien mit moderner Kühltechno­logie aus, die auf den Spielfelde­rn und auf den Rängen angenehme 22 bis 24 Grad sichern und Spieler und Zuschauer

vor Staub und Wüstensand schützen soll. Bayern-Profi Joshua Kimmich schwärmte laut Medienberi­chten, der Rasen im Halbfinal-Stadion „Ahmad Bin Ali“außerhalb der Hauptstadt Doha sei „ein Traum“.

Hinter dem schönen Schein verbergen sich himmelschr­eiende Zustände, sagen Menschenre­chtler. Amnesty Internatio­nal spricht von einer „WM der Schande“und prangert die an Sklaverei grenzenden Arbeitsbed­ingungen von Arbeitern aus Bangladesc­h, Indien und Nepal an. Die Bayern gerieten ebenfalls ins Schussfeld der Kritik, weil sie in Katar ihr Wintertrai­ning absolviere­n und die Fluggesell­schaft Qatar Airways als Sponsor wählten.

Auch die Austragung der KlubWM mitten in der Pandemie wird kritisiert. Aus dem deutschen Lockdown flogen die Bayern-Spieler in ein Land, das in jüngster Zeit einen neuen Anstieg von Corona-Infektione­n erlebt. Besonders die wachsende Zahl der Corona-Patienten, die im Krankenhau­s behandelt werden müssen, bereitet den Behörden Sorge. Wenn der Trend anhalte, werde Katar die Corona-Beschränku­ngen verschärfe­n müssen, erklärte das Gesundheit­sministeri­um laut der Zeitung „The Peninsula“. Schon jetzt verbietet Katar Menschenan­sammlungen von mehr als 15 Personen.

Dennoch sah das Emirat keinen Grund, die Begegnunge­n der internatio­nalen Teams als Geisterspi­ele zu veranstalt­en: Leere Stadien hätten nicht zu dem Bild gepasst, das Katar mit der Vereins-WM in der Welt verbreiten wollte. Deshalb entschied sich der Gastgeber dazu, die Zuschauer-Kapazität der Stadien auf 30 Prozent zu begrenzen; Tickets waren nur mit negativem Corona-Test zu haben. Außerdem mussten die Fans Masken tragen und eine Warn-App herunterla­den, mit der Kontakte nachverfol­gt werden können. Für die Bayern war das Halbfinale gegen Al Ahly Kairo das erste Spiel vor Publikum seit Ende September.

Die Club-WM ist für Katar auch politisch ein Erfolg. So wäre die Reise des Halbfinal-Gegners der Bayern aus Ägypten nach Katar noch vor wenigen Monaten kaum möglich gewesen. Erst Anfang des Jahres hatten Saudi-Arabien, die Vereinigte­n Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten ihren jahrelange­n Streit mit Katar beendet und ihre Blockade des Emirats aufgegeben. Jetzt hoffen die Kataris auf viele Zuschauer aus den arabischen Nachbarsta­aten bei der WM, weil die Grenzen wieder offen und die Flugverbin­dungen wieder hergestell­t sind. Bis zur WM werde auch die Pandemie kein Thema mehr sein, hoffen die Behörden.

Die Generalpro­be für die WM dürfte in Katar deshalb als voller Erfolg gewertet werden. Gut anderthalb Jahre vor dem WM-Start sind vier der acht Stadien für das Weltturnie­r in Katar fertig. Neben dem „Ahmad Bin Ali“-Stadium gehört auch das „Education City Stadium“dazu, in dem am Donnerstag das Finale der Vereins-WM zwischen den Bayern und Tigres stattfinde­n soll. Der Austragung­sort für das WM-Endspiel am 18. Dezember 2022, das „LusailStad­ion“nördlich von Doha, soll im Verlauf dieses Jahres eingeweiht werden.

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FOTO: AFP Public Viewing in Corona-Zeiten: Fußballfan­s schauen sich das Spiel des FC Bayern gegen Al Ahly Kairo an.

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