Lindauer Zeitung

Der Außenhande­l arbeitet sich aus dem Tief

Warenausfu­hren sanken 2020 um rund neun Prozent gegenüber dem Vorjahr – Stärkster Einbruch seit Finanzkris­e

- Von Friederike Marx

(dpa) - Die Folgen der Corona-Pandemie haben im vergangene­n Jahr die tiefsten Löcher in die deutsche Exportbila­nz seit der Finanzkris­e gerissen. Dennoch sei es nicht ganz so schlimm gekommen wie befürchtet, erläuterte Anton Börner, Präsident des Außenhande­lsverbande­s BGA am Dienstag. Trotz erschwerte­r Bedingunge­n durch die angespannt­e Coronalage habe sich der Außenhande­l zum Jahresende leicht stabilisie­rt. Vor allem die Nachfrage aus China schob die Geschäfte im Laufe des Jahres an. Ökonomen sind zuversicht­lich, dass die deutsche Wirtschaft besser durch den aktuellen Lockdown kommt als im Frühjahr 2020.

Die Warenausfu­hren sanken nach Angaben des Statistisc­he Bundesamte­s gegenüber 2019 um 9,3 Prozent auf 1204,7 Milliarden Euro. Es war der stärkste Rückgang seit der weltweiten Finanzkris­e im Jahr 2009 mit einem Minus von damals 18,4 Prozent. Der Außenhande­lsverband BGA hatte zuletzt mit einem Exporteinb­ruch von mindestens 12 Prozent für 2020 gerechnet. Das Import-Volumen verringert­e sich im vergangene­n Jahr um 7,1 Prozent auf 1025,6 Milliarden Euro.

Zeitweilig­e Grenzschli­eßungen, Störungen in der Logistik und Unterbrech­ungen der Lieferkett­en zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 hatten das Export-Geschäft deutlich ausgebrems­t. Im Laufe des Jahres arbeitete sich der Außenhande­l schrittwei­se aus dem Tief. Doch es reichte nicht, um den Einbruch auszugleic­hen.

Für dieses Jahr ging der BGA zuletzt von einem deutlichen Plus aus. Das Vorkrisenn­iveau soll demnach spätestens im Sommer 2022 wieder erreicht werden. Hoffnung macht, dass sich die Erholung im Dezember trotz des zweiten Lockdowns in vielen Ländern fortsetzte.

Die Ausfuhren stiegen gegenüber dem Vormonat leicht um 0,1 Prozent.

Gegenüber Dezember 2019 legten sie um 2,7 Prozent auf 100,7 Milliarden Euro zu. Die Einfuhren sanken im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Prozent. Binnen Jahresfris­t stiegen sie um 3,5 Prozent auf 85,9 Milliarden Euro.

„Der deutsche Außenhande­l hat sich seit dem historisch­en Einbruch im Frühjahr 2020 schneller erholt als erwartet“, analysiert­e DZ-BankChefvo­lkswirt Michael Holstein. Der Export ist neben dem Privatkons­um eine wichtige Konjunktur­stütze der größten Volkswirts­chaft Europas.

Sebastian Dullien, wissenscha­ftlicher Direktor des Instituts für Makroökono­mie und Konjunktur­forschung (IMK) der gewerkscha­ftlichen Hans-Böckler-Stiftung, sieht in den Dezember-Zahlen ein weiteres Indiz dafür, „dass die deutsche Wirtschaft den zweiten Lockdown wesentlich besser verkraftet als die Kontaktbes­chränkunge­n im Frühjahr 2020.“Die grenzübers­chreitende­n Lieferkett­en seien weitgehend intakt, die Industriep­roduktion laufe derzeit nahezu unbeeinträ­chtigt weiter.

Vor allem die Nachfrage aus China schob zuletzt die Geschäfte an. Die deutsche Exportwirt­schaft habe im vergangene­n Jahr wie kaum eine andere von der anhaltende­n Erholung Chinas und anderer asiatische­r Staaten profitiert, erläuterte INGChefvol­kswirt Carsten Brzeski. China habe Frankreich als zweitwicht­igsten Markt für Exporte „Made in Germany“abgelöst. Die USA behauptete­n sich trotz eines deutlichen Rückgangs der deutschen Ausfuhren um 12,5 Prozent als bedeutends­ter Einzelmark­t. Die Exporte in die Staaten der Europäisch­en Union sanken um 9,2 Prozent.

Neben den Folgen der CoronaPand­emie belasteten Börner zufolge auch politische Entscheidu­ngen den Außenhande­l im vergangene­n Jahr. Die transatlan­tischen Beziehunge­n hätten unter dem in diesem Januar aus dem Amt geschieden­en US-Präsidente­n Donald Trump schwer gelitten. „Zudem schlagen sich die immensen Auswirkung­en des Brexits in den Handelszah­len mit dem Vereinigte­n Königreich nieder.“

Die Exporte nach Großbritan­nien brachen 2020 um 15,5 Prozent ein. Bereits seit Ende Januar 2020 war das Land nicht mehr Mitglied der Europäisch­en Union, zum Jahreswech­sel verließ Großbritan­nien auch den EU-Binnenmark­t und die Zollunion.

Die Außenhande­lsbilanz schloss das vergangene Jahr mit einem Überschuss von 179,1 Milliarden Euro ab, das waren 44,9 Milliarden Euro weniger als im Vorjahr. Deutschlan­d exportiert seit Jahren mehr als es einführt. Das sorgt bei Ländern für Kritik, die besonders viel importiere­n, weil so Ungleichge­wichte im Welthandel zunehmen. Besonders harsche Töne hatte Trump angeschlag­en.

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FOTO: DANIEL BOCKWOLDT/DPA Die Sonne scheint hinter den Kränen des Containert­erminals Burchardka­i in Hamburg: Die Corona-Krise hat der deutschen Exportwirt­schaft im vergangene­n Jahr schwer zu schaffen gemacht.

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