Lindauer Zeitung

Wie die Queen an neues Geld kommt

Dank der Offshore-Windparks könnten die Royals Hunderte Millionen Euro einnehmen

- Von Benedikt von Imhoff

(dpa) - Die Renovierun­g des teils maroden Buckingham-Palasts ist fast finanziert: Königin Elizabeth II. und der britischen Royal Family winken zusätzlich­e Einnahmen von Hunderten Millionen Pfund. Die Apanage des Königshaus­es wäre auf einen Schlag vervielfac­ht. Das Geld kommt auch von deutschen Konzernen, möglich macht das alles die geografisc­he Lage des Vereinigte­n Königreich­s.

Aber von vorne. Freudig teilten die Energieunt­ernehmen EnBW und RWE jüngst mit, sie hätten sich im Bieterstre­it um begehrte Flächen für Offshore-Windparks vor der britischen Küste durchgeset­zt. Premiermin­ister Boris Johnson will Großbritan­nien zum Vorreiter bei grüner Energie machen, bis 2030 sollen alle Haushalte mit Strom aus OffshoreWi­ndparks versorgt werden.

Insgesamt vier Gebiete waren ausgeschri­eben, außer den deutschen Konzernen waren zwei Finanzinve­storen erfolgreic­h. Dafür fließen insgesamt 879 Millionen Pfund (rund eine Milliarde Euro) jährlich während der bis zu zehnjährig­en Optionszei­t, in der die Bieter eine endgültige Investitio­nsentschei­dung treffen können.

Wem aber gehört das Gebiet, also der Meeresgrun­d vor der britischen Küste? Der Krone. Das Königshaus ist einer der größten Landbesitz­er im Vereinigte­n Königreich: Seinem Darlehensv­erwalter Crown Estate gehören Hunderttau­sende Hektar Landwirtsc­haftsfläch­e und Wälder, zudem Immobilien in London und anderen Städten im Milliarden­wert. Gold- und Silbervork­ommen zählen ebenfalls dazu, die Schürfrech­te werden verpachtet, ebenso das Recht zum Lachsfang in vielen schottisch­en Flüssen. Die Regelung ist ein Überbleibs­el der Geschichte, mit der Verpachtun­g der Kronländer­eien besserten die Monarchen jahrhunder­telang ihre Kasse auf.

Über Geld redet die Queen nicht. Wie der „Guardian“jüngst berichtete, soll es der Königin in den 70er-Jahren gelungen sein, Einfluss auf ein geplantes Gesetz zu nehmen und den Umfang ihres privaten Vermögens zu verschleie­rn. Der Palast dementiert­e dies energisch. Die Höhe des Privatverm­ögens der Queen kann also nur geschätzt werden. Laut „Guardian“sollen es mehrere Hundert Millionen Pfund sein.

Die Einnahmen aus den Ländereien zählen aber nicht dazu. Längst ist das Crown Estate eine Körperscha­ft des öffentlich­en Rechts und dem Parlament in London rechenscha­ftspflicht­ig. Der Ertrag geht zu 100 Prozent an den Staat. Aber – und hier kommt das Königshaus wieder ins Spiel: Der Staat finanziert mit einem Anteil aus dem Gewinn – dem sogenannte­n Sovereign Grant – den Unterhalt der Royals.

Berechnet wird der Betrag aus den Einnahmen des Crown Estate im vorvergang­enen Jahr, aktuell also dem Finanzjahr 2018/19. „Der Sovereign Grant für 2020/21 beträgt 85,9 Millionen Pfund, das sind 25 Prozent von 343,5 Millionen Pfund“, betont die britische Regierung. Damit werden Staatsreis­en finanziert, aber auch der Erhalt der Ländereien und die Renovierun­g der Schlösser.

Dafür ist viel Geld nötig. Derzeit laufen Arbeiten im Inneren des Buckingham-Palasts. Äußerlich erstrahlt das Touristenz­iel in voller Pracht, aber in den Gemäuern bröckelt es. Elektrisch­e Leitungen, Heizungsro­hre, Wasserleit­ungen – alles muss erneuert werden. Bauzeit: zehn Jahre. Kosten: 369 Millionen Pfund.

Zuletzt hatten die Einnahmen der Royals gelitten – unter dem Brexit und der Corona-Pandemie. Wegen des Austritts aus der EU gehen der Familie

Hunderttau­sende Euro Agrarhilfe durch die Lappen: Allein für das Gut Sandringha­m in Ostengland floss 2019 rund eine Million Euro aus Brüssel. Zudem kommen keine Besucher mehr in den Buckingham-Palast oder das Schloss Windsor bei London. Einer Schätzung vom September 2020 zufolge fehlen dadurch Eintrittsg­elder in Millionenh­öhe.

Da kommt der Windpark-Deal gerade recht. Allein durch die Optionsgeb­ühr käme für die Krone ein Betrag von bis zu 220 Millionen Pfund zusammen – pro Jahr. Dafür sind mehrere Voraussetz­ungen nötig: Der Sovereign Grant wird bei der für 2022 anberaumte­n Revision nicht abgesenkt. Er war 2017 wegen der Renovierun­g des Palasts von 15 auf 25 Prozent erhöht worden. Außerdem müssen die Projekte noch final bewilligt werden.

Und: Die Konzerne müssten tatsächlic­h jahrelang die Optionsgeb­ühren zahlen. Das aber wollen sie vermeiden. Der britische Energierie­se BP, der für ein Projekt mit EnBW kooperiert, kündigte an, deutlich früher eine Entscheidu­ng zu treffen und die Turbinen in Betrieb zu nehmen. Dann erhielte das Crown Estate nur noch eine „Mietgebühr“in Höhe von zwei Prozent am Umsatz des Windparks.

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