Bauern protestieren mit Feuern gegen die Politik
Landwirte stellen sich gegen geplante Beschlüsse zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – Existenz sei bedroht
- Wer sich am Montag in den frühen Abendstunden gewundert hat, warum da in und um Lindau sowie in den Kreisgemeinden plötzlich große Feuer aufloderten, kann versichert sein, es war kein vorgezogener Funken. Auch wenn für diese Protestfeuer der Bauern, denn genau das waren sie, teilweise die gleichen Plätze ausgesucht worden waren wie auf dem Entenberg (Bild), wo Andreas Willhalm gemeinsam mit Hansjörg und Noah Brög ein Protestfeuer entzündet hatten.
Worum ging und geht es den Bauern mit diesem weithin sichtbaren Protest? Nun, zur Wochenmitte steht ein Beschluss des Bundesumweltministeriums zur Abstimmung an, der eine Gesetzesgrundlage für den Insektenschutz werden soll, wenn es nach Bundesumweltministerin Svenja Schulze geht. Damit, so die Befürchtung der Landwirte in ganz Deutschland, werde die deutsche Landwirtschaft kaputt gemacht. Drastisch formuliert sich der Protest in der Aussage: „Unsere SPD-Ministerin Svenja Schulze will die deutsche Landwirtschaft kaputt machen!“Äußerungen diesbezüglich finden sich zwar nicht, es ist auch sicher nicht das Ziel Schulzes, die Landwirtschaft zu vernichten, aber die Auswirkungen des geplanten Insektenschutzgesetzes sehen die Bauern schon als existenzbedrohend.
Der Lindauer Obstbauer Andreas Willhalm erklärt das anhand eines Beispiels: Aufgrund des geplanten Anwendungsverbotes von Herbiziden und bestimmten Insektiziden in FFH-Gebieten könne beispielsweise der Bioweinbauer Claudius Haug im Bereich Alwind oder Aquamarin in
Wasserburg keinen Wein mehr anbauen, denn selbst biologischer Pflanzenschutz wäre da nicht mehr genehmigt.
Also egal, ob Bio oder nicht, es wäre überhaupt kein Einsatz von Pflanzenschutzmaßnahmen mehr möglich und somit die Grundlage für den Lebensunterhalt entzogen. Durch das geplante Gesetz würden 90 000 Hektar bisher landwirtschaftlich genutzter Fläche in ganz Deutschland wegbrechen – und was das für die kleinstrukturierte Landwirtschaft gerade hier in Süddeutschland bedeute, könne sich jeder selbst ausmalen, so Willhalm. Bei dem herrschenden Preisdruck seitens des Handels könne man einfach nicht mehr von seiner Arbeit leben, denn diese „Geiz-ist-geil-Mentalität ist aus den Köpfen der Verbraucher einfach nicht herauszubringen“, beklagt der Obstbauer.
Die großen Handelsketten und Discounter hätten nach eigenen Angaben versucht, mit zum Teil höheren Preisen etwas von den Erlösen direkt an die Landwirte weiterzugeben. Aber der Kunde wolle das nicht, so das Argument der großen Handelsketten und Discounter. „Wir haben da selbst jahrelang zu wenig dagegen Aufklärungsarbeit geleistet“, gibt Andreas Willhalm selbstkritisch zu. Der Einwand, dass in Zeiten gestiegener Butterpreise beispielsweise die zeitgleichen Sonderangebote für irische Butter die heimische in den Regalen liegen ließ, stärke sein Vertrauen in die Discounter natürlich nicht. Immer wieder betont er : „Wir arbeiten mit der Natur, nicht gegen sie.“