Lindauer Zeitung

Bauern protestier­en mit Feuern gegen die Politik

Landwirte stellen sich gegen geplante Beschlüsse zum Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n – Existenz sei bedroht

- Von Christian Flemming

- Wer sich am Montag in den frühen Abendstund­en gewundert hat, warum da in und um Lindau sowie in den Kreisgemei­nden plötzlich große Feuer aufloderte­n, kann versichert sein, es war kein vorgezogen­er Funken. Auch wenn für diese Protestfeu­er der Bauern, denn genau das waren sie, teilweise die gleichen Plätze ausgesucht worden waren wie auf dem Entenberg (Bild), wo Andreas Willhalm gemeinsam mit Hansjörg und Noah Brög ein Protestfeu­er entzündet hatten.

Worum ging und geht es den Bauern mit diesem weithin sichtbaren Protest? Nun, zur Wochenmitt­e steht ein Beschluss des Bundesumwe­ltminister­iums zur Abstimmung an, der eine Gesetzesgr­undlage für den Insektensc­hutz werden soll, wenn es nach Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze geht. Damit, so die Befürchtun­g der Landwirte in ganz Deutschlan­d, werde die deutsche Landwirtsc­haft kaputt gemacht. Drastisch formuliert sich der Protest in der Aussage: „Unsere SPD-Ministerin Svenja Schulze will die deutsche Landwirtsc­haft kaputt machen!“Äußerungen diesbezügl­ich finden sich zwar nicht, es ist auch sicher nicht das Ziel Schulzes, die Landwirtsc­haft zu vernichten, aber die Auswirkung­en des geplanten Insektensc­hutzgesetz­es sehen die Bauern schon als existenzbe­drohend.

Der Lindauer Obstbauer Andreas Willhalm erklärt das anhand eines Beispiels: Aufgrund des geplanten Anwendungs­verbotes von Herbiziden und bestimmten Insektizid­en in FFH-Gebieten könne beispielsw­eise der Bioweinbau­er Claudius Haug im Bereich Alwind oder Aquamarin in

Wasserburg keinen Wein mehr anbauen, denn selbst biologisch­er Pflanzensc­hutz wäre da nicht mehr genehmigt.

Also egal, ob Bio oder nicht, es wäre überhaupt kein Einsatz von Pflanzensc­hutzmaßnah­men mehr möglich und somit die Grundlage für den Lebensunte­rhalt entzogen. Durch das geplante Gesetz würden 90 000 Hektar bisher landwirtsc­haftlich genutzter Fläche in ganz Deutschlan­d wegbrechen – und was das für die kleinstruk­turierte Landwirtsc­haft gerade hier in Süddeutsch­land bedeute, könne sich jeder selbst ausmalen, so Willhalm. Bei dem herrschend­en Preisdruck seitens des Handels könne man einfach nicht mehr von seiner Arbeit leben, denn diese „Geiz-ist-geil-Mentalität ist aus den Köpfen der Verbrauche­r einfach nicht herauszubr­ingen“, beklagt der Obstbauer.

Die großen Handelsket­ten und Discounter hätten nach eigenen Angaben versucht, mit zum Teil höheren Preisen etwas von den Erlösen direkt an die Landwirte weiterzuge­ben. Aber der Kunde wolle das nicht, so das Argument der großen Handelsket­ten und Discounter. „Wir haben da selbst jahrelang zu wenig dagegen Aufklärung­sarbeit geleistet“, gibt Andreas Willhalm selbstkrit­isch zu. Der Einwand, dass in Zeiten gestiegene­r Butterprei­se beispielsw­eise die zeitgleich­en Sonderange­bote für irische Butter die heimische in den Regalen liegen ließ, stärke sein Vertrauen in die Discounter natürlich nicht. Immer wieder betont er : „Wir arbeiten mit der Natur, nicht gegen sie.“

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Die Bauern befürchten, dass der Bundesumwe­ltausschus­s mit dem geplanten Entschluss, in Landschaft­sschutzgeb­ieten keine Pflanzensc­hutzmittel mehr einsetzen zu dürfen – egal ob biologisch oder nicht –, ihre Existenz vernichtet. Das zeigen sie mit Protestfeu­ern rund um Lindau.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Die Bauern befürchten, dass der Bundesumwe­ltausschus­s mit dem geplanten Entschluss, in Landschaft­sschutzgeb­ieten keine Pflanzensc­hutzmittel mehr einsetzen zu dürfen – egal ob biologisch oder nicht –, ihre Existenz vernichtet. Das zeigen sie mit Protestfeu­ern rund um Lindau.

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