Lindauer Zeitung

Bismarck war kein kriegslüst­ernes Monster

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Zum Leserbrief „Das Denkmal sollte man schleifen“; LZ vom 5. Februar:

Sollte man tatsächlic­h, nicht nur weil es potthässli­ch ist, sondern Personen oder Ereignisse verkörpert, zu denen man heute offensicht­lich keinen Bezug mehr hat. Das gleiche dürfte allerdings in 100 Jahren auch den Gedenkstät­ten bevorstehe­n, die wir heute mit viel Begeisteru­ng einrichten.

Die Politik Bismarcks kann man nur im zeitgeschi­chtlichen Zusammenha­ng verstehen. Mit der Arbeitersc­haft wurde seinerzeit in keinem Land der Welt besser umgegangen (wohl aber vielerorts schlechter).

Bismarck als „kriegslüst­ernes Monster“darzustell­en, geht an der Realität vorbei. Dieses Prädikat steht eher seinem außenpolit­ischen Gegenspiel­er Napoleon III. zu, der in der Tradition seines Onkels 1870 bereits drei Kriege außerhalb Frankreich­s

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absolviert hatte (Krim-Krieg, italienisc­her Einigungsk­rieg, gegen Österreich, wofür man sich mit der Abtretung von Savoyen und Nizza bezahlen ließ, sowie die fehlgeschl­agene Inszenieru­ng des „Kaiserreic­hs Mexiko“).

Die deutsche Einigung, die in Preußen wenige Sympathien hatte, wurde von Bismarck betrieben, um das Machtvakuu­m Süddeutsch­land gegen Frankreich abzuschirm­en. Letztlich folgte die Kriegserkl­ärung 1870 an Preußen durch Frankreich (!) wohl provoziert, aber ohne triftigen Grund, es sei denn zum Erwerb linksrhein­ischer Gebiete (Pfalz, Rheinhesse­n) für Frankreich.

Es ist historisch­e Tatsache, dass die anschließe­nde Annexion ElsassLoth­ringens gegen den Willen Bismarcks auf Betreiben des preußische­n Generalsta­bs erfolgte.

Klaus Unger,

Lindau

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