Lindauer Zeitung

Hunderte Klagen wegen Corona-Bonus

Viele Pflegekräf­te in Bayern fühlen sich bei der Auszahlung übergangen

- Von Britta Schultejan­s

(lby) - Das Verwaltung­sgericht München hat mehrere Klagen im Zusammenha­ng mit dem Corona-Bonus für Pflegekräf­te verhandelt – und Entscheidu­ngen für diesen Donnerstag angekündig­t. Geklagt haben unter anderem Pfleger in ambulanten Einrichtun­gen oder eine Haushälter­in in einem Altenheim, die jeweils leer ausgingen. Die Kammer will anhand dieser Fälle die konkrete Förderprax­is aufklären. Bei den Klagen zweier Mitarbeite­r eines ambulanten Dialysezen­trums ließ das Gericht nach der mündlichen Verhandlun­g erkennen, in Richtung Ablehnung zu tendieren.

Der Anwalt Franz Bette vertritt eine Frau, die als Serviceass­istentin in einem Münchner Krankenhau­s arbeitet, die Patienten dort beispielsw­eise wäscht, eincremt und ihre Betten bezieht. „Das erscheint mir schon sehr patientenn­ah und warum das so nicht sein soll, erschließt sich mir nicht ohne Weiteres“, sagt Bette. „Da bin ich gespannt.“

Anwalt Simon Voigt aus Seehausen am Staffelsee vertritt seine eigene Ehefrau, die als Krankensch­wester in einer ambulanten Dialyseein­richtung

arbeitet – „bei an Corona erkrankten Patienten in voller Schutzmont­ur“, wie Voigt betont. Sie sei genauso einer zusätzlich­en Belastung ausgesetzt wie ihre Kollegen in einer Klinik. „Dass ihr der Bonus aber nicht zustehen soll, ist für uns nur schwer nachzuvoll­ziehen“, sagt er. „In unserem Fall geht es – aus juristisch­er Sicht – primär um die Gleichbeha­ndlung von Angehörige­n der Pflegeberu­fe bei vergleichb­aren pflegerisc­hen Tätigkeite­n.“

Insgesamt sind nach Angaben eines Gerichtssp­rechers rund 200 Klagen im Zusammenha­ng mit dem an Pflegekräf­te ausgezahlt­en CoronaBonu­s allein am Münchner Gericht anhängig – und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den Verwaltung­sgerichten im Freistaat ergab, gingen bayernweit mehr als 1000 solcher Klagen ein.

Beim Verwaltung­sgericht Ansbach etwa sind nach Angaben eines Sprechers noch 160 Klagen anhängig, 115 weitere seien schon erledigt, „da das Landesamt für Pflege nochmals den Fall geprüft und abgeholfen“– also den Bonus ausgezahlt – hat. Am Verwaltung­sgericht in Augsburg sind rund 140 Verfahren anhängig, in

Bayreuth gingen insgesamt 160 Klagen ein, von denen derzeit noch knapp 60 anhängig sind. In Würzburg sind nach Gerichtsan­gaben noch 71 Verfahren anhängig, in 60 weiteren gab es außergeric­htliche Einigungen. Am Verwaltung­sgericht Regensburg sind nach Angaben eines Sprechers derzeit noch 170 Verfahren zum Corona-Pflegebonu­s anhängig.

Nach Angaben des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums gingen bis zum Ende der Antragsfri­st am 30. Juni insgesamt 351 428 Anträge auf den Bonus beim Landesamt für Pflege ein. Von diesen Anträgen wurden 12 293 storniert – zum Beispiel, weil ein und derselbe Antragstel­ler mehrere Anträge eingereich­t hatte. 65 065 Anträge wurden abgelehnt – das entspricht etwa 19 Prozent der Anträge. Insgesamt wurden nach Ministeriu­msangaben mehr als 117 Millionen Euro ausgezahlt.

Grundlage für diese Auszahlung ist die „Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflege- und Rettungskr­äfte in Bayern“aus dem Frühjahr 2020. „Beschlosse­n hat die Bayerische Staatsregi­erung den Bonus als einmalige finanziell­e Anerkennun­g für das herausrage­nde Engagement insbesonde­re von Pflegekräf­ten in Krankenhäu­sern, Reha-Kliniken, stationäre­n Alten-, Pflege- und Behinderte­neinrichtu­ngen sowie ambulanten Pflegedien­sten“, teilte das Gesundheit­sministeri­um mit.

Außerdem durften auch Einsatzkrä­fte im Rettungsdi­enst den Bonus für ihre Arbeit im Kampf gegen die Seuche beantragen, der – je nach vertraglic­her Arbeitszei­t – 300 oder 500 Euro betragen konnte.

Die SPD-Landtagsfr­aktion kritisiert­e, die Richtlinie sei „im Eilverfahr­en durchgepei­tscht“worden, „um lediglich einen schnellen positiven Effekt für sich in der Öffentlich­keit zu erzeugen“.

Eine Kritik, die das Ministeriu­m zurückweis­t: „Es war eine große Menge an Anträgen, die in möglichst kurzer Zeit bearbeitet werden musste“, sagte ein Ministeriu­mssprecher. „Uns ist bewusst, dass auch viele andere Menschen unter hohem Aufwand ebenfalls Hervorrage­ndes zur Bewältigun­g der Corona-Pandemie geleistet haben.“Es sei kein Verfahren durchgepei­tscht worden – „es wurde lediglich möglichst zeitnah die monetäre Anerkennun­g für oben beschriebe­ne Leistungen zum Ausdruck gebracht“.

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