Das geht unter die Haut
Gletschermannes „Ötzi“weist Tätowierungen auf, die vermutlich eher rituellen als dekorativen Zwecken dienten.
Während in Europa Tätowierungen über Jahrhunderte geächtet waren, spielten sie in anderen Kulturen eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Zusammenhang. Schiffmacher verdeutlicht dies am Beispiel der Maori, der eingeborenen Bevölkerung Neuseelands: „Bevor die Europäer kamen und das Tätowieren verboten, erzählten diese Symbole alles über eine Person – ihr Stammbaum, ihre Position innerhalb des Stammes, ihre ganze Geschichte wurde ihr unter die Haut gemeißelt.“
Sehr aufwendig und liebevoll widmet sich Schiffmacher auch der japanischen Tradition, große Bilder in teils leuchtenden Farben zu tätowieren, in denen durchaus auch Botschaften eingebaut waren. Hier kommen die großen Buchseiten und die hervorragende Druckqualität besonders zur Geltung.
Im europäischen Kulturkreis blieben öffentlich sichtbare Tätowierungen verpönt. Schiffmacher fasst das kurz und prägnant so zusammen: „Wer im 19. Jahrhundert tätowiert war, war höchstwahrscheinlich ein Seemann oder Verbrecher.“Aber auch hier kann Schiffmacher zahlreiche Motive vorzeigen, ganz besonders aus der amerikanischen Marine im Zweiten Weltkrieg.
Grundlage des Buches ist die wohl einzigartige private Sammlung von Henk Schiffmacher, der über Jahrzehnte Bilder, Werkzeuge und Vorlagensammlungen aus aller Welt zusammengetragen hat.
Die Bilder zeigen (links) eine handkolorierte Fotografie eines Boten aus der Edo-Zeit in Japan und rechts den amerikanischen Tattoo-Künstler Charlie Wagner (hinten) mit einer tätowierten Frau, die gerade einem Seemann ein Tattoo sticht. (Fotos: Schiffmacher Tattoo Heritage)
Henk Schiffmacher und Noel Daniel (Hg.): Tattoo. 1730s – 1970s. Henk Schiffmacher’s Private Collection. Taschen Verlag, Köln, 432 Seiten, 125 Euro.